Das sich der vierte Indiana Jones Film extrem schwer tun würde an die extrem hohe Klasse der drei Vorgängerfilme anzuknüpfen war von vornerein klar. Und nachdem bereits George Lucas sich mit seiner neuen Star Wars Trilogie nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatte und diese nicht im entferntesten an die Magie der drei alten großartigen und herausragenden Werke rankamen, waren die Sorgen und Bedenken um die Qualität eines vierten Indy-Ablegers schon ziemlich hoch. Dies wurde durch den Misserfolg von Firewall noch zusätzlich verstärkt da nun die Frage in der Luft lag ob Ford wirklich noch in der Verfassung war einen weiteren Action geladenen Indiana Jones Film zu machen.
Jeder muss sich selbst Fragen, was er von Indiana Jones 4 erwartet, wenn der Zuschauer einen weiteren sagenhaften Meilenstein des Adventure-Genres zu sehen hofft wird er definitiv enttäuscht werden, wenn er jedoch nach fast 20 Jahren nur darauf aus ist einen alten Bekannten zu treffen und mit diesem noch mal so richtig auf den Putz zu hauen will, der wird an Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels seine Freude haben.
Erfreulich ist vor allem, das Spielberg im Gegensatz zu seinem Partner Lucas nicht dem digitalen CGI schnickschnack verfallen ist, und großen Wert darauf gelegt hat den vierten Film in der Tradition der ersten drei zu drehen: Viel Life-Action, viele echte Stunts und Effekte nur dort wo sie wirklich sein müssen. Das fällt dem Film wirklich sehr zu Gute, er wirkt wirklich handmade und oldschoolmäßig, so wie man es sich wünscht. Um einige Digitale Tricks ist man leider nicht drum herum gekommen und das Schlimme ist nur, dass man mitbekommt, wann im Film denn nun am Computer gepfuscht wurde, so ist zum Beispiel bei der stimmigen Jeep Verfolgungsjagd, Shia LaBeoufs übertriebener Spagat-Eier-Gag und die anschließende Tarzan-Hommage wirklich fehl am Platze, da kann man nur Froh sein, dass uns ein klassischer Tarzan-Schrei, wie bei James Bond 007 - Octopussy, erspart geblieben ist. Aber ansonsten merkt man deutlich, dass wirklich viel ungekünstelt und echt wirkt.
Der größte Minus des Films ist das Drehbuch und die Handlung. Eigentlich dachte man sich, dass der müde alte Harrison Ford den Film und die gut geschlifene Story ins lächerliche ziehen wird, kurioserweise ist es genau anderstrum, während Harry noch wirklich zu 100 % in seiner Rolle überzeugen kann, ist es die seichte und vorhersehbare Handlung die dem Film schadet. Eigentlich müsste man annhemen, dass nach Die unheimliche Begegnung der dritten Art, E.T., Twilight Zone, A.I. Künstliche Intelligenz, Taken und Krieg der Welten sich Steven Spielberg mit seinem Lieblingsthema Außeriridische und Ufos schon so langsam ausgetobt haben müsste. Aber tatsächlich musste selbst Indiana Jones noch einmal mit Ufos zu tun haben, was eigentlich wirklich keine schlechte Idee ist, denn es ist mal was neues und anderes. Dr. Jones sucht seit jeher nach paranormalen Gegenständen und Artefakten und warum sollte er dann nicht auch auf Außerirdische stoßen, die Idee ist meinen Augen durchaus originell aber leider ist sie in der Umsetzung arg gescheitert, der Kristallschädel ist durchaus ehrfurchgebietend, die Idee mit seinen magnetischen Eigenschaften gut ausgedacht aber an die Qualität der sagenhaften "Reliquien", welche Jones in der Vergangenheit gesucht hat, kann der Kristallschädel nicht mithalten...höchstens vielleicht an die Sankara Steine aus dem zweiten Teil.
Anfangs wirkt die Ufo-Thematik noch spannend und aufregend doch leider wird am Ende wird dieser gute und interessante Ansatz ins lächerliche und klischeehafte gezogen, schade aber in Sachen wie die Dritte Dimension und Außeridische war mehr drin als das was uns hier gezeigt wurde, das Ende hat nebenbei bemerkt auch Parallelen zum Finale des Videospiels "Indiana Jones und der Turm von Babel", dass ist zwar nett aber unnötig (und sehr wahrscheinlich auch nicht wirklich beabsichtigt).
Das zweite große Problem sind die Nebendarsteller, von denen wir meist viel zu wenig erfahren und die viel zu stark vernachlässigt wurden. Die Figur, welche am meisten, bei Seite geschoben wurde und die gleichzeitig die interessanteste war, war Professor Oxley, von dieser Schlüsselfigur erfahren wir vieeeeeeeeeeeeel zu wenig, der geniale John Hurt wird auf peinlichste Art und Weise von Spielberg unterfordert. Ähnlich verhällt es sich mit McHale welcher von Ray Winstone verkörpert wird, diese Figur wirkt arg außtauschbar, oberflächlich und stereotypisch. Die gute Karen Allen hingegen ist ein Segen, ihr Auftritt tut so richtig gut und ihre Anwesenheit in diesem Film ist eine wahre Freude, die erste Begegnung nach so vielen Jahren mit Indy ist eine der stärksten Szenen des Films, zwar wird auch dieser Charakter etwas vernachlässigt und man hätte gerne mehr von ihr gesehen aber so schlimm wie bei so manch anderer Figur ist es bei weitem nicht. Das Zusammenspiel zwischen Ford und Allen funktioniert immer noch bestens, ist einfach herrlich charmant und atmet mit dem Geist großer vergangen Spielbergischen und Lucasischen Werke.
Oscarpreisträgerin Cate Blanchett kann in ihrer Rolle als russische Agentin Irina Spalko den Zuschauer nicht wirklich überzeugen, Schuld daran trägt erneut das äußerst schwache Drehbuch, (da fragt man sich ernsthaft ob die vielen anderen wirklich so schlecht waren wie Spielberg und Lucas sagten) man versteht letztendlich nicht ganz was diese Schurkin eigentlich erreichen will, ihre Motivationen bleiben größtenteils im Verborgenen, dabei hatte der Charakter so ein großes Potential gehabt, von der telepatischen Fähigkeit der Figur (zweifellos ein Tribut an Sophia Hapgood, einem Charakter welcher in zwei Indy-Videospielen auftauchte) hätte man auch gerne mehr gesehen oder erfahren, Schade aber Miss Blanchett wird durch das schlampige Drehbuch deutlich eingeengt und kann es weder mit dem schmierigen, französischem Archäologen Rene Beloq (Paul Freeman) noch mit dem herrlich diabolischen Mola Ram (Amrish Puri) aufnehmen, in ihrer Reichweite liegt höchstens Walter Donovan (Julian Glover) aus dem letzten Kreuzzug.
Enttäuscht war ich auch durch den Score von John Williams. Jeder Indiana Jones Film hatte zahlreiche bisweilen unsterbliche Musik-Momente gehabt, im ersten Teil wäre einer z.b. am Ende, als die Bundeslade in den Lagerraum getragen wurde, im zweiten Teil gab es einen wunderbaren Trekscore und den bedrolichen Männerchor und im dritten Teil natürlich das ehrfürchtige Ritter-Motiv , in Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels fehlt so etwas komplett, hier war ich von Williams, der sich so darauf gefreut hat noch mal die Musik für einen Indiana Jones Film zu schreiben doch sehr schwer enttäuscht. Glücklicherweise werden andere, alte Musikstücke nochmal "erneuert", aber dass der vierte Teil über kein eigenes nennenswertes Musikstück verfügt ist schon ziemlich traurig.
Aber nun wurde genug gemekert kommen wir lieber zum größten Pluspunkt des Films und das ist: Harrison Ford. Ford war Dr. Jones und wird es auch immer bleiben. Er spielt den Mann mit Peitsche und Hund wie gewohnt lässig und gleichzeitig tiefgründig. Ford ist in Topform und verkörpert die Rolle seines Lebens so als wäre die letzte Klappe für Indiana Jones und der letzte Kreuzzug gerade mal ein paar Tage her.
Der Charakter bekommt im vierten Teil noch eine zusätzliche Prise Erfahrung und Weisheit und man merkt deutlich (was sehr erfreulich ist), dass er viele Eigenschaften von seinem Vater geerbt hat und diese im, nun gehobenen Alter erkennbar sind, außerdem wurde in keinem der drei vorigen Filme, Henry Juniors Schlangenphobie so humorvoll gezeigt wie in diesem. Auch Shia LaBeouf ist nicht der, wie von so vielen, befürchtete, nervige MöchtegernMachoHeldWannabe ganz im Gegenteil, er verkörpert die Figur des Mutt Williams absolut überzeugend und wirkt an keiner Stelle des Films nervig oder störend (und wenn, dann ist es die oben bereits beschrieben Jeep-Spagat- und Lianennummer), aber leider wird auch diese Figur etwas vernachlässigt. Aber das Team Mutt und Jones funktioniert und eine Chemie zwischen den Schauspielern ist GOTTSEIDANK vorhanden!
Auch die Action funktioniert in Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels gut. Man merkt deutlich, dass man hier wieder mit vielen echten Stunts zu tun hatte. Der Film wirkt wirklich sehr authentisch. Schon als das alte Paramount Logo ganz am Anfang erschien und sich in guter, alter Tradition in einen "Berg" verwandelt hatte, wurde mir so richtig warm ums Herz. Die Kameraführung von Janusz Kaminiski ist wie immer mehr als überzeugend. Gut gelungen sind wirklich alle Action-Sequenzen des Films, auch die Jeep-Verfolgungsjagd hat mir sehr gut gefallen (bis auf die dämlichen CGI Effekte die hin und wieder mal auftauchten). Realistisch ist die Action in diesem Film zwar nichts, aber wer im Kino heutzutage noch nach Realismus sucht, scheint etwas grundsätzliches nicht verstanden zu haben. Jeder der Indiana Jones Filme überschritt die Grenzen der Realität was absolut nichts schlimmes ist, ich gehe u.a. deswegen ins Kino weil ich hin und wieder durchaus etwas unrealistisches und überzogenes sehen will, was im wirklichen Leben nicht möglich ist, ich finde das macht einen großen Teil der Magie es Kinos aus, es stört nur wenn sich der "Un-Realismus" nicht in überschaubaren und akzeptablen Grenzen aufhält, so ist zum Beispiel der Gag mit dem Atomgelände ein herrlicher Einfall mit man anfangs auch wirklich überhaupt nicht gerechnet hat und die Sache mit Kühlschrank der nach der Explosion meilenweit weg geschleudert wird und beim Aufprall nicht in Stücke (zusammen mit Dr.Jones) gerissen wird ist hat Witz und viel Charme und ist durch und durch akzeptabel, die Sequenz aus Indiana Jones und der Tempel des Todes, in der die drei Helden aus dem Flugzeug in über hundert Meter Tiefe stürzten und sich mit einem Schlauchboot retteten ist auch nicht unbedingt realistisch.
Kurzgesagt die Action ist stimmig, hat Atmosphäre, und wird selten überzogen, ein komplett außer Kontrolle gerattenes mit CGI-Stimulansen vollgepumtes Digital-Schrott Feuerwerk wie z.b. Stirb Langsam 4.0 ist Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels zum Glück nicht geworden, in den meisten Action-Sequenzen kann man den Charme und den Geist der anderen drei Teile noch durchaus spüren und das ist das wichtigste.
Das vierte Indiana Jones Abenteuer hat Witz, Pepp, Action und SOGAR, und das ist es worüber wir uns am meisten freuen dürfen und was wir in der Star Wars Prequel Trilogie arg vermisst haben: Eine Seele, Charme und Atmosphäre. Auch das gewählte Familienthema (Indy, Marion und Mutt) funktioniert gut auch wenn man es (wie so vieles in diesem Film) etwas ausführlicher und tiefgründiger hätte. Trotzdem gab es im vierten Indy-Abenteuer einige magische Momente.
Fazit: Als großer Indy-Fan wollte nur eines als ich ins Kino gegangen bin: Einen alten Freund wieder zu treffen und zusammen mit ihm ein weiteres Abenteuer erleben und das habe ich auch getan. Das der Film nicht so gut werden würde wie die alten (obgleich es mir bis zur Hälfte so schien) drei Teile war mir klar ABER Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels ist auch wenn er nicht perfekt ist, ein würdiger Teil der Indy-Reihe und braucht sich auf keinen Fall vor seinen Vorgängern zu verstecken. Wenn das Drehbuch genau so fit wäre wie Ford, wäre der Film ein gigantisches Werk geworden, aber trotz seiner Schwächen wird das vierte Indiana Jones Abenteuer den Zuschauer gut unterhalten. Man muss auch auf jedenfall darauf aufmerksam machen, dass die meisten Indiana Jones Fans, Indiana Jones Fans wurden als sie (im meisten Fall der Fälle) sich noch in einem kindlichen Alter befanden und damals die ersten Filme sahen, und wenn man den vierten Teil ebenfalls mit den Augen des Kindes betrachtet, welches man mal war und welches nach dem Kinobesuch sich am liebsten Peitsche und Hut geschnappt hätte und das Indy-Thema pfeifen würde, dann macht Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels wirklich viel Spaß.
PS: Und wenn Spielberg und Lucas aus ihren Fehlern lernen würden, hätte ich absolut nichts gegen ein fünftes Abenteuer, mit dem wohl besten und beliebtesten Archäologen aller Zeiten, dieses sollte dann jedoch definitv das letzte sein.