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    Sympathy For Mr. Vengeance
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Sympathy For Mr. Vengeance
    Von René Malgo

    Der taubstumme Ryu (Ha-kyun Shin) möchte seiner todkranken Schwester eine Nierentransplantation ermöglichen, um ihr Weiterleben zu sichern. Er gelangt an zwielichtige Organhändler, die sich für eine hohe Summe bereit erklären, ihm die Niere operativ zu entfern, damit er sie für seine Schwester spenden kann. Doch nach der Operation sind die Händler mit seiner Niere und seinem Geld spurlos verschwunden. Inzwischen steht ein Organ im Krankenhaus zur Verfügung, doch Ryu kann es nicht mehr bezahlen. Aus Verzweiflung beschließen er und seine Freundin Cha Yeong-mi (Du-na Bae), die Tochter von Park Dong-jin (Kang-ho Song) zu entführen, um das benötigte Geld zu erpressen. Bis zur Geldübergabe geht alles gut, doch dann stirbt das Mädchen durch einen Unfall. Park Dong-jin schwört blutige Rache. Während er Ryu sucht, ist dieser wiederum den Organhändlern auf der Spur, ebenfalls um sich zu rächen…

    Nach dem überwältigenden Erfolg seines Erstlingswerkes „Joint Security Area“ bei Publikum und Kritikern standen Regisseur Chan-wook Park in Südkorea alle Türen offen. Er erhielt buchstäblich Narrenfreiheit, was ihn dazu veranlasste, ein angefangenes Projekt aus dem Giftschränkchen zu holen: „Sympathy For Mr. Vengeance“. Schon lange geisterte das Drehbuch in Südkoreas Filmstudios herum, doch keiner hatte es bislang gewagt, die düstere Racheballade zu verfilmen. Chan-wook Park erhielt grünes Licht und lancierte den Auftakt seiner Rachetrilogie, bestehend aus „Sympathy For Mr. Vengeance“, „Oldboy“ und „Sympathy For Lady Vengeance“.

    Der große internationale Erfolg von „Oldboy“ veranlasste den deutschen Verleih dazu, den hierzulande bis dahin unbekannten und lediglich auf Filmfestivals laufenden Vorgänger „Sympathy For Mr. Vengeance“ 2005 auch auf DVD herauszubringen. Grob thematisch hängen die beiden Filme zusammen, stilistisch unterscheiden sie sich aber. Bei „Oldboy“ handelt es sich nicht um ein Sequel im üblichen Sinne, sondern um eine andere Perspektive zum Thema Rache und Einsamkeit.

    Die Einsamkeit ist eines der Hauptthemen von „Sympathy For Mr. Vengeance“. Darum dreht sich schlussendlich alles, über die Isolation der Figuren, die sich vor allem im taubstummen Ryu manifestiert. Ha-kyun Shin bietet als Ryu denn auch die beste Leistung und visualisiert fühlbar die Verlorenheit seines zum Sprechen und Hören unfähigen Charakters. Doch auch sein Gegenüber Kang-ho Song als Park Dong-jin steht ihm darstellerisch in nichts nach und agiert überzeugend. Glaubhaft stellt er die grenzenlose Trauer um den Tod seiner Tochter, die dadurch in seinem Leben entstandene Leere und den Willen alles aufzugeben, nur um sie blutig zu rächen dar. Die beiden Schauspieler standen sich schon einmal gegenüber: Als heimliche Freunde an den verschiedenen Fronten der Süd/Nord-koreanischen Grenze in „Joint Security Area“.

    Der Rachefeldzug sowohl von Ryu als auch Park Dong-jin dürfte kaum die niederen Instinkte oder voyeuristischen Bedürfnisse des Publikums befriedigen, trotz sehr blutiger Szenen. Dieses Rachedrama bezieht keine Stellung, sondern widmet allen Figuren gleich viel Aufmerksamkeit. Es gibt kein Gut und Böse, die Opfer sind gleichermaßen Täter wie die Täter Opfer sein können. Opfer der Umstände, Opfer ihrer eigenen Grundsätze und Entscheidungen. Das macht „Sympathy For Mr. Vengeance“ beispielhafter als die meisten moralisierenden und Stellung beziehenden Werke, die es sich zum Auftrag gemacht haben, den filmischen Zeigefinger zu heben. Der Betrachter wird gezwungen, sich mit der gezeigten Gewalt und den Schicksalen aller Protagonisten auseinander zu setzen und darüber nachzudenken. „Sympathy For Mr. Vengeance“ kaut dem Zuschauer keine Lösung, keine verbindliche Sicht der Dinge oder ethisch vertretbare Erklärung für zumindest eine Partei im filmischen Konflikt vor.

    Die ganze Geschichte hätte straffer erzählt werden können. Einige Szenen erscheinen überflüssig, bei vielen erschließt sich der Sinn erst am Ende. Wenig wird erklärt und die Logik erhält nicht immer Berücksichtung. Gerade gegen Ende muss der Betrachter viele Zufälle in Kauf nehmen und einige Ungereimtheiten tolerieren. Unpathetisch und auf große Gesten verzichtend, wirkt „Sympathy For Mr. Vengeance“ auf Grund einer distanzierten Inszenierung ebenso nüchtern wie abgestumpft. Daher ist es nicht einfach, Zugang zum Film zu finden. Die drastische in kalten Bildern gebannte Bildersprache tut ihr übriges dazu.

    Chan-wook Park mutet sein Publikum viel zu, auch in Punkto selbstständiges Denken und Analysieren. Langsam und zurückhaltend wird die ereignisreiche, schicksalhafte Geschichte fataler Entscheidungen erzählt. Die Sehgewohnheiten werden herausgefordert, das Verständnis von einem üblichen Drama oder Thriller auf den Kopf gestellt. Die musikalische Umrahmung fällt fast gänzlich weg und beschränkt sich auf verstörende, wenig melodiöse Laute. Diese Punkt fördern die tief finstere, existenzialistische Atmosphäre, schrecken einen Feel-Good-Movie-verwöhnten Zuschauer aber schwer ab. Daher kann dieses Werk fernab des Mainstreams nicht jedermann uneingeschränkt empfohlen werden.

    Leichte Kost ist „Sympathy For Mr. Vengeance“ somit keineswegs. Er taugt nicht als spannender Film zwischendurch oder Ablenkung vom Alltagsstress. Dieses Drama ist zutiefst deprimierend, hinterlässt keinen Hoffnungsschimmer und wühlt am Ende schon deshalb mehr als ein tränendrüsendrückendes Melodram auf. Wer Anspruch sucht, wird fündig, wer unterhalten werden will, sollte sich anderweitig umschauen. Trotzdem, „Sympathy For Mr. Vengeance“ ist ein sehenswertes, atmosphärisches Werk, konsequent und bemerkenswert. Wer einen der sinnigsten Beiträge zum im Kino schon zur Genüge ausgereizten Thema Rache sehen will, der sollte sich diesen Film nicht entgehen lassen.

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