Nachdem der Film in den Kinos fast vollständig ignoriert wurde, hatte ich doch noch das Glück in an diesem Ort in Rahmen einer Spezialvorführung zu erblicken und "Norwegian Dream" ist ein in vielerlei Hinsicht ein starker Blick auf das aktuelle Zeitgeschehen, wenn man vor allem in unser östliches Nachbarland Polen blickt.
Die Geschichte handelt von polnischen Gastarbeitern, die in einer norwegischen Fischfabrik arbeiten. Hauptfigur Robert verliebt sich dort in Ivar, was Roberts leben durcheinander wirbelt.
Visuell ist der Film solide und bietet am besten ein paar sehr schöne Aufnahmen der norwegischen Natur, während die Musik sehr zurückhaltend ist. Leiv Igor Devold inszeniert ruhig und setzt vor allem auf Emotionen und kritisiert zeitgleich die Politik seines eigenen Landes, in dem die Gastarbeiter hier sehr stark ausgebeutet werden und ständig um ihr Verbleib bangen müssen. Der Norweger packt so zwei Themen an, die er gut verbunden bekommt, so mal er dadurch seine Hauptfigur Robert später in einen Konflikt führt, der sich zwischen Arbeit, dem Aufenthalt dort und seinen Gefühlen bildet, während er zeitgleich mit seinem Coming Out ärger bereitet. Hier drin findet sich auch die größte Stärke. Während Ivar zwar seine Sexualität offen lebt und diese auch weitestgehend akzeptiert wird, so hat er immense Probleme mit seinem Stiefvater, dem die Firma gehört und der nicht sonderlich angetan ist von den Präferenzen seines Sohnes. Auf der anderen Seite steht Robert, der sich ein solides Leben erhofft, dass er in Norwegen starten möchte. Der junge Pole hatte zuvor bereits negative Erfahrungen in seiner Heimat gemacht und sich nie geoutet, die Konfrontation mit Ivar und seinen ersten Kontakten in die queere Szene fallen ihm schwer und so ist er ständig hin und her gerissen, wie er mit Ivar verfahren soll. Die Angst vor dem Outing der Mutter, vor seinen polnischen Freuden und Kollegen hemmen ihn und seine Figur ist sehr sehr gut nachvollziehbar. Robert hat kein Problem damit dass er schwul ist, später zeigt er sich sogar sehr auslassend und offen, wenn er mit feminier Kleidung seinen Schabernack treibt, dennoch ist er seine sehr zersplitterte Persönlichkeit, die von Hubert MIlkowski grandios verkörpert wird. Seine Darstellung ist sehr stark und zudem bringt er auch viel Mut mit sich, denn auch wenn der Film nach dem Ende der PiS Regierung in Polen veröffentlich wurde, so entstand er zu einer Zeit, in welcher diese noch im Amt war und sämtliche queere Inhalte hat verbannen lassen. So ist "Norwegian Dream" auch zu teilen eine polnische Geschichte, die den Zeitgeist stark wiedergibt.