Fast Vs. Furious
Von Benjamin Hecht„Sonic The Hedgehog“ avancierte 2020 zu einem der erfolgreichsten Kinofilme des Jahres. Dabei sah es zwischendurch so aus, als könnte die Videospielverfilmung in einem Desaster enden, als das Aussehen des ikonischen SEGA-Igels im ersten Trailer bei Fans für Entsetzen sorgte. Aber dann wurde der Look des stacheligen Protagonisten in einer beispiellosen Hauruck-Aktion noch einmal vollkommen umgekrempelt – und so standen am Ende mehr als 300 Millionen weltweite Einnahmen und mehr als 1,2 Millionen Kinobesucher*innen allein in Deutschland zu Buche. Die logische Fortsetzung „Sonic The Hedgehog 2“ startet nun unter ganz anderen Voraussetzungen.
Der blaue Raser hat schließlich inzwischen bewiesen, dass er solides Blockbuster-Kino draufhat – und tatsächlich: Mit den Leinwanddebüts von Sonics bestem Kumpel Tails sowie des furiosen Widersachers Knuckles bietet auch das erneut von Jeff Fowler inszenierte Sequel kurzweilig-rasante Unterhaltung, selbst wenn der Plot den einen oder anderen unnötigen Haken zu viel schlägt.
Sonic bekommt mit Knuckles einen mächtigen neuen Gegenspieler.
Exakt 241 Tage sind vergangen, seit Sonic (Stimme im Original: Ben Schwartz, auf Deutsch: Julien Bam) die Kleinstadt Green Hills gerettet und den verrückten Wissenschaftler Dr. Robotnik (Jim Carrey) dafür durch ein Ringportal auf einen weit entfernten Pilzplaneten geschubst hat. Inzwischen probiert sich der superschnelle Igel als Superheld. Allerdings hinterlässt er bei den Versuchen, Kriminelle zu schnappen, meist eine Schneise der Verwüstung.
Ausgerechnet als Sheriff Tom (James Marsden) und dessen Ehefrau Maddie (Tika Sumpter) zu einer Hochzeit nach Hawaii aufbrechen, taucht Robotnik wieder auf und hat dazu auch noch den bärenstarken Ameisenigel Knuckles (Idris Elba) als Verstärkung mitgebracht. Gut, dass auch der Titelheld bald Unterstützung bekommt – und zwar vom smarten Fuchs Tails (Colleen O'Shaughnessey)…
„Sonic The Hedgehog 2“ macht im selben Highspeed-Tempo weiter, mit dem der Vorgänger aufgehört hat. Schlag auf Schlag landet der stachelige Dauersprinter in einer heiklen Situation nach der anderen. So beteiligt er sich mal Batman zitierend an einer nächtlichen Verfolgungsjagd, nur um dann direkt durch einen sibirischen Blizzard zu stapfen oder mit Vollspeed durch stürmische Fluten zu rasen. Bei so viel Action kommt zwar keine Langeweile auf, aber dennoch fühlt sich „Sonic 2“ mitunter etwas zäher an als sein insgesamt etwas runder erzählter Vorgänger.
Das liegt nicht nur an der rund 20 Minuten längeren Laufzeit von gut zwei Stunden, sondern auch daran, dass der menschliche Hawaii-Nebenplot deutlich mehr Raum einnimmt, als man es bei einem Sonic-Film eigentlich erwarten würde. Das familientaugliche Videospiel-Abenteuer wird so zwischenzeitlich zur Hochzeitskomödie rund um Toms Schwägerin Rachel (Natasha Rothwell), was zwar stellenweise auch ganz amüsant ist, im Mittelteil aber auch unnötig viel Schwung aus dem Film nimmt.
Die Hochzeits-Episode bremst „Sonic 2“ leider etwas aus.
Die Gag-Frequenz ist hingegen wieder gewohnt hoch. Darunter sind zwar erneut ein ganzer Haufen Rohrkrepierer – etwa wenn Sonic seinen Kontrahenten Knuckles mit einem arg erzwungenen Marvel-Zitat als Winter Soldier bezeichnet. Aber daneben gibt es eben mindestens genauso viele gelungene Pointen, die oft erst eine falsche Fährte legen und einen dann doch noch kalt erwischen. Dabei präsentiert sich vor allem Kultkomiker Jim Carrey („Dumm und dümmer“) einmal mehr voll in seinem Element.
Nach seinem Gaga-Auftritt in Teil 1 legt er diesmal schon allein optisch noch mal eine gehörige Schippe Verschrobenheit oben drauf. Als Glatzkopf mitsamt eines Schnurrbarts, der aussieht, als hätte Horst Lichter in eine Steckdose gefasst, ist er nun deutlich näher an der Videospielvorlage und es fehlt nur noch die kugelrunde Wampe, um das Erscheinungsbild perfekt zu machen. Das neue Styling hindert Jim Carrey übrigens nicht daran, dem ikonischen Schurken wieder seinen ganz eigenen Stempel aufzudrücken: Wo andere Bösewichte ihrem Wahnsinn mit einer uninspirierten, diabolischen Lache Ausdruck verleihen, schnappt sich der „Ace Ventura“-Star sein eigenes Bein und performt darauf ein Luftgitarrenriff, während um ihn herum Blitze wüten. Wenn schon durchgeknallt, dann auch richtig!
Dr. Robotnik (Jim Carrey) sieht seinem Videospiel-Pendant nun deutlich ähnlicher.
Lobenswert zu erwähnen sind auch die Action-Momente, die trotz der omnipräsenten CGI-Effekte recht haptisch und wuchtig wirken. Wenn Sonic seine Energie auflädt, dann springt der Funke auch auf den Kinosaal über – und wenn Knuckles den vergleichsweise schwächlichen Sonic mit einem Bud-Spencer-Gedächtnis-Hieb unangespitzt in den Boden rammt, dann kneift man schon mal mitfühlend die Augen zusammen.
Bei all der Action, den Witzen, den Popkultur-Zitaten und dem Hochzeits-Chaos bleibt die Beziehung zwischen Sonic und seinem Ziehvater Tom, die den emotionalen Kern des Vorgängers ausmachte, allerdings zunehmend auf der Strecke. Hier kann der sympathische, aber deutlich weniger interessante Tails, der Sonic den Großteil seines Abenteuers hinüber begleitet, leider keinen adäquaten Ersatz liefern.
Fazit: Manche Schwerpunktsetzung (Stichwort: Hawaii-Hochzeit) leuchtet zwar nicht sofort ein, aber die schrulligen Figuren, der durchgeknallte Humor und die fetzige Inszenierung machen auch das Sequel zu einem rasanten Leinwandspaß.