Zusammengeschustert, aber unterhaltsam
Von Carsten BaumgardtIm Zuge der #MeToo-Bewegung hat auch der Komiker Louis C.K. sexuelle Belästigungen eingeräumt. In der Folge wird seine Regiearbeit „I Love You, Daddy“ womöglich nie mehr das Licht der Leinwand erblicken. Und auch seine Sprecherhauptrolle in dem Erfolgssequel „Pets 2“ hat der Berufsprovokateur verloren. In dem Smash-Hit „Pets“ hatte er noch den gutmütigen Jack-Russell-Terrier Max gesprochen. Aber nachdem er einfach so vor Kolleginnen zu Masturbieren angefangen hat, ist Louis C.K. einem Familienpublikum eben nur noch schwer zu vermitteln, weshalb nun Patton Oswalt („King Of Queens“) als – würdiger (!) - Ersatz einspringt.
Doch die ganze Aufregung spielt sich ja ohnehin jenseits des großen Teichs ab, denn in der deutschen Synchronversion spricht Jan Josef Liefers den pfiffigen, aber ängstlichsten Hund. Seit die Münster-„Tatorte“ regelmäßig Einschaltquoten jenseits der zehn Millionen Zuschauer generieren, ist Liefers sowas wie ein Volksschauspieler geworden, den jeder kennt und fast jeder mag – also das genaue Gegenteil der Louis-C.K.-Situation in den USA. Sei’s drum, abseits dieses Hinter-den-Kulissen-Vorspiels ist Chris Renauds „Pets 2“ ein sympathischer Familien-Animationsfilm aus dem Hause Illumination („Minions“, „Ich – Einfach unverbesserlich“, „Der Grinch“), der mit seiner zwar simplen, aber herzerwärmenden Geschichte gefällt und zumindest solide (wenn auch längst nicht auf Pixar-Niveau) animiert ist.
Max ist zurück.
Nachdem sich der Jack-Russell-Terrier Max (Stimme: Patton Oswalt / Jan Josef Liefers) gerade erst nach einigen turbulenten Abenteuern mit dem Neufundländer-Mischling und Familien-Neuankömmling Duke (Dietmar Bär / Eric Stonestreet) angefreundet hat, kommt es für den scheuen Vierbeiner noch dicker: Seine Besitzerin Katie (Ellie Kemper / Stefanie Heinzmann) bekommt nämlich einen Sohn namens Liam, obwohl Max lärmende Babys eigentlich gar nicht ausstehen kann. Aber dann verliebt sich Max in den süßen Jungen und tut bei einem Ausflug aufs Land alles, um ihn vor den überall lauernden Gefahren zu beschützen. Das Sagen hat hier der alte Farmhund Rooster (Harrison Ford), ein rustikaler Geselle, an dessen raues Gemüt sich Max erst mal gewöhnen mus. Währenddessen muss sich daheim in Manhattan die in Max verliebte Spitz-Dame Gidget (Jenny Slate / Jella Haase) für eine Rettungsmission ausgerechnet als Miezekatze verkleiden, während Kaninchen Snowball (Kevin Hart / Fahri Yardim) als Superheld Captain Snowball den weißen Zirkustiger Hu befreien will...
Das Konzept der Illumination-Studios hebt sich deutlich von der schwergewichtigen Konkurrenz ab: Während bei Disney, Pixar und DreamWorks animationstechnisch herausragende Meilenstein-Werke wie „Findet Dorie“, „Vaiana“ oder „Drachenzähmen leicht gemacht 3“ für bis zu 200 Millionen Dollar und mehr produziert werden, setzt Illumination auf moderate Budgets um die 70 bis 80 Millionen Dollar. Die Filme sind aber – und das ist der Clou – an der Kinokasse oft ähnlich erfolgreich wie die doppelt bis dreifach so teuren Konkurrenzproduktionen. So spielte etwa der nur 75 Millionen Dollar teure Vorgänger „Pets“ weltweit satte 875 Millionen Dollar ein, weil es der Hauptzielgruppe der Kinder herzlich egal ist, ob der Film technisch state of the art ist und sie sich sowieso nicht um nicht die Meinung von erwachsenen Kritikern scheren (die Rezensionen zu „Pets“ waren eher durchwachsen). Die Geschichte muss knuffige Helden haben, zu Herzen gehen und vor allen Dingen einen grandios-knackigen Trailer haben. Und all das trifft auch auf „Pets 2“ zu, weshalb gerade die jüngeren Kinogänger auch hier wieder ihren Spaß haben werden.
Aber nicht nur bei den Animationen geht Illumination Kompromisse ein. Denn wo etwa Pixar oft Jahre wartet, um erst eine wirklich gute Story für eine mögliche Fortsetzung zu finden (man schaue nur auf den Abstand zwischen „Toy Story 3“ und „Toy Story 4“), ist „Pets 2“ deutlich anzumerken, dass hier einfach nur möglichst schnell ein zweiter Film mit dem Helden aus dem immens erfolgreichen ersten Teil hersollte. Ganz egal wie. Und so leidet „Pets 2“ auch merklich unter der gesplitteten Handlung. Nach der atmosphärisch gelungenen Exposition in New York (mächtig aufgepumpt durch die Big-Apple-Hymne „Empire State Of Mind“ von Alicia Keys & Jay Z), wo die Zuschauer mit den sympathischen Figuren wieder vertraut und auf den neuesten Stand der Entwicklung gebracht werden, verabschiedet sich Max samt Familie schon aufs Land. Das ist auch die weit aufregendere Story, weil der Jack-Russell-Terrier dort eine Entwicklung vom Angsthasen zum mutigen Hund durchmacht und spannende Abenteuer an der Seite von Duke und dem belebenden Neuling Rooster erlebt.
Die Episode in Manhattan, in der ein Quietscheentchen aus einer mit Katzen vollgestopften Wohnung gerettet werden muss, hat ebenfalls ihren Reiz, selbst wenn sie ziemlich für sich alleinsteht. Die Anstrengungen, nicht selbst in die Fänge des grausamen Katzenimperiums zu geraten, halten sogar für ein erwachsenes Publikum ein wenig Nervenkitzel bereit. Der Strang um die Befreiung des weißen Tigers wirkt hingegen tatsächlich mehr wie ein bloßer Lückenfüller, ein Publikumsliebling wie Snowball muss halt auch im Sequel irgendwas zu tun bekommen. Erst am Ende bringt Regisseur Renaud die Handlungsstränge wieder einigermaßen sinnvoll zusammen. So bleibt der Eindruck, dass hier etwas auf die Schnelle zusammengeschustert wurde. Wobei man zumindest von der Farm-Story durchaus gern noch mehr gesehen hätte, weil „Pets 2“ hier einfach am meisten Herz beweist.
Fazit: Die Animations-Abenteuer-Komödie „Pets 2“ ist ein turbulent-sympathischer Familienspaß vor allem für junge Kinofans.