Noch komplexer als "Avengers 4"
Von Asokan NirmalarajahBeim 22. (!) Spielfilm einer populären Kinoreihe drängt sich zwangsläufig die Frage auf, ob man als Zuschauer der Handlung noch folgen kann, ohne die 21 vorangegangen Filme gesehen zu haben. Dieser Umstand hielt „Avengers: Endgame“ jedoch nicht davon ab, binnen weniger Wochen zum kommerziell zweiterfolgreichsten Kinofilm der Geschichte zu avancieren. Nun kommt ein weiterer 22. Film einer Reihe in die deutschen Kinos: Der japanische Anime-Mystery-Krimi „Detektiv Conan - The Movie 22 - Zero der Vollstrecker” von TV-Regisseur Yuzuru Tachikawa setzt dabei sogar auf noch komplexere (!) Verbindungen und Anspielungen zum Rest seines fiktiven Universums als das jüngste MCU-Highlight.
„Detektiv Conan“-Fans werden die vielen Zitate mit Sicherheit begeistert aufsagen, aber auch nicht ganz so bewanderte Kinogänger müssen nicht verzagen. Denn erfreulicherweise braucht es keine vertiefte Kenntnis der unzähligen Mangas, TV-Serien, Videospiele und der 21 vorherigen Filmen, um dem jüngsten Fall des geschrumpften Ermittlers folgen zu können. Allerdings ist die Mystery-Krimi-Geschichte auch bei weitem nicht so clever wie in den besten Vorgängern, sodass nur dank der einmal mehr spannenden und charmanten Figuren trotzdem noch ein zumindest durchschnittlicher Film dabei herausgekommen ist.
Der geschrumpfte Detektiv Conan ist längst einer der erfolgreichsten Anime-Helden überhaupt.
Conan verbringt den Nachmittag mit seinen Freunden, als im TV über das mega-moderne Gebäude Edge Of Ocean im Herzen von Tokyo berichtet wird. 22.000 Polizisten sollen sich dort bereits aufhalten, um alles für ein internationales Gipfeltreffen vorzubereiten. Doch dann kommt es zu einer mysteriösen Explosion. Als Hauptverdächtiger für den Anschlag gilt Privatdetektiv Kogoro, der aber seine Unschuld beteuert. Natürlich fängt Conan umgehend an, Beweise zu suchen, um seinen früheren Weggefährten zu entlasten. Dies führt ihn zurück zu einem alten, noch immer ungeklärten Fall …
Zuverlässig wie ein Uhrwerk kommt in Japan seit 1997 im April jedes Jahres ein neuer Anime der „Detektiv Conan“-Reihe in die Kinos - und die Fans zeigen noch immer keine Müdigkeit. Ganz im Gegenteil: Der kommerzielle Erfolg nimmt sogar noch zu! „Zero der Vollstrecker“ überbot erneut die Zuschauerzahlen des Vorgängers, wurde so zum erfolgreichsten Teil der Reihe und sogar zu einem der bis dato zehn erfolgreichsten Animes überhaupt in den japanischen Kinos. Diese Zahlen belegen zwar, wie die Popularität der Marke immer weiter wächst, sind aber natürlich nicht automatisch auch ein Indiz für eine steigende Qualität. Stattdessen wirkt der 22. Film eher wie eine unnötig aufgeblasene Folge der in Deutschland auf ProSieben Maxx ausgestrahlten „Detektiv Conan“-Animationsserie.
Dabei nehmen die Macher auch weniger kundige Zuschauer erst einmal mit und zeigen ihnen, warum die Reihe so faszinierend und beliebt ist. Zu Beginn gibt es eine hilfreiche Recap-Sequenz, in der man erfährt, wie es eigentlich dazu kam, dass Conan auf die Größe eines Kindes geschrumpft wurde, wer dahintersteckt, wer seine Freunde sind und was bisher alles so geschah (zumindest soweit es für die weitere Handlung wichtig ist). Dabei steht vor allem die mysteriöse Figur des Rei Furuya im Vordergrund. Der war unter dem Namen Bourbon bereits für einige von Conans Erzfeinden (wie die „Schwarze Organisation“) tätig, hat dabei aber so oft seine Allianzen gewechselt, dass einem leicht schwindelig werden kann. Dieses Intro verdeutlicht zugleich auch noch einmal den eigentlichen Grund für die Popularität von „Detektiv Conan“, schließlich sind Furuya, Conan und Co. unglaublich interessante Figuren. Nur wird dieses Pfund in „Zero der Vollstrecker“ kaum ausgespielt.
Gerade Conan wird in der unglaublich schleppenden, mit viel zu viel Exposition vollgestopften ersten Hälfte fast schon zu einer Randfigur. Das Potenzial der eigentlich ziemlich spannenden Geschichte wird dann auch erst deutlich, wenn der clevere Knabe in der zweiten Filmhälfte mit seinen Nachforschungen so richtig loslegt. Hier nimmt die Detektiv-Story endlich an Fahrt auf, nur damit sich die Macher sofort wieder ihrer Stärken berauben, wenn sie Conan vor immer größeren Explosionen in aufwendig gestalteten, aber trotzdem billig wirkenden CGI-Sequenzen davonrennen lassen. Dabei erlebt der Mini-Sherlock mit umso größerem Gerechtigkeitssinn seine spannendsten Abenteuer doch gerade, wenn er einen Kriminalfall akribisch rekonstruieren und kongenial auflösen darf. Auch weil gerade das viel zu kurz kommt, ist „Zero der Vollstrecker“ nur ein durchschnittliches „Detektiv Conan“-Abenteuer.
Fazit: Natürlich ist der 22. Film der „Detektiv Conan“-Kinoreihe ein Muss für Fans. Die Figuren sind einfach weiterhin super-sympathisch, das gesamte Mystery-Universum macht noch immer mächtig Spaß. Doch abgesehen davon bietet „Zero der Vollstrecker“ einen der weniger cleveren Fälle des Meisterdetektivs.