Mit „Equilibrium“ gelang Kurt Wimmer ein weithin übersehener, erstaunlich kraftvoller Science-Fiction-Actioner mit epischem Touch und cooler Action, der von guten Darstellern und einer mitreißenden Inszenierung zu profitieren weiß.
Im 21. Jahrhundert hat sich die Welt nach den verheerenden Auswirkungen eines dritten Weltkriegs zu einem zentralisierten Staat entwickelt. Schuld für die Kriege trägt nach allgemeiner Auffassung die menschliche Emotionalität, welche nun per Gesetz verboten und mit einem Anti-Emotionsserum unter Kontrolle gehalten wird. Die wenigen Rebellen werden von einem Elite-Orden, dem Grammaton-Cleric, unerbittlich gejagt und exekutiert. John Preston (Christian Bale) ist einer der Besten unter ihnen und dient dem Staat ohne wenn und aber. Als jedoch sein Partner die Verabreichung des Serums aussetzt und ihn Preston daraufhin töten muss, beginnen Zweifel in ihm aufzukeimen. Als er an demselben Tag eher durch Zufall ohne dieses Serum auskommen muss und so seine Gefühle wiederentdeckt, kann er seine Zweifel nicht mehr unterdrücken. Der ehemals ergebene Preston wird zum gejagten Systemgegner.
Nicht gerade große Beachtung fand der US-Totalflop „Equilibrium“ (Einspiel: 1,2 Mio Dollar) und kam in Deutschland erst gar nicht in die Kinos. Ungerechtfertigter Weise, verglichen mit einigem an Totalschund, das im selben Jahr groß raus gebracht worden ist und Massen in die Lichtspielhäuser gelockt hat. Denn „Equilibrium“ ist ein eindrückliches Erlebnis geworden, ein Film, der mitreißt und das Publikum mit dem Gefühl zurücklassen kann: Wow, was war das gerade eben?
So sind die Actionszenen erste Sahne, cool und intensiv. Musikalisch bietet der Film einen interessanten Score, der auch monumentalen Epen gut zu Gesicht gestanden hätte. Schnitt und Kameraführung können als überdurchschnittlich angesehen werden, während den Effekten und der Ausstattung das eher geringe Budget von 20 Millionen Dollar allerdings anzumerken ist. Nichtsdestotrotz ist das Beste aus den vorhandenen Möglichkeiten geholt worden und bietet „Equilibrium“ eine bemerkenswerte Schar an - an und für sich erstklassigen - Darstellern aus der zweiten Reihe Hollywoods. Allen voran Christian Bale, der eine hervorragende Performance abliefert, sich für höheres empfiehlt und hier durchscheinen lässt, weshalb viele in ihm die Idealbesetzung des Batman sehen. Sehr gut auch Angus MacFayden, Emily Watson und natürlich der immer auf einem Rollentypus festgelegte und hier lobenswerterweise gegen den Strich besetzte Sean Bean in einem kurzen Auftritt.
Allerdings ist „Equilibrium“ trotz all seiner Stärken und der überraschend hohen, vor allem inszenatorischen Qualität, kein Meisterwerk der Filmkunst oder visionärer Science-Fictioner, welcher Maßstäbe für sein Genre und die Allgemeinheit setzen könnte. Zu groß sind die Logiklöcher, zu platt manchmal die Aussage, welche sich bemüht anspruchsvoll und philosophisch gibt, ohne wirklich in die Tiefe zu gehen. Einen gewissen Anspruch, vor allem moralischer Art, ist dem Film zwar nicht abzusprechen, auch entwickelt sich die Geschichte erstaunlich konsequent, trotzdem wirkt „Equilibrium“ eher wie ein Actionfilm, denn ein Science-Fiction-Drama.
„Equilibrium“ weist auch westernähnliche Qualitäten auf, vor allem gegen Ende, als Christian Bale einen wahrlich furiosen (Rache)-Feldzug gegen das Böse antritt. Die Thematik erscheint auf den ersten Blick ziemlich weit hergeholt, andererseits ist es mit der Gefühlskälte in dieser modernen Welt durchaus beängstigend bestellt. Dank intelligenter Kniffe und der passenden musikalischen Umrahmung wird der Zuschauer emotional berührt und kann das Werk subjektiv als anspruchsvoller empfinden, als er tatsächlich ist. „Equilibrium“ ist ein tragischer Actionfilm, ein harter und konsequenter. Ein Werk, das sich vor Genrevertretern nicht zu verstecken braucht und gerade in Sachen Kampfchoreographie erstaunlich Innovatives zu zeigen weiß. Unglaubwürdig mag die ganze Sache wohl sein, spannend und unterhaltsam ist er jedoch ohne Abstriche.