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    Ein Herz und eine Krone
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Ein Herz und eine Krone
    Von Andreas R. Becker

    Die ewige Stadt hat schon immer eine beeindruckende und geschichtsträchtige Hintergrundkulisse abgegeben. Selten wohl ist Rom aber wie im Falle von William Wylers klassischer Liebeskomödie „Ein Herz und eine Krone“ zum heimlichen dritten Hauptdarsteller avanciert. So wurde der gesamte Film mit Gregory Peck und der bezaubernden Audrey Hepburn, die damit ihre erste große Hauptrolle in einem US-Spielfilm ablieferte, an Originalschauplätzen und in römischen Studios abgedreht – heute fast undenkbar.

    Prinzessin Ann (Audrey Hepburn, Frühstück bei Tiffany) ist auf Staatsbesuch in Rom, hat wieder einmal eine ganze Reihe aristokratischer Pflichten auf dem Tagesplan und noch mehr Bedienstete um sich herumwuseln, die sie umhegen, umpflegen und ihr vorschreiben, was sie zu tun und lassen hat. Die junge Frau fühlt sich jedoch mehr und mehr wie im goldenen Käfig und bricht so schließlich am Abend vor einem großen Presseempfang heimlich aus, um ihren Pflichten für eine Zeit zu entrinnen. Doch sie kommt nicht allzu weit. Denn etwas später am Abend wird sie bereits von einem Beruhigungsmittel außer Gefecht gesetzt, dass ihr zuvor am Hof gespritzt worden ist, um ihren Widerwillen zu zähmen. So schläft sie schließlich erschöpft auf einer Parkbank ein. Dort gabelt sie der attraktive Journalist Joe Bradley auf (Gregory Peck, Wer die Nachtigall stört, Ich kämpfe um dich), der jedoch noch keine Ahnung hat, wer da vor ihm liegt, und sie kurzerhand zur Ausnüchterung mit in seine Wohnung schleppt. Als er am nächsten Morgen aufwacht und die Pressekonferenz der Prinzessin abgesagt wird, dämmert ihm, welchen Vogel er da gefangen hat. In der Hoffnung auf eine große Story gibt Joe vor, sie nicht zu erkennen und Ann behält ihre Identität ihrerseits für sich. Zusammen mit Joes Freund, dem Fotografen Irving (Eddie Albert, „Der längste Tag“), macht sich das Trio auf einen touristischen Streifzug durch Rom, bei dem kaum eine Sehenswürdigkeit außen vor gelassen wird. Natürlich dauert es nicht lange, bis sich romantische Gefühle unter den anfänglichen Professionalismus mischen und Joe in eine moralische Zwickmühle gerät…

    Zum Glück bleiben das Auffliegen der Identitäten und ein damit zu vermutender Streit vom Kaliber „Wie konntest Du mich so schamlos anlügen“ aus. Vielmehr haben irgendwann alle Beteiligten einander durchschaut, was sich besonders in der herrlichen Szene des „Bocca della Verità“, dem Mund der Wahrheit, zeigt. Der Sage nach wird jedem Lügner von dieser Steinmaske die Hand abgebissen, wenn er sie hineinsteckt. So zögern sowohl Joe als auch Ann, als es um diesen abergläubischen Beweis der Ehrenhaftigkeit geht. Schließlich steckt Joe seine Hand doch hinein und etwas Unerwartetes passiert. Das anschließende Entsetzen Audrey Hepburns ist an dieser Stelle angeblich nicht gespielt, weil Peck die Szene improvisiert haben soll. Als der Tag nach einigen unterhaltsamen und turbulenten Ereignissen dem Ende naht, gehen Joe und Ann wissend auseinander, ohne einander ihre oberflächliche Illusion zu rauben. So findet die Pressekonferenz schließlich einen Tag später als geplant statt und liefert ein unvermutetes, bittersüßes Ende, das den „Roman Holiday“ noch einmal von vielen seiner Genrekollegen positiv abhebt.

    Die oscarprämierte Geschichte von Drehbuchautor Dalton Trumbo dreht also den herkömmlichen Märchenspieß schlicht um: Nicht das einfache Mädchen wird zur Prinzessin, sondern der umgekehrte Fall tritt ein. Eine simple, aber wirkungsvolle Methode, die sich zuletzt wohl „Notting Hill“ ausgeliehen hat. Bis ins Jahr 1993 wurde dem bereits 1976 verstorbenen Trumbo die Ehre dieser Autorenschaft aber nicht offiziell zuteil. Zur Zeit der Veröffentlichung des Films stand Trumbo, der u.a. auch die Textgrundlage zu Kubricks Spartacus schuf, auf einer der so genannten „schwarzen Listen“ des US-Senators Joseph McCarthy, der eine beispiellose Hetzjagd auf vermeintliche Sympathisanten des Kommunismus angeführt hatte (vgl. hierzu auch Good Night, And Good Luck). So nahm den Oscar seinerzeit sein Freund Ian McLellan Hunter entgegen und erst 1993 erhielt Trumbos Ehefrau Cleo stellvertretend die hohe Auszeichnung.

    Peck und Hepburn, die ursprünglich durch Cary Grant und Elizabeth Taylor vertreten werden sollten, liefern mit den pointierten und geistreichen Dialogen und ihrem umwerfenden Charme ein wunderbares, höfliches und kultiviertes Bild ab. Audrey Hepburn, die mit diesem Film den Grundstein für ihre steile Karriere legen sollte, überzeugte das Publikum mit ihrer unvergleichlichen Elfenhaftigkeit im Reich der hollywoodschen Sexsymbole derart, dass sie postwendend den Oscar als beste Hauptdarstellerin erhielt. Gregory Peck, der im Vergleich zur ansteckenden Emotionalität seiner Partnerin ein wenig zurücksteht, entwickelt aus seiner anfänglich nicht ganz gentlemanhaften Art im Laufe des Films aber durchaus einen humorvollen und schließlich auch ehrenhaften Charakter. Immer wieder positiv erwähnt wird auch der Auftritt Eddie Alberts als Joes Freund Irving. Albert, der immerhin eine Oscar-Nominierung für seine Rolle erhielt, mimt überzeugend die Rolle des erquicklichen Sidekicks und erst zusammen mit ihm entwickeln viele Szenen und Dialoge mit Joe ihre Spritzigkeit.

    Auf gewisse Weise ist „Ein Herz und eine Krone“ für den Zuschauer genau das, was der englische Titel „Roman Holiday“ verspricht. Die vergnüglichen zwei Stunden im sonnendurchfluteten Rom erweisen sich ebenso wie für Prinzessin Ann als ein federleichter Spaziergang und ein Musterbeispiel für das romantische Starkino der 50er Jahre. Frei von Angestrengtheit, aber nicht von Niveau.

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