Seine Jagd nach verlorenen Schätzen ist legendär, sein schier unverschämtes Glück, das ihm stets zur Seite steht, auch. Henry Jones jr. ist der wohl berühmteste Archäologe der Filmwelt und zugleich der begnadetste und furchtloseste Abenteurer seiner Zeit, ein komplexer Charakter eben, mit Ecken und Kanten, der gerne in ausweglose Situationen gerät, sich aber immer zu helfen weiß. Indiana Jones, oder auch Indy, wie er sich selbst nennt und genannt wird, dessen Markenzeichen der unverkennbare Fedora-Filzhut und die Peitsche ist, gilt als Meisterkreation zweier Filmemacher, die sich gesucht und gefunden haben, und die darüber hinaus zu den erfolgreichsten Mainstream-Regisseuren aller Zeiten gehören: Während sich George Lucas, Schöpfer des Star Wars-Imperiums, als Ideengeber, Produzent und âœVaterâ von Indiana Jones verantwortlich zeichnet, ist es Altmeister Steven Spielberg, der die Abenteuerfilme virtuos in Szene setzt. Mit Raiders of the Lost Ark von 1981, also dem ersten Teil der jetzigen Tetralogie, schrieben Lucas und Spielberg Filmgeschichte, lösten sie doch einen wahren Indy-Kult aus, der bis heute anhält. Anders kann der mediale Hype um den aktuellen vierten Teil des Franchise nicht erklärt oder gedeutet werden. Denn seit nun mehr 19 Jahren, seit Indiana Jones and the Last Crusade von 1989 also, warten Fans der Serie auf einen würdigen Nachfolger. Was als Wunschdenken nicht weniger Anhänger begann, endet 2008 mit dem abgedrehten und in Cannes uraufgeführten vierten und voraussichtlich nicht letzten Sequel. Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull heißt er, der am meist erwartete Film des Kinojahres, über dessen diskutable Existenzfrage sich streiten lässt, schließlich sind seit dem letzten Abenteuer 19 Jahre vergangen. 19 Jahre, die nicht nur Indy-Darsteller Harrison Ford älter machen, sondern die auch neue technische Möglichkeiten verheißen. Und obgleich Spielberg auf Altbewährtes setzt, sogar auf 35mm Filmmaterial dreht und fast gänzlich auf CGI-Effekte verzichtet, fängt der neue Indy-Film nur schwer den Charme seiner Vorgänger auf, diese leichte Unbeschwertheit fehlt Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull, obwohl sich wenig am Konzept des Franchise geändert hat.
Indiana Jones (Harrison Ford) ist älter geworden, ja, zwanzig Jahre stemmt er mehr, dieser gewitzte Professor, und trotzdem ist er immer noch der draufgängerische Archäologe von früher, ein altkluger, amerikanischer Abenteurer eben, der sich herumprügelt, die großen Rätsel der Welt im Handumdrehen löst und sich keiner Gefahr zu schade ist. Dieses Mal muss sich Indy aber nicht gegen die Nazis beweisen, schließlich schreiben wir das Jahr 1957, der Zweite Weltkrieg ist bereits Geschichte, der Kalte Krieg dagegen im vollen Gange. Und so kommt es, dass Indy und sein Freund Mac (Ray Winstone) von russischen Agenten entführt werden, um genauer zu sein von der unerschrockenen Irina Spalko (Cate Blanchett), die von Jones verlangt, in einer Lagerhalle eine geheimnisvolle Kiste ausfindig zu machen. Indy wäre nicht Indy, und so ist die Holzkiste schnell identifiziert, dessen Magnettruhe einen Außerirdischen zu Tage fördert. Während die Russen den sensationellen Fund inspizieren, versucht Jones einen schnell scheiternden Fluchtversuch. Denn sein vermeintlicher Freund Mac stellt sich als Verräter heraus. Mit einer geistesgegenwärtigen Reaktion und einem geübten Peitschenschwinger macht sich der abenteuerlustige Professor auf und davon und ist schnell außer Gefahrenreichweite. Zumindest denkt er das, denn kaum rettet er sich in Sicherheit, tritt er schon ins nächste Fettnäpfchen: Durch Zufall findet sich Indy inmitten der Wüste auf der Area 51 wieder, auf der gerade ein Atomtest stattfindet. Und ja, er hat einmal mehr das Glück auf seiner Seite und überlebt mit Hilfe eines Kühlschranks die heftige Explosion. Fortan steht Jones unter Verdacht ein Doppelagent zu sein, zumindest behauptet das das FBI. Als Indy zu allem Ãœbel auch noch von der Universität suspendiert wird, will er nur noch das Weite suchen, wird aber vom jungen Draufgänger Mutt Williams (Shia LaBeouf) davon abgehalten. Denn Mutt erzählt ihm, dass Professor Oxley (John Hurt), ein guter Freund von Jones, und seine Mutter Marion (Karren Allen) in tödlichen Schwierigkeiten stecken und zeigt ihm einen von seiner Mutter überbrachten Brief, in dem die Rede von einem mythischen Kristallschäden ist. Indy zählt eins und eins zusammen und erkennt den Ernst der Lage. Ein weiteres Abenteuer beginntâ¦
Er ist kein Held im klassischen Sinne, dieser Indiana Jones, zwar könnte er glatt einem Graphic Novel entsprungen sein, so überzogen, so unglaubwürdig sein Handeln und seine Abenteuer oftmals wirken, doch letzten Endes ist er schlichtweg zu komplex gezeichnet, um dieser Tatsache gerecht zu werden. George Lucas und Steven Spielberg stellen in allen Teilen ihren Protagonisten in den Vordergrund und schenken der Rahmenhandlung nur bedingt Beachtung, zumindest nur soviel wie nötig, um ihr Publikum zu unterhalten und ihrem Herrn Professor Freiraum zu geben. Und das hat bisher auch immer funktioniert, versteht es Spielberg doch grandios, die Rahmenhandlung so einzubetten, dass der Zuschauer nicht anders kann als sich in die Geschehnisse mit einbeziehen zu lassen. Das versucht er in Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull konsequenter Weise ein weiteres Mal, gelingen will ihm dieses Kunststück allerdings nicht. Dabei liegt es nicht einmal am Regieveteranen selbst, der handwerklich kaum Wünsche offen lässt. Es ist das verhunzte, völlig untypische und etwas albern geratene Drehbuch von David Koepp (Spider-Man, War of the Worlds), das dem vierten Teil das cineastische Genick bricht. Zwar fängt es den Zeitgeist der 50er Jahre perfekt ein, gibt nostalgische Reminiszenzen zum Besten und versteht es, seinen eifrigen Helden so darzustellen, wie man ihn kennt und wie man ihn seit nun mehr 27 Jahren liebt. Was aber darauf folgt, ja, man möchte es kaum aussprechen. Sei es nun auf die Ideenlosigkeit oder die fehlende Inspiration zurückzuführen, denn was dem Zuschauer hier inhaltlich abgeliefert wird, ist kaum der Rede wert. Natürlich, Indy kämpft einmal mehr gegen einen politischen Feind der USA, er geht einmal mehr auf die Jagd nach einem verlorenen Schatz und er gibt sich ein weiteres Mal der Liebe hin. Und trotzdem gelingt es Koepp nicht, den Charme seiner Vorgänger aufzugreifen, sondern versucht mit desillusionierenden und völlig überzogenen Einfällen, das Publikum für sich zu gewinnen. Man nehme die âœKühlschrank-Szeneâ als Beispiel. Wenn sich Koepp im Mittelteil besinnt und zurück zu den Wurzeln geht, Indy springen und kämpfen lässt und ihn durch den peruanischen Dschungel jagt, dann kommt zumindest für kurze Zeit ein altbekanntes, nostalgisches Gefühl auf, das von einem hoch aufspielenden Harrison Ford unterstützt und geprägt wird. Doch dann, ja, dann trifft es den Zuschauer wie einen Schlag. Denn im letzten Drittel, also kurz vor Eroberung des Schatzes, inmitten des Dungeons, bei dem es Rätsel zu lösen und Gefahren zu bekämpfen gilt, offenbart Koepp die Wahrheit über die mystischen Kräfte des Kristallschädels, einem sinnentleerten Artefakt, das er als Erbe einer außerirdischen Spezies verklärt. Wenn Indiana Jones und sein misslungener und nerviger Sidekick Mutt Williams, verkörpert von Spielberg-Ziehsohn Shia LaBeouf, ein fliegendes Ufo gen Himmel empor steigen sehen, dann spätestens darf sich der sprachlose Zuschauer gerne fragen, ob er tatsächlich im richtigen Film ist. Oder ob er diese herbe Enttäuschung nur geträumt hat!?