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    Rocky
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    5,0
    Meisterwerk
    Rocky
    Von Carsten Baumgardt

    Wer an Sylvester Stallone denkt, dem fallen zunächst zwei Dinge ein: „Rocky“ und Rambo. Allerdings wird dabei sehr gern übersehen, dass der erste der fünf „Rocky“-Filme alles andere als sinnfreier Action-Mainstream war. „Rocky I“ ist eine brillante Charakterstudie über einen Boxer aus dem White-Trash-Philadelphia. Zehn Oscarnominierungen und drei Auszeichnungen (bester Film, beste Regie für John G. Avildsen, bester Schnitt) sind der verdiente Lohn.

    Rocky Balboa (Sylvester Stallone) schlägt sich in einem heruntergekommenen Stadtteil von Philadelphia mit miesen Gelegenheitsjobs durch. Er arbeitet als Geldeintreiber für den Kredithai Gazzo (Joe Spinell), hat aber nicht die Härte, seinen „Klienten“ auch einmal, wie von seinem Boss verlangt, die Finger zu brechen. In seiner Freizeit steigt Rocky in den Ring und kämpft. Er hält sich für einen guten Boxer, aber die fehlende Disziplin verhindert, dass er sein volles Talent auch im Alter von 30 Jahren zur Geltung bringen kann. Dazu hat er sich verliebt und versucht, die extrem schüchterne und unsichere Tierhandlungsverkäuferin Adrian (Talia Shire) für sich zu gewinnen. Sie leidet unter ihrem impulsiven und jähzornigen Bruder Paulie (Burt Young), mit dem sie zusammen lebt. Eines Tages kommt für Rocky jedoch völlig unverhofft die Chance seines Lebens. Der Schwergewichtschampion Apollo Creed (Carl Weathers) sucht für seinen nächsten Kampf einen Ersatzgegner, da der ursprüngliche Herausforderer sich verletzt hat. Da niemand mit nur fünf Wochen Vorbereitungszeit gegen den unbesiegbar scheinenden Weltmeister antreten will, wollen die Veranstalter einem unbekannten Boxer aus Philadelphia, wo der Kampf stattfindet, die große Chance bieten – um dies PR-trächtig zu verkaufen. Die Wahl fällt auf Rocky Balboa, The Italian Stallion, wie er sich nennt. Der alternde Boxcoach Mickey (Burgess Meredith) will ihn trainieren...

    Mit „Rocky“ feierte der damals 30-jährige Sylvester Stallone seinen Durchbruch. Er wurde zwei Mal für den Oscar nominiert (bester Hauptdarsteller, bestes Drehbuch) und startete anschließend eine große Karriere als Actionheld und 80er-Jahre-Vorzeige-Macho. Stallone steckte sein ganzes Herzblut in das Projekt, um seine Chance zu erhalten, ins Big Business einzusteigen. Der gebürtige New Yorker schrieb ein fantastisches Drehbuch, das sich als sehr stimmige Milieustudie fernab der in weiteren Teilen auftauchenden Klischees auszeichnet. Die Produzenten wollten erst Ryan O’Neal und James Caan, um Rocky zu spielen und boten Stallone 150.000 Dollar, um von seiner Bedingung, den Titelpart selbst zu spielen, zurückzutreten. Inspiriert wurde Stallone von der Geschichte des Boxers Chuck Wepner aus New Jersey. Der unbekannte Underdog überstand 1975 gegen Schwergewichtsweltmeister Muhammad Ali 15 Runden und war einer der wenigen überhaupt, die den Superstar auf die Bretter schickten.

    Im ersten Teil steht nicht die Geschichte des Boxers im Vordergrund, sondern die des Menschen Rocky Balboa. Er ist gutherzig, aber simpel und schlägt sich mehr schlecht als recht durchs Leben. Er ist ein hochtalentierter Preisboxer, aber gewiss kein Profi. Die Zeichnung sämtlicher Hauptcharaktere ist hervorragend angelegt und nicht umsonst wurden Sylvester Stallone, Talia Shire, Burgess Meredith und Burt Young für den Oscar nominiert. Stallone ist sicherlich kein guter Schauspieler, aber in der hundertprozentig richtigen Rolle ist selbst er exzellent - was er später in „Cop Land“ noch einmal bestätigte - und liefert hier die beste Leistung seiner Karriere. Die Boxszenen sind packend choreographiert, auch wenn die Anzahl der klaren Treffer dramaturgisch überhöht ist. Sehr geschickt führt Regisseur John G. Avildsen („Karate Kid I-III“), der für Teil 2 bis 4 von Stallone abgelöst wurde, aber zu Teil 5 noch einmal zurückkehrte, die Dramaturgie auf den großen finalen Kampf hin. Am Ende beweist „Rocky“ genau das, was den meisten Hollywood-Produktionen abgeht: Mut! Nämlich den Mut, seinen Film so zuende zu bringen, wie es realistisch ist.

    Der riesige Erfolg dieser 1,1-Millionen-Dollar-Produktion zog vier Sequels nach sich. In den USA spielte der Film 117 Mio Dollar ein (weltweit: 225 Mio Dollar) und machte Stallone zum Star. Leider war der Lockruf des Geldes für die Produzenten später zu groß. Der Mythos eines herausragenden Dramas, für viele neben „Wie ein wilder Stier“ der beste Boxfilm der Geschichte, wurde durch die actionlastigen Nachfolger angekratzt. Lediglich Teil 2 kann qualitativ noch annährend folgen, danach dominiert die unterhaltsame, aber sinnbefreite Boxer-Action. Und da Stallones Karriere aktuell im Tiefschlaf liegt, seine letzten beiden Hits „Cliffhanger“ und „Demolition Man“ datieren aus dem Jahr 1993, hat er bereits das Drehbuch zu „Rocky VI“ geschrieben. Ob der Stoff aber vor die Kamera geht, ist noch nicht entschieden. Dazu laufen aber auch Pläne für „Rambo IV“...

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