Vor einigen Jahren ging eine Geschichte über McKamey Manor, der nach Aussage des Anbieters furchterregendsten Horrorhaus-Experience der Welt, groß durch die Medien. Eine Kundin verklagte die Veranstalter wegen emotionaler und physischer Schäden, die sie davongetragen habe, als die Mitarbeiter von McKamey Manor sie – wie bestellt – geschlagen und gefoltert haben. Die damals veröffentlichten Videos und Bilder der Tortur haben es wirklich in sich. Trotzdem umfasst die Warteliste des Hauses Tausende interessierte Horrorfans, die sich freiwillig in die Rolle eines Psychopathenopfers begeben wollen.
Auch in Preston DeFrancis‘ Langfilmdebüt „Ruin Me“ geht es nun um eine solche buchbare Real-Life-Horrorerfahrung – und die weitreichende juristische Verzichtserklärung, die jeder Teilnehmer am Startpunkt bei einer heruntergekommenen Tankstelle (wo so viele Horrorfilme ihren Ausgang nehmen) unterzeichnen muss, deutet auf ähnlich heftige Gruseltaktiken wie in McKamey Manor hin. Aber zumindest diese Befürchtung ist unbegründet.
Stattdessen erweist sich das als Ultimate Horror Movie Experience beworbene Slasher Weekend zunächst mal als Dschungelcamp-Variante mit Horroreinschlag: Die sechs Teilnehmer müssen im Wald zelten und Rätsel lösen, nur dass im Unterschied zum RTL-Quotenhit hier auch immer wieder blutige Utensilien wie „abgetrennte Finger“ als Clous zum Einsatz kommen. Es gibt sogar einen Signal-Satz für Aufgabewillige, nur müssen die Aussteiger hier nicht „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“, sondern „Aloha, willkommen auf Hawaii“ rufen...
Das Horrorwochenende beginnt ganz bodenständig irgendwo an einer Landstraße – nachdem sich die Teilnehmer aus einer Mülltonne Rucksäcke mit Wanderutensilien und einigen Spezialgegenständen wie einer Pistole mit zwei Patronen oder einem Kondom gefischt haben, wird erstmal losgestapft, bis an Abzweigungen erste Rätsel gelöst werden müssen. Das ist tatsächlich angenehm unspektakulär, denn das Slasher Weekend entpuppt sich hier eben nicht als Hightech-Superveranstaltung, bei der wie in Hollywood alles möglich ist, sondern als glaubhafter Gruseltrip, den sich ein paar gelangweilte Horrorfans als Wochenendunterhaltung tatsächlich leisten könnten.
Die Rätsel hätten dabei ruhig noch ein bisschen cleverer sein oder einen stärkeren Horrorfilmbezug haben können, aber okay. Auch die kleinen Streitereien zwischen den unterschiedlich motivierten Teilnehmern, von denen einige einfach nur Spaß haben und andere unbedingt „gewinnen“ wollen, sind jetzt nichts Besonderes, erfüllen aber zumindest ihren Zweck. Zu diesem Zeitpunkt freut man sich noch auf einen soliden Slasher mit innovativer Prämisse und hoffentlich stimmig-überraschender Auflösung.
Gerade als immer stärker die Frage in den Vordergrund rückt, ob das alles tatsächlich zum Spiel gehört oder ob da nicht vielleicht doch ein echter Killer sein Unwesen treibt, schlägt „Ruin Me“ plötzlich einen Haken ins Surreale: Die Ex-Süchtige Alex (Marcienne Dwyer) erwacht plötzlich an ihren Ex-Freund Jared (Sam Ashdown) gefesselt am Strand. Statt die sich langsam auszahlende Nur-ein-Spiel-oder-doch-grausame-Realität-Prämisse weiterzuverfolgen, gibt es plötzlich eine an die „Saw“-Reihe gemahnende Episode, die nicht nur wegen des erkennbar zu niedrigen Budgets wenig glaubhaft geraten ist.
Ab diesem unnötigen Abstecher ans Meer ist die Luft dann auch irgendwie raus – und wenn der Plot schließlich zum eigentlichen Slasher Sleepover zurückkehrt, nimmt man die folgenden Wendungen nur noch mild interessiert zur Kenntnis. Zumindest bis zur großen Schlusspointe, die man zwar durchaus kommen sehen kann, die aber trotzdem nicht überzeugt, weil zum einen die Schauspieler an dieser Stelle versagen und das Finale auch darüber hinaus nicht sonderlich intensiv geraten ist. Wahrscheinlich wäre es sogar spannender gewesen, die Teilnehmer einfach nur bei ihrem gebuchten Rätsel-Gruselwochenende ohne die ungeplanten Zwischenfälle zu begleiten.
Fazit: Während zumindest Fans von Schnitzeljagden, LARPs oder Escape Rooms die erste Hälfte von „Ruin Me“ sicherlich zu schätzen wissen werden, machen sich Preston DeFrancis und seine Co-Autorin Preston DeFrancis anschließend mit einer schwachen „Saw“-Reminiszenz am Strand und einer wenig überzeugenden Auflösung eine Menge wieder kaputt.