Die Geschichte um den guten und den bösen Cop wurde schon oft erzählt. Die Ausgangsfrage ist meist die gleiche: Kann man Verbrecher allein mit legalen Mitteln fassen oder sind sie nur mit den eigenen Waffen zu schlagen? Um diese Frage dreht sich auch „Training Day“ von Regisseur Antoine Fuqua („The Replacement Killers“, „Tränen der Sonne“). Die Mischung aus Drama und Thriller umfasst nur einen Tag, den „Training Day“ eines Neulings in der Drogenfahndung der Polizei von Los Angeles. Denzel Washington spielt dessen Vorgesetzten, ein erfolgreicher Fahnder, welcher sich rüder Methoden bedient. Gesetze zu befolgen, überlässt er anderen. Für diese Rolle kassierte er einen Oscar als bester Hauptdarsteller.
Alonza Harris (Denzel Washington) ist ein „Bad Cop“, wie er im Buche steht. Er gibt dem Neuling Jake Hoyt (Ethan Hawke) die Chance, sich innerhalb eines Tages für einen Posten unter ihm zu qualifizieren. Dafür nimmt er ihn mit bei seinem Arbeitsalltag, doch der soll kein gewöhnlicher werden: Jake wird Zeuge eines sehr ungewöhnlichen Schauspiels. Alonza, der gar nicht wie ein Cop aussieht und wirkt, sperrt ein paar Beinahe-Vergewaltiger nicht ein, sondern verpasst ihnen eine Abreibung auf seine Art. Wenig später nimmt er ein paar Jugendlichen ihr Crack, das sie gerade bei einem mit Alonza „befreundeten“ Dealer erworben haben, und ihr Geld weg. Doch es kommt noch härter. Das Crack bietet er Jake an, der jedoch zu moralisch ist, um es zu rauchen. Plötzlich hält Alonza ihm die Pistole an den Kopf und droht, ihn nicht in seine Abteilung aufzunehmen, wenn er das Crack nicht raucht.
Die Story hat keinen vorhersehbaren Lauf, alles scheint sich mehr oder weniger zufällig während des einen Arbeitstages zu ereignen. Dem Zuschauer ist deshalb über weite Strecken des Films nicht klar, auf was er ungefähr hinauslaufen wird. Dies ließe sich als negativ ansehen, doch eigentlich ist der Aufbau eher erfrischend anders, denn zu wirr. Allein das Beschränken auf einen einzigen Arbeitstag ist interessant, denn es macht den Zuschauer zum Beobachter von sehr ereignisreichen 24 Stunden. Würden sich die Dinge erst über mehrere Tage oder Wochen entwickeln, wäre es weniger spannend und auch nicht sonderlich neuartig. Das Drehbuch ist somit sehr gut gelungen. Interessanterweise stammt dieses von David Ayer, welcher auch „The Fast And The Furious“ geschrieben hat.
An der Vergabe der Oscars wird zwar in der letzten Zeit häufig Kritik geübt, doch zumindest nach Denzel Washingtons Leistung ist ihm dieser nicht abzusprechen. Die Rolle des Bösewichts nimmt ihm das Publikum ab, er spielt seinen unberechenbaren Charakter überzeugend. In einem Moment ist er noch der nette Kumpel, im nächsten Moment kann er einem schon seine Waffe an den Kopf halten. Ähnlich wie etwa John Travolta scheint ihm die Rolle des sympathischen Bösen auf den Leib geschneidert. Sein Gegenpart, Ethan Hawke spielt ebenfalls gut, steht allerdings stets im Schatten von Denzel Washington. Der Charakter des Bösen ist interessanter und wie Edward Norton in „American History X“ übt er eine Faszination aus, die erst erlischt, wenn seine tatsächlichen Methoden augenscheinlich werden. In den Dialogen, die stets von Denzel Washington dominiert werden, finden sich einige nennenswerte Filmzitate wieder wie etwa: „Das hier ist Schach und kein Dame“ oder „Um die Wölfe zu erlegen, musst du selbst ein Wolf sein“. Das Wolf-Schaf-Denkmuster spiegelt das Denken von Alonza wieder, er begibt sich auf die Ebene der Gangster, denn nur so, meint er, kann er etwas gegen sie ausrichten. Dabei bewegt er sich stets auf schmalem Grad zwischen Korruption und Gewalt auf der einen Seite und Polizeiarbeit auf der anderen.
„Training Day“ macht keinen großen Hehl daraus, dass er keine Lösungen für die Konflikte zwischen der L.A.P.D. und den Gangstern anbietet. Es schließt nicht mit einem moralischen Statement ab, wie es vielleicht zu erwarten wäre. Vielmehr zeigt er, wie zuvor schon „Traffic“ von Steven Soderbergh, die Konflikte und verschiedene Umgehensweisen damit. Welche die richtige ist, bleibt dabei unbeantwortet. Diese Vorgehensweise erspart dem Zuschauer eine Moralpredigt, die Aussage des Films muss er sich selbst denken. Kritik kann schließlich auch ohne aufzeigen einer besseren Möglichkeit sinnvoll sein.
Somit lässt sich „Training Day“ als sehenswertes Thriller-Drama bewerten. Schrecken die oftmals rüde und vulgäre Sprache sowie einige harte Gewaltszenen nicht ab, so unterhält der Film durchweg gut. Kleine Abstriche finden sich im Spannungsbogen, der durch die oben erwähnte Erzählweise nicht konstant aufgebaut wird. Doch die Leistungen von Denzel Washington und Ethan Hawke entschädigen dafür zur Genüge. Zwar verkommen Frauen in Training Day mehr oder weniger zu Statisten, eine weibliche Hauptrolle gibt es nicht, doch diese hätte vermutlich mehr konstruiert, denn authentisch gewirkt. Wer einen nicht zu anspruchsvollen Unterhaltungsfilm sucht, wird hier fündig. In Nebenrollen sind Dr. Dre, Snoop Dogg und Macy Gray zu sehen.