Die hilfreichsten KritikenNeueste KritikenUser mit den meisten KritikenUser mit den meisten Followern
Filtern nach:
Alle
sieglinde P.
9 Follower
39 Kritiken
User folgen
3,5
Veröffentlicht am 4. April 2018
Lars Kraume, Jahrgang 1976, in Italien geboren und in Frankfurt/M aufgewachsen, ist ein Regisseur der mit seinem Film „Der Staat gegen Fritz Bauer“ (2015) gezeigt hat, dass er mit historischen Stoffen sehr gut umgehen kann. Der Film wurde mit zwei Preisen – Günter Rohrbach Filmpreis und Deutscher Filmpreis in der Kategorie Beste Regie – ausgezeichnet. Jetzt hat er sich erneut mit einem Stück Vergangenheit aus der Geschichte der DDR befasst und daraus einen mehr als ansehnlichen Film gemacht. Grundlage zu dieser Verfilmung ist das Tagebuch von Dietrich Garstka, einem der 19 Schüler, die sich gegen den Staatsapparat der DDR 1956 gestellt haben. 1956, Kurt (Tom Gramenz) und Theo (Leonard Scheicher) aus Stalinstadt, fahren jedes Jahr nach West-Berlin an das Grab von Theos Opa. Dabei nutzen sie die Gelegenheit und schleichen sich in ein Kino. Die Wochenschau zeigt die ersten Bilder vom Aufstand in Ungarn. Wieder in Stalinstadt zurück kommen sie spontan auf die Idee sich solidarisch mit den Aufständischen zu zeigen, und halten eine Schweigeminute ab. Diese Geste kommt bei ihren Lehrern gar nicht so gut an und zieht unerwartet weite Kreise. Während ihr Direktor (Florian Lukas) das Ganze als Jungenstreich ansieht, geraten sie in die politischen Mühlen der noch jungen DDR. Die Sonderbeauftragte Frau Kessler (Jördis Triebel) wird auf die Klasse angesetzt um die Rädelsführer dieser Konterrevolution zu ermitteln. Doch die Klasse hält zusammen. Selbst der Volksbildungsminister Lange (Burghart Klaußner), der sich ebenfalls einschaltet, schafft es nicht die Jugendlichen zu einem Verrat zu verleiten. Ein sehr emotionaler Film über eine wahre Geschichte deutscher Vergangenheit. Mit einer Schar hervorragender, junger Schauspieler besetzt und überzeugend inszeniert. 111 Minuten – eine packende Geschichte über den Mut einzelner
"Das schweigende Klassenzimmer" - ein authentischer, meisterhaft inszenierter Film. Ich bin 1957 nach dem Abitur 18-jährig und allein aus der DDR geflohen. Wenn die Süddeutsche Zeitung in ihrer Kritik das Ende des Films als zu melodramatisch beurteilt, kann ich nur entgegnen: Völlige Ahnungslosigkeit. Diese Abschiedsszene habe ich genauso tränenreich erlebt. Die Familie und man selber wußte nicht, wie wird es weitergehen? Wird die Familie drangsaliert werden? Werden wir uns überhaupt noch einmal wiedersehen? - Ich habe den Film mit meiner Familie angesehen. Einhellige Meinung: Das war der beste deutsche Film, den ich bisher gesehen habe. - Meine Enkelin meinte: So einen Film sollte die Schule einmal zeigen. Ich gratuliere Herrn Kraume und seiner gesamten Filmcrew zu diesem Meisterwerk. Gisela Aeckerlein
Jung und frei im Stasi-Staat, das muss ja zu Problemen führen. Dramaturgisch ist in Lars Kraumes Geschichtskino manches ein wenig obligatorisch - zum Beispiel der potentielle Verräter mit krummer Familiengeschichte und die Dreiecksbeziehung zwischen gewissen Schülern, was natürlich zusätzlich für schwankende Loyalität und Spannungsaufbau sorgen soll. Dabei hat der sonst recht ansprechend inszenierte Film so etwas eigentlich gar nicht nötig.
Denn die zum Zeitpunkt der Handlung noch sehr junge DDR beginnt sich hier sichtbar zu einer repressiven Angelegenheit zu entwickeln. Noch immer an den Sozialismus glaubende Führungspersönlichkeiten wie Lehrer, Direktor, Minister und ihre Handlanger scheuen sich nicht mehr, die ach so menschliche Ideologie mit Zwang und Drohungen durchzusetzen. Fehler? So etwas hat das System nicht. Und wenn die ungarischen Nachbarn gegen Hunger und Sowjetpanzer auf die Straße gehen, dann darf das einfach nicht an hausgemachten Patzern liegen. Nur drei Jahre zuvor hatte der Osten des geteilten Deutschlands seinen eigenen Aufstand aus ähnlichen Gründen.
Entgegen der Annahmen der Obrigkeit sind es nicht unbedingt politische Motive, die die Schüler zu ihren Taten antreiben. Jugendliche Leidenschaft eher, die die ganze Bande auch zum Westradiohören ins Haus von Edgar (Michael Gwisdek), dem schwulen Großonkel des Mitschülers Paul, treibt. Ein bisschen Auflehnung, schon weil man sich nicht herumkommandieren lassen will. Doch als es zu Zersetzungsmaßnahmen und angenehmen Folgen kommt, zeigt sich wahrer Zusammenhalt. Überhaupt beweisen die Schüler am Ende trotz mancher dramaturgisch notwendigen Uneinigkeit mehr Mut, als man so manchen Duckmäusern in den oberen Etagen nachsagen kann.
Zum Glück begeht Kraume nie den Fehler, nur heldenhaften Idealismus auf eindimensional gezeichnete "graue Herren" treffen zu lassen. Menschen wie Volksbildungsminister Lange und Schuldirektor Schwarz haben eine oft berechtigte Vorgeschichte und die Eltern der "Rädelsführer" rufen nicht ohne Grund zur Vernunft auf. Denn wer nicht mehr ganz so jung ist, hat bei einer Kraftprobe mit dem Staat möglicherweise mehr zu verlieren als er sich leisten kann.
Ein vielschichtiges Porträt eines eskalierenden Konflikts, das durch seinen stetigen Spannungsaufbau oft genug davon ablenkt, dass es Szenenbild und Ausstattung mit dem historischen Kontext nicht allzu genau nehmen. Aber das dürfte nur Insidern auffallen.
Was könnte man bemängeln? Vielleicht ist der Film die erste halbe Stunde ein bisschen zu zäh. Vielleicht passt Florian Lucas als Schuldirektor nicht so richtig. Das sind aber, wenn überhaupt nur Nuancen, die man vielleicht bemängeln könnte. Ansonsten ist der Film sehr überzeugend. Dass die wahre Begebenheit der Buchvorlage (Dietrich Garstka) von Storkow nach Stalinstadt (das heutige Eisenhüttenstadt) verlagert wurde, hat vor allem architektonische Gründe. Storkow hat sich mittlerweile mächtig verändert, Eisenhüttenstadt hängt da noch ein bisschen hinterher. Handwerklich, geschichtlich und vor allem schauspielerisch ist der Film Spitzenklasse. Habe mir so manch eine Kritik der „Fachpresse“(?) durchgelesen und konnte bei vereinzelten Negativ-Kommentaren nur mit dem Kopf schütteln. Vor allem die Kritik von Matthias Dell (bei „Spiegel-Online“), der vom Film überwiegend enttäuscht ist, die Geschichte als „Zeitgeschichtsquark“ verurteilt und von „tausendmal gesehenen Inszenierungsstandards“ sprach, macht mich fassungslos. Leider hatte der Film bei der Filmpreisverleihung 2018 gegen den medial hochgepushten „Aus dem Nichts“ keine Chance, was mich ein bisschen ärgert, wozu ich mir aber jeglichen Kommentar spare. Der Film ist nur zu empfehlen, vor allem aus historischer Sicht, weil im Osten eben doch so manches anders war als viele es sich vorstellen können (auch vor dem Mauerbau) und der Film genau das auf den Punkt darstellt. Für Filmfreunde ein Muss, vor allem die zweite Filmhälfte ein dramaturgischer Genuss.
Das ist natürlich ein Titel den man aus der heutigen Zeit nahezu ungläubig schaut: eine Handvoll Schüler zeigen freies Denken und begehen einen völlig harmlosen Protestakt der es aber nach sich zieht daß ihr ganzes Leben den Bach runtergeht und in furchtbaren Folgen für alle Enden könnte. So dramatisch die Lage auch für die Figuren sit, so unscheinbar ist der Film, zumindest in seiner Aufmachung. So gesehen gibt’s ja kaum mehr als eine Handvoll Jugendlicher die in größtenteils Klassenzimmerszenen oder auch in kleinen Hinterkammern reden. Aber es ist eine unglaubliche Bedrohung in der Luft und der Druck lastet mehr und mehr auf den Figuren – und wird für die Zuschauer ebenso langsam spürbar. Die unglaublichen Folgen einer kleinen Geste resultieren in einem hoch spannenden Drama das noch dadurch verstärkt wird daß es eine wahre Geschichte ist.
Fazit: Schülerdrama das zum Polithriller wird – sehr hart und mit stetig steigender Spannung!
Etwas zu glatt inszeniert. Der Film kommt eher als konventionelles Fernsehdrama daher und erzählt diese Begebenheit in der frühen DDR, ohne dass sie in letzter Konsequenz wirklich authentisch erscheint. Schade, da war mehr möglich, so nur annehmbar+
Ein wunderbarer Film, der Einblicke in die Zeit der jungen DDR gibt. Die Leistung der Jungschauspieler, Jonas Dassler, Leonard Scheicher, Tom Gramenz beeindrucken. Auch Michael Gwisdek ist die Rolle auf den Leib geschrieben. DIe Wandlung eines unbedarften, lustigen Spaßvogels zu einem jungen Mann, der den Ernst des Lebens kennengelernt hat, sehr emotional. Sehenswert!!
Großartiger Film mit tollen Schauspieler. Lars Kraume hat mal wieder sein Gespür für die Inszenierung deutscher Geschichte bewiesen. Herausgekommen ist ein berührender und spannender Film über Zivilcourage und Zusammenhalt in der DDR!