Von der „Death Wish"-Reihe sprechen heißt auch von den Cannon-Studios sprechen – jener Filmschmiede, die von den israelischen Unternehmern Menahem Golan und Yoram Globus ins Leben gerufen wurden und die mit ihren zahlreichen Produktionen aller Coleur die 80er geprägt haben. So stand Cannon einerseits für einige der mutigsten Filme des Jahrzehnts, an denen sich sonst kein Studio die Finger verbrennen wollte: Das ruppige Abenteuermeisterwerk „Express in die Hölle", Godrey Reggios „Powaqqatsi", Robert Altmans „Fool for Love", „Ein Schrei in der Dunkelheit" mit Meryl Streep oder „Highlander". Andererseits standen sie ebenso für die Untiefen des teilweise arg rechtslastigen 80er-Actionkinos, von Chuck Norris („Delta Force") über David Bradley („American Samurai") bis Michael Dudikoff („American Fighter"). Mit billig produzierten Reissern überschwemmten sie Bahnhofskinos und Videoregale, um so die Kohle für ihre Prestigeprojekte einzufahren. Einer ihrer profitabelsten Anschaffer war auch das alte Rauhbein Charles Bronson, etwa in den Fortsetzungen der „Death Wish"-Reihe, die allesamt zum schundigsten und brutalsten Actiontrash des Jahrzehnts gehörten. Das gilt auch für „Death Wish 4", den letzten von Cannon produzierten Serienteil – ein Pflichtprogramm für Bronson-Fans mit einem thematisch erstaunlich konsequenten Finale.
So langsam scheint Ruhe einzukehren im Leben des Architekten Paul Kersey (Charles Bronson). Zwar wacht er jede Nacht schweißgebadet aus Träumen auf, in denen er Vergewaltiger über den Haufen schießt. Seine echte Knarre musste er aber schon seit geraumer Zeit nicht mehr sprechen lassen, stattdessen hat er sich mit seiner neuen Frau Karen (Kay Lenz) und ihrer Tochter Erica (Dana Baron) gemütlich gemacht. Als seine Stieftochter jedoch an einer Überdosis verendet, zieht Paul los und bringt noch in der selben Nacht ihren Dealer um die Ecke. Während ihm die Polizei auf den Fersen ist, wird auch der reiche Verleger Nathan White (John P. Ryan) auf ihn aufmerksam. Dieser hat vor Jahren seine eigene Tochter an Drogen verloren und schlägt Paul einen Deal vor: Nathan beschafft Waffen und Information, mit denen Paul dann zwei lokale Drogenorganisationen zerschlagen soll. Und so killt sich der alte Rächer quer durch die Unterwelt, bis sich die Leichenberge nur so auftürmen – und sein Auftraggeber plötzlich eine ganz neue, düstere Seite offenbart...
Anders als bei heutigen Franchise-Fortführungen wurde bei den „Death Wish"-Sequels immerhin mit verschiedenen Themen gespielt. Die einzige Konstante: Bronson als gnadenloser Rächer. Der vierte Teil, bei dem nun statt Michael Winner mit J. Lee Thompson ein anderes Studio-Schlachtross („Die Kanonen von Navarone", „Ein Köder für die Bestie") aus der guten alten Zeit auf dem Regiestuhl Platz nahm, macht da keine Ausnahme. Nummer vier steht im Zeichen der damals sehr publikumswirksamen Welle an Genre-Filmen, die die besonders suchterzeugende Droge Crack zum Thema hatten. Statt den Punks von der Straße stellt sich Paul nun also den Drogenkartellen entgegen. Zwar beginnt alles wieder damit, dass ein Bronson-Vertrauter – hier seine Stieftochter – sterben muss. Und natürlich zieht Charlie B. noch in der selben Nacht los, um den Verantwortlichen über den Jordan zu schicken. Danach allerdings ändert sich die Stoßrichtung abrupt und der Selbstjustizexperte wird zum Auftragsmörder.
Als brutaler Crime-Thriller funktioniert „Death Wish 4" durchaus, auch wenn er – abgesehen vom überzeugenden Finale – unter inszenatorischen Gesichtspunkten längst zum staubigen Relikt verkommen ist. Nie hält der Streifen mit den Action-Feuerwerken Schritt, die zu jener Zeit von Richard Donner („Lethal Weapon"), James Cameron („Terminator"), Walter Hill („Nur 48 Stunden") oder John Mctiernan („Predator") abgefeuert wurden. Zweckdienlich doch ohne Feuer unterm Hintern schlafwandelt Regisseur Thompson durch unspektakuläre Actionsezenen, die meist in einem gelangweilten Schuss-Gegenschuss-Stil gefilmt sind und in der Regel daraus bestehen, dass ein betagter Schmuddelheld mit schallgedämpften Ballermännern um sich schießt. Kleine Variationen wie Bronsons Kampf mit einem massiven Vollstrecker, der damit endet, dass der Bösewicht aus dem Fenster geworfen wird, müssen da schon als willkommene Abwechslung gelten – dynamisch gefilmt sind aber auch solche Momente nie.
Die Qualitäten, die „Death Wish 4" innerhalb der Serie interessant machen, sind dann auch eher spekulativ auf der Subtext-Ebene zu suchen. So sticht insbesondere das düstere Intro hervor, in dem eine junge Frau in einer Tiefgarage von drei Übeltätern überfallen und fast vergewaltigt wird. Tatsächlich ist dies die einzige Szene des Films, in der das unrühmliche Serien-Markenzeichen „Gruppenvergewaltigung" aus der Sleaze-Kiste gezerrt wird. Bevor es jedoch zum Vollzug kommt, erscheint Paul und mäht die Triebtäter nieder. Nachdem er die Truppe ausgerottet hat, stellt er fest, dass er selbst tot vor seinem Lauf liegt – und erwacht aus dem Albtraum. Das mag nicht sonderlich subtil sein, deutet jedoch an, dass auch der große Rächer in den Vorgängern seelische Wunden davongetragen hat. Wenn er später merkt, dass seine Mordlust instrumentalisiert wird und sein Auftraggeber selbst Dreck am Stecken hat, ist klar, dass auch ach so heroische B-Movie-Rachsucht wenig mehr als leicht manipulierbare Triebtäterei ist.
Die Welt ist auch nach Pauls Tagewerk keine bessere, bloß weniger dicht besiedelt: Gnadenlos, schnörkellos und ohne Blick zurück werden Lebenslichter ausgeblasen. Dabei versteckt sich „Death Wish 4" hinter keiner Ironie und keinem Augenzwinkern. Hier regiert der nackte Hass – und sonst über weite Strecken wenig anderes. Erst zum Ende hin, wenn die Karten auf dem Tisch liegen, entwickelt „Death Wish 4" spürbar Biss. Zumindest der Showdown, in dem konsequent Tabula Rasa unter „guten" und „bösen" Buben gemacht wird, überzeugt als solide Actioneinlage. Sieben Jahre später wollte man das Blutbad mit „Death Wish 5" nochmal toppen. Dabei hatte die Reihe hier bereits ihren überfälligen Schlusspunkt gefunden – auch ganz unabhängig von der auslaufenden 80er-Ästhetik zwischen Schulterpolstern, Dauerwellen und 80er-Saxophon, die immerhin einen urigen Retro-Charme versprüht.
Ein thematisch brauchbarer Abschluss ist hier tatsächlich gegeben, wenn der Protagonist am düsteren Endpunkt seiner Entwicklung ankommt: Nachdem er seinen letzten Widersacher mit einem Granatwerfer in seine Einzelteile zerlegt hat, steht er in einer menschenleeren Betonhölle, umgeben von Leichen, ausgenutzt und völlig allein mit der Gewalt, die er über seine Widersacher hat niederregnen lassen. Für diesen menschgewordenen Rachegott gibt es kein Heim, in das er zurückkehren kann. Für ihn steht keine Erlösung in Aussicht, ganz einfach weil er das Böse in der Welt immer wieder anzuziehen scheint und es keinen Ausweg aus dem endlosen Kreislauf aus Rache, Gewalt und Gegengewalt geben kann. Ein gewohnt schmieriger „Death Wish"-Film – wohl aber einer, mit dem über den Tellerrand des Cannon-Trashs hinausgeblickt wurde.
Fazit: Wer allergisch auf politisch fragwürdige Selbstjustiz-Phantasien reagiert, sollte seine Nerven schonen und einen großen Bogen um „Death Wish 4" machen. Wer es dagegen gerne ruppig und dreckig hat, wird hier mit einem fiesen Action-Quickie der etwas hüftsteifen, zum Ende hin jedoch mit ungeahnter Konsequenz auftrumpfenden Art bedient.