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Michael S.
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4,0
Veröffentlicht am 1. Januar 2017
Wie schon den beiden Vorgängern kann man diesem Film ästhetisch fast nichts vorwerfen. Die Landschaften sind weit, die Städte dreckig, Kostüme und Maske exzellent und auch die Kamera gaukelt uns immer wieder vor, einen Kinofilm zu sehen, der aus Versehen im Fernsehen gelandet ist. Erzählerisch gibt sich das Drehbuch sogar noch etwas anspruchsvoller als seine Vorgänger, denn die Tragweite vieler Ereignisse ist größer als alles bisherige. Klar, dass postmoderne Kapitalismuskritik beim Ölfördern auf Apachenland nicht ausbleibt, aber das kann man hinnehmen. Wenn der Ölbaron Santer senior seinen Sohn dann aber als möglichen zukünftigen US-Präsidenten ins Spiel bringt, wird doch etwas zu deutlich mit dem Zaunspfahl in Richtung aktueller politischer Ereignisse gewunken. Erstmals kommt außerdem Old Shatterhands christlicher Glaube zur Sprache, der in den Romanen eine weitaus größere Rolle spielt, er erschöpft sich aber in inhaltsleeren Floskeln über Jesus Christus als gescheiterten "Kämpfer mit Worten". Kein Wunder, dass sich die stolzen Apachen davon lieber fernhalten. Darüber hinaus ist dieser Teil trotz einiger Längen der beste der Reihe und außerdem ein gelungener Abschluss mit bewegendem Ende.
Verfechter der "Originalfilme"mit Lex Barker und Pierre Brice, die übrigens teilweise stark von den Romanen Karl Mays abweichen, könnten anhand dieser Filmtrilogie ins Grübeln kommen. RTL hat nach "Deutschland '83" erneut bewiesen, dass es mehr kann als "GZSZ" und die ewig gleichen peinlichen Gameshows und Realityformate. Dieser neue Winnetou ist nicht nur handwerklich und künstlerisch auf internationalem Niveau, sondern macht sogar manches besser als die filmische Vorlage. Durch Intervention des Bamberger Karl-May-Verlages, der das literarische Erbe des Autors aufgrund diverser Änderungen gefährdet sah, dürfen die drei Teile zwar nicht wie die zugrunde liegenden Romane heißen, doch das ist auch gar nicht nötig.
Wäre Old Shatterhand etwas weniger zurückhaltend und ein paar weitere Ungereimtheiten beseitigt worden, könnte man durchaus behaupten, dass hier nah am Geist Karl Mays gearbeitet wurde. Immerhin haben Stölzl und sein Team die Geschichten in zeitgenössische Sehgewohnheiten übersetzt und den leicht angestaubten Stoff für eine neue Generation zugänglich gemacht. Den alten Filmen wird mehrmals gehuldigt, ignoriert hat man sie nicht. Wer sich jetzt noch über nichtindianische Indianer, allzu deutsche Schauspieler und unamerikanische Drehorte beschwert: Das haben die alten Filme auch gemacht. Aber die neuen machen mehr daraus.
Ja, doch. Sie haben es geschafft. „Winnetou – Der letzte Kampf“ ist der mit Abstand beste Teil der Reihe. Der zweite Teil ist völlig vergessen, die Qualitäten des ersten Teils wurden hervorgehoben und dessen Schwächen zum Teil sogar verbessert. Die herbstliche Handlung verleiht den Bildern raue Kälte, die sich besser macht und weniger instagrammig aussieht, als die bisherigen Einstellungen mit möglichst viel Gegenlicht. Das Land fühlt sich wilder und ungebrochener an. Da fügt sich die Härte des längsten Teil der Reihe perfekt ein. Die Geschichte um Ölbaron Santer (Nuschelig: Mario Adorf) und dessen skrupellosen Sohn ist mit den wenigsten Drehbuchpatzern und bis weilen wirklich guten Dialogen, der Unterbau für einen politischen Krautwestern der schönsten Sorte.
Michael Maertens, der diesen Antagonisten spielt, ist dabei wirklich so brillant, dass es eine bloße Freude ist, ihm beim Spiel zuzusehen. Er erweckt Erinnerungen an die unbändige Wahnsinnsenergie eines Klaus Kinski. Seine Blicke können töten und somit spielt er den gesamten Cast auf einer halben Arschbacke gegen die Wand. Es grenzt an Mord vor der Kamera, wie er seine Kollegen gegen die Wand spielt. Seine Besetzung ist jedoch ein doppelter Coup. Selbstreferenzialität und die generelle Assoziation seiner Person mit der Stadt Wien, lassen ihn wie ein Western-Abbild des Rechtsextremen Hofers wirken. Mit seiner Figur wurde ein filmisches Pendant zu den Triebfedern der Rechten, die den Rassismus des Pöbels zur Gewinnmaximierung instrumentalisieren.
Die Action in diesem Teil ist weitaus besser inszeniert als in den beiden Vorgängern – das Wort „gut“ würde ich allerdings noch nicht in den Mund nehmen. Ebenfalls gelingen Philip Stölzl ein paar wirklich schöne, ja gar berührende Momente. Winnetous Tod, Old Shatterhands Ernennung zum Häuptling und die Schließung der Blutsbruderschaft! Ja, die Blutsbruderschaft – und generell: Wenn am Ende dieser Trilogie ein Gefühl steht, dass einen Hoffen lässt und wieder Glauben an die Grenzenlosigkeit des Western als Filmgenre stiftet, dann wurde etwas richtig gemacht. Respekt an alle Beteiligen, Respekt an Philip Stölzl, und Respekt an RTL. So darf das gerne noch einmal gemacht werden.
Als großer Karl May- und Winnetou-Fan habe ich in Bezug auf Ihre Neuverfilmung eine/einige Beschwerde/n einzureichen.
* Außer den Namen hat beinahe keine Szene etwas mit den echten Karl May-Romanen oder -Filmen zu tun. Die Filme haben demnach keine Berechtigung, den Namen "Winnetou" zu tragen.
* In unserer Zeit der Gleichstellung sollten auch "indianische" Schauspieler die Möglichkeit haben, sich einen Namen zu machen -- warum hat man denn nicht "Indianer" für die Rollen der Apachen genommen? Da spreche mir keiner mehr von Gleichberechtigung!
* Einen kleinen Pluspunkt gibt es für das Aussehen des Sam Hawkens, das der Beschreibung in den Romanen ziemlich gleicht. Dafür aber ist Hawkens' Vergangenheit abgeändert worden und er ist viel zu ernst für seine Rolle. Dieser Westläufer heitert bei Karl May jegliche Situation auf, während er bei Ihren Filmen nur als weitere unspannende Nebenrolle fungiert. Anstatt lustig zu sein, ist er teilweise sogar richtig anstrengend.
* Mir scheint, bei diesem Film hat man versucht, die "Indianer" sehr klischeehaft darzustellen. Statt sich den Bräuchen und der Lebensweise der Apachen anzunähern, nahm man den "typischsten" Indianerstamm (allerdings die Lakota) und münzte man alles auf die "Apachen" um. In etwa tragen die Häuptlinge (der Mescaleros und der meisten anderen Apachenstämme) keine Federhauben.
* DAS ALLERSCHLIMMSTE aber war die Sprache: Warum mussten Sie denn die "Apachen" Lakota sprechen lassen? Ja, Sie haben versucht, von dem erfundenen Silbenkauderwelsch der 1960er-Verfilmung wegzukommen (was an sich gar nicht so schlecht ist), doch die Apachen reden nun mal ihre eigene Sprache und nicht die der Sioux. Ist es so schwer, einen Apache-Muttersprachler herzubringen? Sie könnten genauso gut eine spanische Armee in den Film eingebaut haben, deren Soldaten Schwedisch sprechen (ist doch auch eine europäische Sprache) und die untertitelt wird. Der gleiche Blödsinn.
* Aber das ist ja noch nicht alles. Nein, es reicht nicht, "Apachen" Lakota sprechen zu lassen -- die Untertitel sind nach Belieben zurechtgebogen. Ich will als Beispiel "Niš tok." nennen, das in etwa (wenn ich mich recht erinnere) mit "Was ist mit dir?" (oä) übersetzt wurde. Warum bleibt man nicht einfach bei der Wahrheit und untertitelt "Und du?"? oder warum lässt man die Leute nicht "Was ist mit dir?" genau so auf Lakota sagen?
* Im zweiten Teil, recht am Anfang beim "Dankestanz" von Nscho-tschi ruft sie immer "Pilámayaye". Das Volk (männl. u. weibl.) antwortet ihr ebenfalls mit "Pilámayaye" -- die Männer müssten aber "Pilámayayo" (männl. Endung des Wortes) antworten. Dies mag nun ein Streitpunkt sein, aber da sonst die Wortendungen meist richtig gebraucht wurden, kann dies auch in Bezug auf die rituelle Handlung verwendet worden sein...
Résumé der ganzen Geschichte: Den Film hätten Sie sich, meines Erachtens, sparen können! Es wäre vielleicht ein ganz guter Western geworden, hätten Sie nur das ganze rund um "Karl May" weggelassen. Andere Namen, dann wäre alles gut gewesen. So aber?!
Mit enttäuschten Grüßen und Erwartung auf eine Antwort