Der Pirelli-Kalender zaubert alljährlich Millionen Männern ein Grinsen ins Gesicht und so ziemlich jedes namhafte Supermodel zierte schon eine Kalenderseite. Dass auch zwölf ältere Damen zwischen 45 bis 60 Jahren einen vor Erotik nur so knisternden Kalender produzieren können, zeigten 1999 Mitglieder eines biederen britischen Damen-Zirkels, die sich nackt auszogen, um einen Pin-Up-Kalender für einen guten Zweck zu produzieren. Die Idee schlug ein, die Damen kamen mit ihrem Kalender bis aufs Titelblatt der New York Times, selbst die Kalender-Verkäufe von Britney Spears und Cindy Crawford konnten mit den Verkaufszahlen der „Kalender Girls“ nicht mithalten. Regisseur Nigel Cole, der uns schon mit „Grasgeflüster“ prächtig unterhielt, nahm sich dieser wahren Begebenheit an und verfilmte die Story der junggebliebenen Ladies, die auszogen, um berühmt zu werden.
Die Geschichte nimmt im idyllischen Knapely im nordbritischen Yorkshire ihren Ausgang: Vorträge über Broccoli, sterbenslangweilige Reiseberichte sowie an Spannung kaum zu übertreffende Kuchenbackbewerbe bestimmen den Alltag im „Rylstone and District Women´s Institute“, einem spießigen Hausfrauenbund, dessen Mitglieder sich jeden Donnerstag im Gemeindeamt treffen. Auch Chris (Helen Mirren) und ihre beste Freundin Annie (Julie Walters) sind aktive Mitglieder des Frauen-Vereins. Ihr beschauliches Leben wird erschüttert, als Annies Ehemann John plötzlich an Leukämie erkrankt und stirbt. Um dessen Andenken zu ehren, beschließen die Ladies, einen Kalender zu produzieren, um damit Geld für das örtliche Krankenhaus zu sammeln. Doch die bisherigen Kalender der Frauengruppe brachten, gelinde gesagt, kaum Geld in die Kasse – kein Wunder, dienten doch bisher nur Kirchen, Blumen und Brücken der Umgebung als Fotomotive. Chris hat schließlich die zündende Idee: Nacktfotos der Frauen Knapelys bei ganz alltäglichen Tätigkeiten sollen als finanzträchtiger Aufputz dienen. Sorgt der kesse Vorschlag anfangs noch für blankes Entsetzen im Verein, weicht dies schon sehr schnell der puren Begeisterung, erweist sich doch der Kalender als Verkaufsschlager, der die Neo Pin-Ups bis über den Atlantik hinweg berühmt macht. Doch der unerwartete Ruhm stellt auch die Freundschaft der „Kalender Girls“ auf eine harte Probe...
Regisseur Nigel Cole gelingt mit „Kalender Girls“ eine Komödie, die sich nahtlos an britische Kino-Hits der letzten Jahre wie „Lang lebe Ned Devine“, „Billy Elliot“ oder „Ganz oder gar nicht“ einreiht. Was den Streifen besonders auszeichnet, ist die Wärme der Charaktere. Obwohl die Beziehung der besten Freundinnen Chris und Annie im Vordergrund steht, gelingt Cole das Kunststück, jede der doch recht zahlreichen Hauptfiguren, die sich auf dem Kalender ablichten lassen, ins rechte Licht zu rücken. Man lacht und weint mit jedem einzelnen der „Kalender Girls“ mit, am besten natürlich in der englischen Originalfassung. Überhaupt liegt Lachen und Weinen wohl nirgendwo so nahe beisammen wie in den britischen Streifen: Wo Hollywood-Produktionen oftmals aufhören, wenn’s am schönsten ist, zeigt uns das britische Kino einmal mehr auch die Schattenseiten des Lebens auf. So auch in diesem Fall: Freundschaften, die zu zerbrechen drohen, Beziehungen, die eine harte Bewährungsprobe durchmachen: It`s hard to be a star. Doch keine Sorge: In Momenten, die beinahe zu kitschig zu werden drohen, sorgt der berühmt-berüchtige schwarze britische Humor dafür, dass es nicht soweit kommt. Minutenlange Umarmungen, Küsse und orchestral untermalte Tränenszenen sucht man hier vergeblich. Das Leben braucht keine großen Gesten. Der Kitsch kann draußen bleiben - die Briten sind in ihren Filmen eben viel näher dran am Leben.
„Kalender Girls“ ist eine leise Komödie, der keinesfalls das Genre revolutioniert, dies aber auch in keiner Sekunde vorhat. Wer britische Filme mag, gerne über trockenen Wortwitz lacht und Geschichten liebt, die das Leben schreibt, wird sich prächtig amüsieren. Zumal man mit einer prächtig aufgelegten Helen Mirren als Chris belohnt wird, der der Schalk im Nacken in jeder Minute anzusehen ist. Und last but not least beschert uns „Kalendar Girls“ zudem eine Kult-Szene, die wohl als die „erwachsene Variante“ der Apfelkuchenszene in „American Pie“ in die Filmgeschichte eingehen wird. Allein der Blick von Sohnemann Jem, der gerade in dem Moment nach Hause kommt, in dem seine Mutter Chris die Hüllen fallen lässt, ist das Geld für die Kinokarte wert...