Es gibt Filme und es gibt Filme. Big Fish ist definitiv ein Ausnahmewerk das in kein Raster gepresst werden kann, nein, nicht gepresst werden darf!
Selten hab ich einen so sensiblen Umgang mit Würde und Respekt erlebt, ohne dabei ein einziges Mal synthetisch, gar billig aufgesetzt und zwanghaft philosophisch zu wirken. Ewan McGregor spielt meiner Meinung nach die Rolle seines Lebens und streift durch seine Erzählungen ganz beiläufig, ganz unbeschwert, fast kindlich naiv die großen Fragen des Lebens: Liebe, Mut, Durchhaltevermögen, Treue, Freundschaft, Vertrauen, Angst, Aberglaube und immer wieder die Frage nach der Integrität der Persönlichkeit und deren Würde.
Selten hat mich ein Film derart an die Menschlichkeit mit allen Belangen, also allen Fehlern und Stärken erinnert, ohne mahnend oder aufgesetzt zu wirken. Denn, wer kennt es nicht? Wir erzählen sie hundertfach, in einem ganzen Leben vielleicht tausendmal - die Geschichten, die uns zu dem machen, was wir sind. Details werden dramaturgisch ein klein wenig aufgepeppt, Fakten nur ein kleines bisschen verändert, große Menschen werden Riesen, Zwillinge verschmelzen zu einer Person und 3 Jahre an der Universität werden zum ultimativen Abenteuer, in dem der jung Held das Herz seiner Frau erobert. Das mag der ein oder andere als Lüge abtun, ich sehe als verklärten und romantischen Blick, als die Veränderung von Details, die den Kern der Geschichte nicht verändern, aber das eigene Gefühl, das zwangsläufig stärker als die realen Fakten sind, besser verdeutlicht und unterschreicht.
Big Fish ist ein echter Tim Burton, technisch sauber, „State Of The Art“ bei Veröffentlichungsdatum, liebevoll verworren mit jedem Detail beispiellos. Er lässt mich schmunzeln, sogar grinsen, verliert aber niemals einen gewissen Anspruch und ab und an macht er mich sehr nachdenklich, nur um mich gleich wieder schmunzeln zu lassen.
Ich war schon immer Burton Fan aber dieser Film setzt auch moralische Maßstäbe. Ich möchte nicht auf einzelne schauspielerische Leistungen eingehen, weil ich durch die Bank für jede hier im Film dargebotene Arbeit nen Oscar vergeben würde. Jeder einzelne Charakter hat Tiefe und wird von der perfekten Besetzung perfekt, fast ein wenig plakativ verkörpert. Das tut aber dem Film keinen Abbruch, im Gegenteil, es macht mir umso eindringlicher bewusst, dass ich in einem modernen Märchen bin.
Dieser Film wird definitiv einer dieser Filme sein, die ich mit meinen Kindern ansehen werde, um ihnen zu erklären, wie Papa die Welt sieht, was Moral und Integrität bedeuten, und nebenbei, dass das Leben einer ständigen Wandlung unterworfen ist – vom Beginn mit der Geburt bis zum Ende, dem Tod. Fernab von Effektgewittern der Marke Bay & Co. und bedeutungsschwangeren Philosophiestreifen kann ich hier ein Stückchen Traumwelt genießen, das zwar 100% jugendfrei, aber in keiner Sekunde auch nur annährend flach oder reduziert wirkt.
Ganz großes Kino, gehört definitiv in meine Top 100 der besten Filme aller Zeiten.