Auch die Billig-Variante enttäuscht
Von Lutz GranertKaum eine andere mittelalterliche Sage wurde so oft fürs Kino adaptiert wie die um Robin Hood, die seit ihrem Aufkommen im 15. Jahrhundert immer wieder weiter- und umgedichtet wurde. Die Bandbreite der Verfilmungen reicht dabei von Soft-Erotik wie „Robin Hood und seine lüsternen Mädchen“ über eine fröhliche Disney-Zeichentrickfabel bis hin zu einem wuchtig-realistischen Mittelalter-Epos unter der Regie von Ridley Scott. Beinahe zeitgleich zum Kinostart des wenig überzeugenden Big-Budget-Spektakels „Robin Hood“ von Otto Bathurst, der die Sage mit Taron Egerton und Jamie Foxx als postmodernes Action-Abenteuer neu interpretiert, erscheint mit „Robin Hood – Der Rebell“ eine ungleich schmaler budgetierte Neuverfilmung des Stoffes auf DVD und Blu-ray. Einen „actionbepackten Mix aus ‚The Raid‘ und ‚Stirb langsam‘ in einer Burg“ verspricht der offizielle Twitter-Account zum Film. Aber abgesehen davon, dass die Ankündigung eines „‚Stirb langsam‘ in einem *hier beliebigen Ort einfügen*“ eh längst zum Internet-Meme verkommen ist, hat der so kraftmeierisch angepriesene Historien-Actionfilm des britischen Genre-Regisseur Nicholas Winter („Transhuman“) neben vielen zähen Dialogen und unspektakulären Schlachtszenen lediglich ein paar wenige gelungene Trash-Momente zu bieten.
England im 12. Jahrhundert: Der grausame Sheriff von Nottingham (James Oliver Wheatley) hat die Macht an sich gerissen und unterjocht brutal die Bevölkerung. Der von den Kreuzzügen zurückgekehrte Robin Hood (Ben Freeman) hat in einem Versteck im Sherwood Forest eine Gruppe von Gesetzlosen um sich versammelt und leistet tapfer Widerstand. Als es einem kleinen Trupp des Sheriffs um Guy von Gisborne (James Groom) gelingt, Robins Geliebte Lady Marian (Marie Everett) und den Jungen Much (Charlie Hiett) in ihre Gewalt zu bringen, planen Robin und seine Gefolgsleute eine riskante Befreiungsaktion. Nachdem sie zunächst unbemerkt auf die Burg des Sheriffs gelangen können, beginnt dort ein alles entscheidender Kampf um Leben und Tod...
Tatsächlich weist „Robin Hood – Der Rebell“ dadurch, dass zwei Filmdrittel ausschließlich auf der Burg des Sheriffs spielen, zumindest eine Fünkchen Originalität auf (selbst wenn diese Entscheidung wohl eher aus Budgetgründen getroffen wurde). Aber das war es dann auch schon mit den interessanten Einfällen in diesem in Sepiatöne der Marke Handyfilter getauchten Szenario: Regisseur und Drehbuchautor Nicolas Winter versagt nämlich in beiden Funktionen gleichermaßen! Spannung oder Tempo nimmt die in Südwales gedrehte Low-Budget-Produktion trotz der Konzentration auf den einen Handlungsort nie wirklich auf. Die dünne Story versickert irgendwo zwischen unzähligen zähen Durchhalteparolen und Kampfansagen. Die unübersichtlich geschnittenen, komplett unblutigen Schwertkampf-Actionszenen setzen immer wieder auf dieselben simplen Choreographien und geraten deshalb kaum weniger ermüdend als die hölzernen Dialoge.
Immerhin sorgen einige unfreiwillig komische Elemente für etwas Erfrischung. James Oliver Wheatley („Burn Country – Fremd im eigenen Land“) ließ sich offenbar von Alan Rickmans Performance in „Robin Hood – König der Diebe” inspirieren – und legt bei seiner Verkörperung des Sheriff von Nottingham in Sachen Schmierigkeit und Sadismus nun sogar noch eine Schippe drauf. Wie er eine komplett angezogene (!) Kollaborateurin von Robin Hood in seinen Gemächern missbraucht oder zu sadistischen Drohungen diabolisch seinen mit Lady Marians Blut besudelten Handschuh ableckt, ist dermaßen plump überzeichnet, dass man laut losprusten möchte.
Ähnlich campy agiert der massige Ex-Bodybuilder Martyn Ford, der aktuell auch in einer Nebenrolle in der DVD-Premiere „The Marine 6: Das Todesgeschwader“ zu sehen ist. Als mies gelaunter, kahlköpfiger Kampfkoloss Brimstone räumt beziehungsweise wirft er als Mann fürs Grobe alle good guys aus dem Weg – inklusive Robin Hood selbst, der sich nach einem Kampf auf der Balustrade plötzlich am unteren Ende der Schlossmauer wiederfindet. Eine von gleich mehreren Szenen, in denen der unkaputtbare Titelheld irrtümlich für tot gehalten wird, bevor er dem Sheriff das nächste Schnippchen schlägt. Diese Trash-Zutaten sind jedoch zu wenig, um selbst den geneigten Direct-to-DVD-Zuschauer mit dieser x-ten Verfilmung der Hood-Sage noch hinter dem Ofen hervorzulocken.
Fazit: Nicholas Winter tut mit seiner DVD-Premiere „Robin Hood – Der Rebell“ niemandem einen Gefallen. Der im Fahrwasser vom ungleich höher budgetierten Big-Budget-Kinofilm „Robin Hood“ veröffentlichte Rachethriller enttäuscht mit einfallslosen Actionchoreographien und bietet nur hin und wieder unfreiwillig komische Momente.