Es ist ja oftmals so, dass der Aufwand für einen Film im umgekehrten Verhältnis zu seinem Wert steht: low budget-Produktionen machen das Rennen, aufwändige Blockbuster schmieren ab. Hier gilt dieses Gesetz nicht.
Inspiriert von der Flucht ihrer Urgroßeltern aus Odessa kreierte die Künstlerin Florence Miailhe diesen Animationsfilm über zwei Geschwisterkinder auf der Flucht. Beginnend mit Skizzen für den ganzen Film auf einer Kassenzettelrolle, sollte der Entstehungsprozess für den abendfüllenden Film zehn Jahre dauern! In intensivster Kleinarbeit schufen Künstlerinnen aus Frankreich, Prag und Leipzig Bild für Bild (20.000 Bilder, ein jedes brauchte im Schnitt 20 Minuten) dieses Unikat. Dabei malten sie in mehreren Ebenen auf Glasscheiben, die über dem Hintergrund angebracht waren - das gesamte Bild wurde von oben fotografiert. Die Stile der Bilder erinnern mich durchweg an große Maler des 20. Jahrhunderts (obiges z.B. an den frühen Picasso).
All das muss nichts heißen, garantiert noch keinen runden Film. Das eigentliche Wunder an Die Odyssee ist, dass offenbar nie das Große Ganze aus dem Auge verloren wurde, nämlich die Magie und Leichtigkeit einer wirkungsvollen Erzählung (im Deutschen spricht Hanna Schygulla aus dem Off; eine gute Wahl). Diese Geschichte einer Flucht, während derer aus Kindern Erwachsene werden, ist voller Schmerz und Weisheit, der Ton durchweg zart (ebenso die Vertonung in Sachen Geräusche, SprecherInnen, Musik), der Schnittrhythmus perfekt. Gelegentlich fallen Sätze, die man mitnehmen möchte in sein Leben (beispielsweise "Um durchzukommen, musst du die Grautöne sehen").
Ich bin nach einer Weile so bedingungslos in diese andere Wirklichkeit hineingefallen, dass es überhaupt keinen Unterschied mehr machte, ob sie real oder gezeichnet war. Für mich ist Die Odyssee ein großer und wichtiger Film, einer, den man nicht vergessen wird. Zu genießen auf großer Leinwand!
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