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    Big
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Big
    Von Asokan Nirmalarajah

    Seine erste Oscar-Nominierung als bester Schauspieler in einer Hauptrolle erhielt Tom Hanks nicht etwa für eine seiner vielen dramatischen Rollen, mit denen er seit seinem Oscar-Triumph 1994 für das ergreifende AIDS-Drama „Philadelphia" berühmt geworden ist, sondern für sein frühes komödiantisches Talent. In Penny Marshalls Fantasy-Komödie „Big" glänzte der zu der Zeit noch auf alberne Komödien abonnierte Mime erstmals in einer tragikomischen Rolle, die Einfühlungsvermögen und ein Gespür für Zwischentöne forderte. Als Teenager, dem sein größter Wunsch, endlich einmal groß zu sein, auf wundersame Art und Weise in Erfüllung geht, spielt er in der unterhaltsamen und sympathischen, wenn auch nicht immer plausiblen und etwas zu konstruierten Hollywood-Produktion eine Rolle, in der sich zeitgleich Ende der 1980er Jahre auch andere Darsteller versuchten. Doch was Hanks solchen komischen Talenten wie Dudley Moore („Wie der Vater, so der Sohn") und Judge Reinhold („Ich bin Du") in ähnlich gestrickten Bodyswitch-Komödien voraus hat, ist der jugendliche Charme, die Begeisterungsfähigkeit für das Anarchische und auch das Feingefühl für die Ängste seiner Figur.

    Der 13-jährige Josh Baskin (David Moscow) aus dem beschaulichen Vorort von Cliffside Park, New Jersey, ist ein ganz normaler Highschool-Schüler, der heimlich in die Nachbarschaftsschönheit Cynthia (Kimberlee M. Davis) verliebt ist. Als er auf einem Jahrmarkt allerdings vor ihr bloßgestellt wird, weil er aufgrund seiner zu geringen Größe nicht auf eine Achterbahn steigen darf, auf die Cynthias größerer und älterer Freund mit ihr geht, wandert er enttäuscht über das Gelände. Auf einmal steht ihm ein seltsamer Spielautomat mit dem Namen Zoltar Speaks gegenüber, der ihn auffordert, sich etwas zu wünschen. Josh wünscht sich, so schnell wie möglich groß zu sein. Am nächsten Morgen blickt er in den Spiegel und sieht plötzlich einen 30 Jahre alten Mann vor sich, den seine Mutter (Mercedes Ruehl) panisch aus ihrem Haus scheucht. Nur seinen besten Freund Billy (Jared Rushton) kann Josh von seiner wahren Identität überzeugen. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach dem Automaten, die sie bis nach New York führt. Dort muss Josh aus Geldnot als Sachbearbeiter in der Spielzeugfirma MacMillan Toys jobben und verliebt sich in seine Kollegin Susan (Elizabeth Perkins)...

    Den kometenhaften Aufstieg, den das Kind im Körper eines Erwachsenen dann in der konkurrenzhungrigen, egoistischen Yuppie-Welt New Yorks hinlegt, ist so irreal wie absurd. Sicher ist einem Fantasy-Film nur schwerlich mangelnde Glaubwürdigkeit vorzuwerfen. Sehr wohl fällt aber negativ auf, wie Gary Ross und Anne Spielberg (der Schwester von Steven Spielberg) einige der interessanteren Elemente der Geschichte in ihrem oscarnominierten Originaldrehbuch vernachlässigen. So begnügt sich die märchenhaft schlichte Geschichte ganz und gar damit, die Kinderwelt gegen die Erwachsenenwelt auszuspielen, wobei sich die Erwachsenen nicht selten kindischer verhalten als das Kind in ihrer Mitte. Ironischerweise betont das Spiel von Tom Hanks auch die Unschuld seiner Figur, während David Moscow in seinen Szenen zu Anfang und Ende des Films lange nicht so albern agiert wie seine größeres, übertrieben kindisches Selbst.

    Das harte Los seiner trauernden Mutter, die von einer Kindesentführung ausgeht, die genauen Details seiner Arbeit in der Produktentwicklung der Spielzeugfirma und schlichte Übergänge zwischen und Motivationen für Szenen werden jedoch überflogen. Stattdessen springt Penny Marshall, die mit ihrem Kritiker- und Publikumshit und einem US-Einspielergebnis von 115 Millionen Dollar zur damals erfolgreichsten Regisseurin Hollywoods avancierte, kopfüber in eine turbulente Kinderfantasie. Diese enthält auch eine Romanze zwischen der ehrgeizigen, im grausigen 80er-Jahre-Look gekleideten Geschäftsfrau Susan, sensibel gespielt von Elizabeth Perkins, und dem sexuell unerfahrenen, aber sehr wissbegierigen Josh. Die Art und Weise, wie diese Liebesgeschichte ihren Anfang nimmt, mag unglaubwürdig sein, aber entwickelt zum Schluss des Films eine leise Melancholie und einen bewegenden Herzschmerz, wie kaum ein anderer der im Unterschied zu diesem Kinohit bereits vergessenen Bodyswitch-Komödien der 80er.

    Unterstützt werden die Hauptdarsteller von einer guten Nebendarstellerriege, unter anderem von Jon Lovitz als Hanks' fauler Büronachbar, John Heard als Susans eifersüchtiger Ex-Geliebter und vor allem von Robert Loggia als liebenswerter Chef der Spielzeugfirma, der in der berühmtesten Szene des Films mit Hanks auf dem Fußbodenklavier im Kaufhaus FAO Schwarz eine hübsche Tanzeinlage hinlegt. „Big" ist gut gespielte, liebevoll inszenierte und durchweg sympathische Hollywood-Unterhaltung, die mal amüsant, mal sentimental und mitunter auch etwas nachlässig die schwierigeren und damit leider auch die interessanteren Aspekte seiner geradlinigen wie berechenbaren Geschichte umschifft.

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