Formal hat Noé auf Improvisation gesetzt, nur vage Vorgaben gemacht und während der Drehtage geschnitten; herausgekommen ist ein Film mit stark dokumentarischem Charakter. Ein Novum ist die Splitscreen: die Leinwand wird fast durchgehend in zwei Hälften geteilt. Auf der einen Seite sehen wir ihn, auf der anderen sie. Auch, wenn sie im selben Raum sind. Also sehen wir beide zu jeder Zeit gleichzeitig, wie sie suchen und nicht finden, wie sie beobachten und warten und leiden. Er hat noch einen Rest Halt, in einem Buch, an dem er schreibt über den Zusammenhang zwischen Filmen und Träumen, und in seiner noch lodernden Zuneigung zu einer anderen Frau. Sie hingegen hat nichts mehr, und wenn sie momentweise klar im Kopf ist, möchte sie aus dem Leben fliehen.
Gaspar Noé zeigt mit seiner aktuellen Arbeit das bitterste Kapitel des Lebens, nämlich, wenn die Party sich gen Ende neigt, der geistige und körperliche Verfall über allem anderen steht und es ans Sterben geht. Dies tut er hyperrealistisch mit der ständigen Beobachtung beider Figuren. Seine SchauspielerInnen setzen das brillant und absolut wahrhaftig um. - Meine Kritik: warum auf diese Weise? Formal suggeriert die geteilte Leinwand einen Mehrwert, doch tatsächlich ist ein Hergang in Echtzeit und ohne die üblichen Auslassungen, die durch Schnitt entstehen, vor allem ermüdend. Regisseure wie Haneke (Liebe, 2012) oder Dresen (Halt auf freier Strecke, 2011) sind das Thema Verfall mit konventioneller Erzählweise, kleinen Zeitsprüngen und leisen surrealistischen Elementen so eindrücklich angegangen, dass Vortex im Vergleich deutlich abfällt.
Mann und Frau am Ende ihres Lebens verlieren sich selbst und einander. Ungeschönt und in epischer Breite erzählt, hat das natürlich einen gewissen Wert, für mich jedoch nur wenig Magie.
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