Im Dezember 2004 wird das Theatermärchen „Peter Pan“ 100 Jahre alt. Bereits im April kam die Realverfilmung des Stücks in die Kinos, im Februar erscheint „Wenn Träume fliegen lernen“, welches die Entstehung von „Peter Pan“ näher beleuchtet und auf der Lebensgeschichte des schottischen Schriftstellers J. M. Barrie beruht.
J. M. Barrie (Johnny Depp) erlebt Anfang des Jahrhunderts in London, wie sein neues Stück in der Uraufführung beim Publikum durchfällt. Obwohl sein Produzent Charles Frohman (Dustin Hoffman) weiter zu ihm hält, weiß er, dass das nächste Stück unbedingt ein kolossaler Erfolg werden muss. Auf der Suche nach Inspiration trifft er eines Tages im Park die vier vaterlosen Brüder George, Jack, Peter und Michael, mit denen er sich anfreundet. Vor allem mit dem desillusionierten Peter heckt der Schriftsteller viele Streiche aus. Auch mit der Mutter der Jungen, Sylvia Llewelyn-Davis (Kate Winslet), versteht sich Barrie sehr gut. Er verbringt sehr zum Ärger seiner Frau (Radha Mitchell) immer mehr Zeit mit der vaterlosen Familie und erschafft für die Jungen die Fantasiewelt Nimmerland, die zur Grundlage für sein Stück „Peter Pan“ wird. Sylvias Mutter (Julie Christie) ist ebenfalls gegen die Verbindung ihrer Tochter mit dem verheirateten Schriftsteller. Während Barrie sich voller Eifer in die schwierigen Proben zu „Peter Pan“ stürzt, erkrankt Sylvia schwer und ihre Söhne drohen, die gerade wieder erlangte Hoffnung und ihren Glauben an das Glück zu verlieren.
„Wenn Träume fliegen lernen“ ist ein waschechtes Wintermärchen. Die Geschichte ist vom wahren Leben von J. M. Barrie inspiriert. Tatsächlich lernte der Schriftsteller die Familie Llewelyn-Davis kennen, als der Vater der Jungen noch lebte. Sie wurden seine Spielkameraden, und er kümmerte sich auch um ihren später erkrankten Vater. Die Jungen wuchsen Barrie so ans Herz, dass er ihre Schulgebühren bezahlte, sich lebenslang um sie kümmerte und ihnen in allen Schicksalsschlägen beistand. Für die Kinoversion wurde natürlich einiges dramatisiert und zeitlich verschoben, so dass eine noch märchenhaftere Handlung entsteht. Trotzdem wirft „Wenn Träume fliegen lernen“ auch einen interessanten Blick auf den Mann, der nicht nur mit „Peter Pan“ unzählige Kinderherzen höher schlagen ließ, sondern das Copyright des Stücks einem Londoner Kinderkrankenhaus für wohltätige Zwecke übertrug.
Auch auf der Leinwand kommt gerade die Verbundenheit zwischen dem selbst nicht erwachsen wirkenden Barrie und seinen kleinen Spielkameraden gut an. Johnny Depp („Fluch der Karibik“, „Das geheime Fenster“), 2004 bereits für einen Oscar nominiert, überzeugt in der Rolle des schottischen Erfolgsautors vor allem durch den natürlichen Umgang mit den Jungen. Depp findet sich in allen ihren Spielwelten – vom Feenland bis zum Piratenschiff – sehr gut zurecht. Auch die Jungen liefern bemerkenswerte Darstellungen. Freddie Highmore, der Peter Llewelyn-Davis spielt, konnte gleich nach Ende der Dreharbeiten die Hauptrolle in Tim Burtons Verfilmung von „Charlie und die Schokoladenfabrik“ ergattern, in der ebenfalls Johnny Depp zu sehen sein wird.
In weich gezeichneten Bildern, in denen vor allem Naturtöne hervorstechen, erzählt Regisseur Marc Foster („Monster´s Ball“) die Story und zeichnet durch die Farbgebung einen deutlichen Kontrast zwischen der Londoner Realität und den vielen Fantasiewelten, die Barrie für die Familie Llewelyn-Davis erschafft. Fosters Faszination an der Geschichte sieht man besonders in diesen Sequenzen, die detailreich und liebevoll ausgemalt sind. Eigentlich hat die Handlung selbst wenig zu bieten, die Geschichte ist sehr einfach gestrickt. Das fällt aber gar nicht auf, weil die Inszenierung sich vor allem auf die fantastischen Spielwelten konzentriert und dadurch einen spannenden Ausgleich bildet. „Wenn Träume fliegen lernen“ lebt von der Vorstellungskraft seiner Zuschauer und ihrem Willen, sich für die zweistündige Fantasiereise von Johnny Depp an die Hand nehmen zu lassen. Freunde des zauberhaften Märchenkinos werden voll auf ihre Kosten kommen.