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    Tatort: Schlangengrube
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Tatort: Schlangengrube
    Von Lars-Christian Daniels

    Der letzte Auftritt von Tessa Mittelstaedt („Morden im Norden“) als Assistentin Franziska Lüttgenjohann im „Tatort“ aus Köln brannte sich nachhaltig ins Gedächtnis vieler Fernsehzuschauer: In Dror Zahavis spannendem „Tatort: Franziska“, der wegen der vergleichsweise drastischen Gewaltdarstellungen erst um 22 Uhr ausgestrahlt werden durfte, wurde die langjährige Kollegin der beliebten Hauptkommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) in einer Haftanstalt brutal mit einem Kabelbinder erdrosselt. Gut vier Jahre nach diesem aufwühlenden Abgang ist Mittelstaedt nun erneut in einem Fadenkreuzkrimi des Westdeutschen Rundfunks mit von der Partie: In Samira Radsis „Tatort: Schlangengrube“ spielt sie in einer etwas kleineren Rolle eine Gegenspielerin von Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann), die nach dem Mord an ihrer Nachbarin unter Tatverdacht gerät. Ansonsten gibt es in dieser seichten Krimikomödie allerdings nur wenig Aufregendes zu vermelden: Der nach wie vor megapopuläre „Tatort“ aus Münster ist im Hinblick auf Spannung und Originalität nur noch ein Schatten früherer Tage.

    Die krebskranke Patrizia Merkens (Lilia Lehner) liegt tot in ihrer Wohnung – ist aber keines natürlichen Todes gestorben. Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) und seine Assistentin Silke „Alberich“ Haller (Christine Urspruch) diagnostizieren tödliche Verletzungen durch einen Sturz und Einstichlöcher in der Bauchdecke, durch die offenbar Gift injiziert wurde. Die Nachforschungen führen Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und seine Kollegin Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter) zu Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann), die mit der Toten im Clinch gelegen hatte. Die ehrgeizige Staatsanwältin Ungewitter (Tessa Mittelstaedt), mit der sich Klemm ebenfalls nicht versteht, bittet die Kommissare um Ermittlungen ohne jeden Vorbehalt. Eine Spur führt in den Zoo von Direktor Dr. Schönweis (Felix Vörtler): Merkens war dort Stammgast. Während Thiel undercover der Tierpflegerin Henny Neubert (Julischka Eichel) und dem Tierarzt Dr. Gremlich (Dirk Martens) auf den Zahn fühlt, widmet sich Boerne der Gourmetküche: TV-Produzent Dr. Richard Stockmann (Robert Hunger-Bühler) hat ihm eine Rolle in einer Kochshow angeboten. Er ist zugleich ein Förderer des Filmemachers Henry Schlör (Thomas Arnold), der im Zoo ein Projekt realisiert...

    13,3 Millionen. 14,5 Millionen. 12,9 Millionen. Das sind die beeindruckenden Einschaltquoten der letzten drei „Tatort“-Folgen aus Münster und damit drei schwerwiegende Argumente dafür, warum der WDR mit seinem zweifellos etwas in die Jahre gekommenen Konzept auch 16 Jahre nach dem Debüt der beiden Kult-Ermittler noch immer goldrichtig liegt. Warum sollte man schließlich etwas ändern, wenn der Zuschauer das sehen will, was er auch beim 33. Fall von Thiel und Boerne wieder serviert bekommt? Zwei mühsam zusammengeschusterte und realitätsferne Handlungsstränge, die am Ende erwartungsgemäß zusammenlaufen, die immer seltener witzigen Frotzeleien zwischen Boerne und seiner Assistentin „Alberich“, die stets bemühten Reibereien zwischen Thiel und seinem kiffenden „Vaddern“ Herbert (Claus D. Clausnitzer), mit dem er diesmal eine Radtour – natürlich ins Coffee-Shop-Paradies Amsterdam – geplant hat, müde Wortwitzchen („Nicht Shoppingstraße! Chopinstraße!“) und natürlich ein neues Hobby, an dem sich Boerne ohne eine Chance zur Peinlichkeit auszulassen versuchen darf: Nach der Aktionskunst im „Tatort: Gott ist auch nur ein Mensch“, dem Jagen im „Tatort: Fangschuss“ und dem Paartanz im „Tatort: Ein Fuß kommt selten allein“ (um nur die drei letzten zu nennen) geht Boerne diesmal eben unter die Gourmetköche.

    Regisseurin Samira Radsi („Die Füchsin - Die Spur auf der Halde“), die ihr Debüt für die beliebteste deutsche Krimireihe gibt, arrangiert eine seichte und über weite Strecken gähnend langweilige Krimikomödie aus der Feder der Drehbuchautoren Jan Hinter und Stefan Cantz, die als Erfinder der „Tatort“-Folgen aus Münster gelten und nach deren Geschichte man einmal mehr die Uhr stellen kann. Da darf die obligatorische zweite Leiche nach einer Stunde ebenso wenig fehlen wie der heitere Schlussakkord, um den Zuschauer sanft in die Sonntagnacht zu entlassen – wirklich originelle Szenen lassen sich dagegen an einer Hand abzählen. Doch es gibt sie: Currywurst-Fan Thiel hätte man wohl kaum zugetraut, Boernes Gerichte mit entscheidenden kulinarischen Tipps zu vergolden – und auch der standesgemäße Showdown, der angesichts der spektakulären Aquarienkulisse als Verweis auf den 70er-Jahre-Klassiker „James Bond 007: Der Spion, der mich liebte“ mit Unterwasser-Bösewicht Karl Stromberg (Curd Jürgens) gewertet werden darf, zählt zumindest visuell zu den Highlights in dieser ansonsten enttäuschenden „Tatort“-Folge.

    Auch die Schauspieler sind nur Gefangene des einfallsarmen Drehbuchs und der Aneinanderreihung der humorvollen Dialoge, die den Fall angesichts der unzähligen Nebenschauplätze und der vom Stammpublikum sehnlich erwarteten Standardgags („Alberich, jetzt reden Sie doch nicht länger, als Sie selber sind!“) mehr schlecht als recht zusammenhalten: Tessa Mittelstaedts engagierter Auftritt als überzeichnete Staatsanwältin mit seltsamer 80er-Jahre-Frisur verkommt zum reinen Selbstzweck, während sich Thomas Arnold (bis Februar 2018 regelmäßig als Rechtsmediziner im „Tatort“ aus Dortmund zu sehen) als zu Zoo-Soaps gezwungener Dokumentarfilmer zumindest etwas Charisma erarbeitet. Unter dem Strich ist dieser mit einem harmlosen Dudel-Soundtrack vertonte „Tatort“ aus Münster aber auch aufgrund der vielen Tierszenen so nah an kitschiger Familienunterhaltung á la „Unser Charly“ oder „Hallo Robbie!“ und am öffentlich-rechtlichen Vormittagsprogramm mit eben jenen Zoo-Soaps wie nie zuvor: Am Ende darf sogar noch eine putzige Pinguindame gerettet werden. Filmpreise wird der WDR mit diesem „Tatort“ nicht gewinnen – die Herzen der eingefleischten Fans von Thiel und Boerne aber wohl schon.

    Fazit: Samira Radsis „Tatort: Schlangengrube“ ist eine Krimikomödie nach altbewährtem Rezept und bietet statt Spannung und cleveren Wendungen drollige Tieraufnahmen und abgegriffene Gags.

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