Die „Dead or Alive"-Trilogie ist keine Filmreihe, die aufeinander aufbaut. Hier gibt es weder einen festen, noch einen konzeptionellen Rahmen. Es gibt keine Geschichte die fortgesetzt wird wie in „Star Wars", keinen wiederkehrenden Helden wie bei „Stirb Langsam" und keinen über die Filme hinweg erkennbaren roten Faden wie bei Krzysztof Kieślowskis „Drei Farben"-Trilogie. Wenig mehr verbindet die drei Filme als die immer wieder kehrenden Hauptdarsteller Sho Aikawa und Riki Takeuchi und natürlich Regisseur Takashi Miike. Von Film zu Film wurde weniger Wert auf Sinn, Verstand und geordnete Verhältnisse gelegt. War Teil 1 noch ein verhältnismäßig konventionell scheinender „Räuber und Gendarm"-Reißer, wagte sich die Fortsetzung – eine Mischung aus Yakuza-Schocker und nostalgisch-wehmütigem Drama – schon ein paar Schritte weiter in den Wahnsinn hinaus. Beim dritten Teil sind nun endgültig allen Regeln über Bord geschmissen: Doch bei diesem schrillen Martial-Arts/Science-Fiction/Action-Zirkus wurde auch der Zuschauer abgehängt, denn obwohl hier ständig die Post abgeht und eine durchgedrehte Idee die nächste jagt, lässt der dritte und letzte „Dead or Alive"-Teil mit dem schlichten Untertitel „Final" eher kalt.
Yokohama im Jahre 2346 – die Chinesen haben Japan zum Großteil unter ihre Kontrolle bekommen und führen vom Festland aus ein strenges Regiment. Auch mit dem Bürgermeister Woo (Renji Ishibashi) ist nicht gut Kirschenessen: Er plant einen Genozid durch drastischen Geburtenrückgang. Er verbietet heterosexuellen Sex, Ehe, Schwangerschaft und Liebe. Einzig schwulen Sex duldet er aus eigenem Interesse. Wer sich den Gesetzen nicht beugt und sich weigert die zur täglichen Einnahme verordneten Unfruchtbarkeitspillen zu nehmen, bekommt es mit seiner Leibgarde, unter anderem dem Androiden Captain Honda (Riki Takeuchi) zu tun. Nur eine kleine Rebellengruppe unter der Führung der jungen Jun (Josie Ho) wagt den Kampf und kann sich dabei auf die Unterstützung des Replikanten Ryo (Show Aikawa) verlassen. Je länger der Privatkrieg zwischen Honda, Ryo, den Rebellen und Diktator Woo andauert, desto mehr zweifelt jede Partei an ihren Werten und ihren Loyalitäten, bis sich am Ende mit Ryo und Honda ein weiteres Mal zwei Männer zu einem apokalyptischen Endkampf gegenüberstehen.
Es ist fraglos Takashi Miikes größte Qualität den Mut zu haben, auf jeden konventionellen Plot zu pfeifen und seinen spinnerten Ideen freien Lauf zu lassen. Bisweilen schießt er bei seinen durchgedrehten Extravaganzen jedoch über das Ziel hinaus. So auch bei „Dead or Alive: Final", der nur noch wie ein aufgeputschtes Tohuwabohu wirkt, das jede Bodenhaftung verloren hat. Waren schon die ersten beiden Teile in erster Linie Übungen in Sachen Genre-Dekonstruktion und Unterwanderung der Zuschauererwartung, treibt Miike den dort begonnenen Weg hier noch ein ganzes Stück weiter.
So sehr man den irren Plot auch dreht und wendet: Viel Sinn macht er von keiner Seite. Ein klassischer Erzählfilmer hätte sich bei der gar nicht mal uninteressanten Ausgangssituation gewiss auf Eckpfeiler wie den Androiden/Replikanten-Aspekt, den Konflikt Japan/China oder die Geburtenkontrolle konzentriert. Miike jedoch reicht all das nicht und inszeniert lieber bekloppte Schiessereien und schräge Martial-Arts-Konfrontationen.
Dabei gibt es immer noch mehr als genug verrückte Ideen zu entdecken und bestaunen. Schon der Beginn, wenn anstatt eines Intros Ausschnitte aus Stummfilm-Science-Fiction-Martial-Arts-Epen gezeigt werden, macht deutlich, dass es ungewöhnlich wird. Manchmal sind Szenen zu bestaunen, deren Ökonomie begeistern. Dann wieder filmt Miike eine Szene einfach in einer Einstellung ab und wirkt so, als wollte er diesen Moment einfach schnell hinter sich bringen, um wieder zu seinen spleenigen Marotten überzugehen.
Doch angesichts dieser zwar oft begeisternden, aber eben auch wirren Aneinanderreihung von Szenen, erreicht „DOA:Final" weder die brachiale Durchschlagskraft des Erstlings noch den emotionalen Sog des zweiten Teils. Stattdessen wirkt das von einem giftig-gelbgrünen Filter verhangene Treiben, als wäre ein italienischer Endzeit-Exploitationer à la Mattei mit einem japanischen Experimentalfilm von Tsukamoto gekreuzt worden. Trash und Arthouse gehen ein Stück des Weges gemeinsam, doch verlaufen sie sich schließlich gewaltig. Trotz etlicher Lichtblicken wirkt „Dead or Alive: Final" wie ein fahriges Stückwerk, das nicht weiß wohin mit sich. Und auch der Zuschauer ist hier mehr als nur ein bisschen überfordert und fragt sich, was Miike ihm hiermit wohl sagen wollte.
Fazit: Das Kino des Takashi Miike ist so wild, wütend, faszinierend und seltsam, dass man es nicht genug für seine Zwanglosigkeit und seinen Mut zum Wahnsinn loben kann. Doch auch beim japanischen Regie-Workaholic ist nicht alles Gold was glänzt und so ist der Abschluss der „Dead or Alive"-Trilogie ein allzu verschobenes Stück Wahnsinn, dass sein Publikum kalt lässt.