Wenn der Erfolg so langsam die Koffer packt und erprobte Erfolgsrezepte nicht mehr funktionieren wollen, kann die Luft in Hollywood schon mal dünn werden. Das merkte Ende der 80er auch Sylvester Stallone. Zwar hatte er mit „Rambo 3" gerade noch einen Hit gelandet. Wohl wusste er aber, dass er diese Rolle nicht gleich weiterspielen konnte, wollte er sie jemals wieder loswerden. Um seine erfolgreichen Franchises wie „Rambo" und „Rocky" jedoch mehrten sich Flops wie „City Cobra", „Over the Top" oder „Lock Up". Die Zeiten hatten sich geändert, statt muskelbepackter Underdogs standen plötzlich Actionhelden mit menschlichem Antliz in der Gunst des Publikums. Die neuen Hits des Actionkinos hießen „Lethal Weapon", „Stirb Langsam" und „Beverly Hills Cop". Und Stallone wollte etwas von ihrem Erfolgskuchen abhaben, als er sich 1989 an die Konzeption von „Tango und Cash" begab – einem Film, so forciert und panisch nach Erfolg und Zeitgeist schielend, dass er in Stallones unbedingtem Willen nach Aktualität quasi im Moment des Erscheinens antiquiert wirken musste. Das vom Auftragsregisseur Andrei Konchalovsky umgesetzte Thriller-Machwerk ist ein Stück Achtzigerjahre-Irrsinn vom Allerfeinsten, wie man ihn besser nicht mehr parodieren könnte.
Zwei Cops in L.A. liefern sich einen erbitterten Wettstreit darum, wer der beste Bulle der Stadt ist. Zum einen der wie aus dem Ei gepellte Nadelstreifen-Cop Ray Tango (Sylvester Stallone) der mit snobistischem Selbstvertrauen Ganoven zur Strecke bringt und gern den Mann von Welt gibt. Zum anderen der urige Gabriel Cash (Kurt Russell), der eher den Sponti gibt, es mit Regeln nicht so genau nimmt und mit seiner prolligen Playboy-Attitüde nicht wirklich von den Strolchen zu unterscheiden ist, die er so jagt. Bald hat der diabolische Supergangster Yves Perret (Jack Palance) die Faxen dicke. Er schmiedet eine fiese Intrige, mit der er die tollkühnen Gendarmen unter dringenden Mordverdacht stellt und hinter schwedische Gardinen bringt, wo natürlich schon ein ganzer Haufen schwerer Jungs auf die beiden wartet. Doch Tango und Cash lassen sich nicht lumpen und nehmen den Kampf um die Wahrheit und bald auch ums nackte Überleben auf...
„Tango & Cash" ist eine kreative Bankrotterklärung – trotzdem bereitet es ein geradezu diebisches Vergnügen, den Filmemachern und Darstellern hier beim blindwütigen Entlangpilgern des berüchtigten Holzweges beizuwohnen. Wie hier auf Teufel komm raus auf Erfolgszüge aufgesprungen werden soll und doch nur im Schotter gelandet wird, das ist schon äußerst kurios. Nachdem sich Buddy-Filme wie „Nur 48 Stunden" und der kurz zuvor erfolgreich durchgestartete „Lethal Weapon" als Kassengold erwiesen hatten, versuchte Stallone, diesem Kurs zu folgen. Als Partner wurde die alte Klapperschlange Kurt Russell im Chaotenmodus engagiert, während Stallone sich hier in edlem Zwirn als brachialer doch charmanter Gentleman-Bulle inszeniert. Beide halten sich in ihren klischeetriefenden Posen für weitaus cooler als sie es sind. Und beide würden den Film heute gerne ungeschehen machen, so wie wohl auch der Regisseur.
Auf den Regiestühlen seiner Filme platzierte Stallone oft und gerne fähige Routiniers, die im Zweifelsfall aber machen, was ihr Star ihnen sagt. Da wundert es ein wenig, dass ausgerechnet bei diesem Machwerk der Arthouse-Regisseur Andrei Konchalovsky („Sibiriade", „Runaway Train") ins Boot geholt wurde. Konchalovsky leistet einen guten Job und fängt besonders in der ersten Hälfte ein paar wuchtige Actionszenen ein. Eine Verfolgungsjagd zwischen Cash und einem gedungenen Mörder gleich zu Beginn etwa ist schlichtweg fetzig – und kommt selbstverständlich inklusive gewaltiger Blechschäden. Das hilft jedoch auch nicht über die alberne Konzeption des Films hinweg, gegen die Konchalovsky schlichtweg machtlos ist.
Bis zum Soundtrack hin wird hier versucht, an andere Erfolgsgeschichten anzuknüpfen: Die Musik von Harold Faltermeyer klingt auffällig nach seiner eigenen sehr populären „Beverly Hills Cop"-Komposition. Selbst der Humor ist dreist zusammengeklaut. Der Film hat selten mehr als peinlich-flapsige Wortgefechte zwischen den Stars zu bieten – und diese Dialoge hauen „Tango & Cash" dann endgültig den Boden aus dem Fass. Was hier an entlarvend prolligem Unfug geschwafelt wird, hätte selbst Rainer Brandt in seiner besten Zeit die Schamesröte ins Gesicht getrieben. Der Charme von Gibson und Glover oder der Witz von Eddie Murphy wird dabei meilenweit verfehlt, stattdessen steht Fremdscham auf dem Programmn ein.
Eher unfreiwillig dürfte auch die latente Homoerotik sein, die dem 80er-Actionkino ja keineswegs fremd ist. Spätestens in einer Szene in der Knastdusche, in der sich die taffen Helden gegenseitig auf die Penisse starren, über Größe und Umfang parlieren und schließlich in einer provozierend langen Einstellung mit nackten Ärschen den Flur entlang schreiten, wünscht man sich, Konchalovsky hätte sich geweigert, die Eitelkeit seiner Hauptdarsteller auszustellen. Der Weg in seriösere Genre-Gefilde zumindest ist nach der Knastepisode, in der sich die Titelhelden wie Bud Spencer und Terence Hill durch Scharen von Ganoven kloppen, schlichtweg dicht.
Nach dem Ausbruch geht's gleich weiter abwärts in eine lauwarme Nebenhandlung um Tangos Schwester (Teri Hatcher), bis der Film dann endgültig entgleist, wenn Kurt Russell in Frauenkleidern und einer Verwechlungskomödie aufkreuzt. Im Finale ist dann alles egal, da machen auch Science-Fiction-artige Super-Panzer-Autos kaum noch einen Unterschied. Der Film wirkt dilettantisch zusammengepanscht und zu jedem Zeitpunkt schmeckt man die einzelnen Zutaten und Gewürze heraus, die hier entweder noch halbroh oder schon völlig angebrannt sind. Zu laut, zu berechnet, zu schrill, zu zynisch und vor allem einfach zu doof – „Tango & Cash" ist nur durch anderthalb zwinkernde Augen betrachtet genießbar. Mit hinreichender Distanz aber entfaltet der Film gerade auf diese Weise eine so hinreißende unfreiwillige Komik, dass man immerhin herzhaft über wenn schon nicht gemeinsam mit „Tango & Cash" lachen kann.
Fazit: Manchmal geht's daneben – und dennoch ist Andrei Konchalovskys völlig überzüchtetes Action-Inferno „Tango & Cash" zumindest eine reizvolle Fallstudie. Hier wollte man alles auftischen, wonach es das Publikum scheinbar verlangte und vergaß dabei alles, was einen halbwegs anständigen und wenigstens minimal eigenständigen Actioner ausmacht.