Nachdem sich Regisseur Hark Tsui („A Chines Ghost Story I-III“, „A Better Tomorrow II-III“, „Once Upon A Time In China I-III“) in letzter Zeit nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat (siehe u. a. die US/Hongkong-Co-Produktion „Black Mask 2“), möchte er mit seinem neuesten Martial-Arts-Epos „Sieben Schwerter“ zurück zu den Wurzeln. Das fertige Resultat enttäuscht zwar nicht auf ganzer Linie, schöpft vorhandenes Potenzial aber leider nicht mal ansatzweise aus.
Aus Angst vor möglichen Revolten erlässt die chinesische Regierung Anfang des 17. Jahrhunderts ein Verbot für Martial-Arts. General Fire-Wind (Honglei Sun) erweist sich als besonders fleißiger Wächter dieser Verordnung und tötet alle, mitsamt ihren Familien, die weiterhin asiatische Kampfkünste lehren oder beherrschen. Sein ehemaliger Kollege, Offizier Fu Qing Ju (Chia-Liang Liu alias Lau Kar-leung), hat die Seiten gewechselt und widersetzt sich nunmehr ihm und seinen Truppen. Als er auf der Flucht vor Fire-Wind verletzt in ein Dorf gebracht wird, erkennt ihn einer der Bewohner als ehemaliger Foltermeister wieder. Die aufgebrachten Bewohner wollen Fu hängen lassen, doch Wu Yuan Yin (Charlie Yeung), deren Leben er gerettet hat, entführt ihn mithilfe ihres Freundes Han Zhi Ban (Yi Lu) aus dem Dorf, um den Kämpfer in Sicherheit zu bringen. Auf seinem Geheiß reisen sie zum Himmelsberg, wo vier weitere Kämpfer um Hilfe gebeten werden. Zu siebt kehren sie mit sieben individuellen Schwertern zurück, um den Kampf mit Fire-Wind und seinen Truppen aufzunehmen.
Hark Tsui bezeichnet „Sieben Schwerter“ als Psychotherapie für die moderne Zivilisation. Er stelle immer wieder fest, dass die Menschen sich heutzutage nach Romantik und Leidenschaft sehnen, als Gegengewicht zur Technologisierung unserer Welt. Dieses Verlangen wolle er mit seiner neuesten Martial-Arts-Produktion stillen. Es sind hochgestochene Ziele, die Hark Tsui da formuliert. Zumindest dem Wunsch nach Romantik und Leidenschaft kann „Sieben Schwerter“ – allerdings auch nur mit Abstrichen – Genüge tun. Als Psychotherapie oder ernstzunehmendes, filmisches Gegengewicht zur Technologisierung kann das auf chinesische Legenden und Mythen basierende Action-Epos aber keineswegs gelten. Der Film ist schlichtweg zu simpel gehalten und es fehlt ihm eben das Mystische. Nach so genannten „Metaebenen“, wonach Kritiker gerade in asiatischen Filmen sehr gerne forschen, muss erst gar nicht angefangen zu suchen werden; weder lässt das Werk verschiedene Lesarten oder Interpretationen zu, noch beeindruckt es nachhaltig. Dafür wird leidlich unterhaltsame, stilistisch und visuell ansprechende Martial-Arts-Kost geboten. Diese ist nicht ohne Längen, aber nicht so schlimm, wie nach ersten Pressestimmen hätte befürchtet werden können.
In „Sieben Schwerter“ geben sich diverse chinesische Stars aus Kino und Fernsehen die Ehre. Für das westliche Publikum am Bekanntesten dürfte wohl Donnie Yen (Hero, Blade 2) als geheimnisvoller, koreanischer Schwertmeister sein. Den Martial-Arts-Fans wird Chia-Liang Liu als heimlicher Anführer der Sieben Schwerter ein Begriff sein, auch bekannt unter dem Namen Lau Kar-leung. Auch sonst mag jeder Betrachter, der in seinem Leben schon mehr als eine Hongkong-Produktion gesehen hat, auf bekannte Gesichter in weitere Rollen stoßen. Diese Starbesetzung hat zur Folge, dass sich die schauspielerischen Leistungen allesamt sehen lassen können. Die Darsteller machen ihr Bestes aus den dürftigen Rollen. Trotz einer Laufzeit von rund zweieinhalb Stunden gewinnt nämlich keine der Figuren näher an Profil oder Tiefe. Sie bleiben Abziehbilder und in der Regel austauschbar. Wären da nicht die größtenteils markanten und fähigen Darsteller, der Betrachter würde nicht mal ansatzweise mitfiebern können. Dank des überschwänglichen, gelegentlich etwas befremdlich eingesetzten Pathos und eben den bekannten Gesichtern ist aber wenigstens ein bisschen an Identifikationspotenzial vorhanden.
Die Story ist denkbar linear und einfach. Trotzdem schafft es Hark Tsui, die Geschichte so verworren wie möglich zu erzählen. Manche Geschehnisse werden erst durch Flashbacks aufgelöst. Das kann als kluger Schachzug oder einfach nur als nervtötend angesehen werden. Einen Hauch von Anspruch oder erzählerischer Finesse vermittelt diese Idee jedenfalls nicht. Da sich die Aussagen und Weisheiten des Films auf Phrasendreschereien beschränken, bleibt der Film trotz seiner sprunghaften Erzählungsweise weitgehend unkompliziert. Gute und Böse Kerle dreschen aufeinander ein, hier und da verlieben sich ein paar ineinander und am Ende geht es um Freiheit … und ein kleines bisschen Rache. Nichts Neues also, auch nicht unter dieser Filmsonne.
Reizvoll macht den Film die Ästhetik. Weitläufige Panoramaaufnahmen und viel Staub vermitteln sogar ein bisschen was von Westernambiente. Die sieben Schwerter, sind das wohlmöglich die glorreichen Sieben oder aber die sieben Samurai? Ein Vergleich drängt sich auf. Schwerter werden stilvoll geschwungen und bohren sich durch Holz, Stein und Fleisch. Nach eigenem Dafürhalten wollte Hark Tsui wieder körperliche, harte Kämpfe, keine federleichte Seiltanzakrobatik à la Tiger und Dragon oder Hero. Hart sind die Duelle tatsächlich, Blut spritzt, wenngleich nicht so exzessiv wie möglich gewesen wäre, Köpfe rollen und auch sonst wird im Laufe der Kämpfe so ziemlich jedes Glied abgetrennt, was auffällig am Körper baumelt. Schnelle Schnitte und Kameraschwenks sorgen aber dafür, dass die Brutalität vom Publikum nie wirklich „am eigenen Leib“ erfahren wird. So ultrahart, wie angekündigt, ist „Sieben Schwerter“ dann doch nicht und das ist in Ordnung so.
Die lange Spielzeit ist ein großes Problem des Films. Da mangels tieferer Charakterisierung oder Story Optik und Action die Konzentration des Zuschauers aufrechterhalten müssen, lassen sich Längen nicht vermeiden. Ursprünglich war Hark Tsuis Werk mehr als vier Stunden lang. Vielleicht sind also mögliche Tiefgänge in punkto Charaktere und Geschichte der Schere zum Opfer gefallen, möglicherweise ist es aber auch gut, dass der Film nicht noch länger geworden ist. Den Vergleich mit Hero und Konsorten verliert „Sieben Schwerter“. Ein bisschen Seiltanzakrobatik gibt es dann doch auch in diesem Martial-Arts-Film und diese Kämpfe schauen jeweils nicht ganz so toll aus, wie es das westliche Publikum mittlerweile von einem Ang Lee oder Zhang Yimou gewohnt ist. Hark Tsui will sich aber lieber mit seinem eigenen, kampfchoreographischen Meisterwerk Once Upon A Time In China messen lassen. Auch dieses Kräftemessen verliert „Sieben Schwerter“ und das relativ deutlich.
Nichtsdestotrotz klingt das alles glücklicherweise schlimmer als es ist. Leider hat „Sieben Schwerter“ sehr vieles an Potenzial verschenkt und es wäre bei der Thematik mehr drin gewesen. Doch „Sieben Schwerter“ hat auch seine guten Seiten. Die Actionszenen können sich auf jeden Fall sehen lassen und die ästhetische Bildgewalt ist beachtlich. Kostüme und Ausstattung sind top und dem Waffenfetischisten wird beim Anblick so vieler schöner Schwerter das Wasser im Mund zusammenlaufen. Pferde, Schwerter, Staub und klirrende Rüstungen sorgen für die richtige Atmosphäre, dessen Dichte für Längen entschädigen kann. Bis an die Zähne bewaffnete, bepanzerte Soldaten stehen den einfach kostümierten, Robin-Hood-ähnlichen Sieben Schwertern gegenüber. Auch wenn sogar die innere Genrelogik ziemlich auf den Kopf gestellt wird, macht es Spaß, das Kräftemessen zwischen diesen virtuosen sieben Schwertkämpfern und plumpen Soldaten zu sehen. Da macht im Film schlussendlich wenig Sinn, aber das meiste doch Freude. „Sieben Schwerter“ mag kein vielschichtiges Asia-Epos sein, dafür aber ein solider, sehr schön gefilmter Genrestreifen. Es gibt wesentlich Schlimmeres.