Mein Konto
    Der Pfau
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Der Pfau

    Es fehlt am Salz und Biss

    Von Helena Berg

    Wenn Schauspielgrößen wie Annette Frier, Lavinia Wilson, David Kross, Tom Schilling, Svenja JungJürgen Vogel und Serkan Kaya in einem altmodischen Landsitz in Schottland aufeinander losgelassen werden, um sich als Führungskraft-Konkurrent*innen beim Teambuilding-Event gegenseitig in die Pfanne zu hauen, dann kann dabei doch eigentlich kaum noch was schiefgehen. Zumal wenn der Film dann auch noch auf einem beliebten, weil durchaus bissigen Bestseller (in diesem Fall von Isabel Bogdan) basiert. Aber im Fall von „Der Pfau“ ist auf dem Weg vom Buch zur Leinwand irgendwann das Salz in der Suppe verlorengegangen – und so schmeckt das Ergebnis trotz der hochkarätigen Zutaten am Ende doch eher fad.

    Aber von vorne: Im Kinofilm von Regisseur Lutz Heineking Jr. („Andere Eltern”) macht sich eine Gruppe von Investmentbanker*innen auf den Weg in die Highlands, um dort an ihrem Gemeinschaftsgefühl zu arbeiten – unterstützt von einem Coach und eigener Köchin (gespielt von Annette Frier). Dabei ist von Beginn an ordentlich Druck auf dem Kessel, schließlich geht das Gerücht um, dass jemand in nächster Zeit aus dem Team gekickt werden soll – und dann häufen sich auch noch die Rückschläge vor Ort: Der angekündigte Proficoach schickt stattdessen seine Praktikantin Rebecca (Svenja Jung), dazu gibt weder W-Lan noch funktionierende Heizungen – und dann wäre da eben auch noch der titelgebende Pfau. Der ist nämlich verrückt gewordenen und drischt auf alles ein, was blau ist. Als der Vogel nur wenige Stunden später tot im Gras gefunden wird, beschuldigt plötzlich jeder jeden…

    Die Investment-Banker*innen haben eh schon Null Bock auf das Teambuilding im schottischen Nirgendwo – und dann gibt es noch nicht mal W-Lan.

    Das klingt doch als Komödie mit satirischem Unterton durchaus vielversprechend – ein skurriles Ambiente, jede Menge Pannen und Verstrickungen, sowie schnell auf dem Zahnfleisch gehende Figuren, die so unbedingt Erfolg haben wollen, dass sie sich notfalls für nichts zu schade sind. Aber sogar im Film selbst stellt die Köchin Helen irgendwann fest: „Oh Mann und es geht um nichts!” Damit benennt sie zugleich das große Problem des Films. Es geht um nichts. Der Landsitz wirkt wie eine Kulisse, die Pannen sind ähnlich vorhersehbar wie die Verstrickungen, die man als Zuschauer*in von Beginn an auch selbst auflösen kann. So fiebert man nicht der finalen Entwirrung entgegen, sondern fragt sich stattdessen: Was ist denn jetzt eigentlich das Problem? Insgeheim hofft man natürlich, dass man nicht schlauer ist als der Film und man womöglich doch noch mit einem Plottwist à la „Knives Out” überrascht wird, aber… Pustekuchen.

    Da kann auch das Schauspielensemble nicht viel retten. Das hat Regisseur Lutz Heineking Jr. bewusst so ausgewählt, dass es nicht zu sehr nach Komödie schreit. Eine auf dem Papier erfreuliche Idee, die auf der Leinwand aber nicht aufgeht. Denn so sind die Figuren weder echte Karikatur noch besonders glaubwürdig und einem daher vor allem eins: ziemlich egal. Die Dialoge der Investmentbank*innen über ihre Scheidungen und Fincas auf Mallorca wirken hölzern, die Wortwitze (Helen hält „Compliance” für Komplimente) zünden nur selten und selbst Jürgen Vogels Gitarre bringt nicht den erhofften und an dieser Stelle dringend nötigen Schwung in die Bude.

    Köchin Helen (Annette Frier) hat einen Hinweis auf den Pfau-Killer gefunden.

    Diese Nicht-Entschiedenheit hätte womöglich auch eine Geheimwaffe des Films sein können: Wer einen Krimi erwartet, bekommt eine Komödie. Wer von einer Komödie ausgeht, wird von der mysteriösen Erzählweise überrascht. Und wann immer es so aussieht, dass die allumfassende Lösung kurz bevorsteht, wird eine neue Abbiegung genommen. Das kann funktionieren, wenn man sich als Zuschauer*in jedes Mal darüber amüsiert, wie leicht man sich diesmal wieder hat in die Irre führen lassen. Es funktioniert aber nicht, wenn alles eh bereits klar ist und die Handlung kaum Fahrt aufnimmt.

    Fazit: Trotz Bestseller-Vorlage, tollem Cast und herausstechendem Schottland-Ambiente ist „Der Pfau” zu langwierig und wenig unterhaltsam geraten. Es fehlt schlicht an Überraschungen oder zumindest ein wenig mehr Verrücktheit. So geht es einem nach dem Film ähnlich wie den Investmentbanker*innen, die sich nach dem Essen auch nicht sicher sein können, was genau sie hier eigentlich serviert bekommen haben.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top