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    Going To Brazil
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Going To Brazil
    Von Lars-Christian Daniels

    Egal ob „Brautalarm“, „Mädelsabend“ oder „Girls‘ Night Out“ - alkoholschwangere Partykomödien, in denen das angeblich so „schwache Geschlecht“ den Beweis antritt, dass es mindestens genauso ausufernd zu feiern versteht wie das legendäre „Hangover“-Wolfpack, sind gerade schwer angesagt. Und bevor sich im Juni 2017 mit Amy Schumer und Goldie Hawn in „Mädelstrip“ zwei weitere Hollywood-Schauspielerinnen in ein wildes Abenteuer in Südamerika stürzen, legt der französisch-portugiesische Schauspieler und Filmemacher Patrick Mille („39,90 (Neununddreißigneunzig)“) jetzt schon mal mit einer ähnlichen Geschichte vor: In seiner Partykomödie „Going To Brazil“ brechen drei hübsche Pariserinnen in das Land am Amazonas auf, um dort die Hochzeit einer gemeinsamen Freundin zu feiern. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Auch wenn bei dem wendungsreichen Ausflug so ziemlich jedes Zuckerhutklischee bedient wird, sorgen die sympathisch überzeichneten Figuren und reichlich schwarzer Humor bis zum Schluss für kurzweilig-makabre Unterhaltung.

    Die jungen Französinnen Chloé (Margot Bancilhon), Lily (Philippine Stindel) und Agathe (Alison Wheeler) staunen nicht schlecht, als sie aus dem Nichts eine Einladung nach Brasilien erhalten: Ihre frühere WG-Mitbewohnerin Katia (Vanessa Guide), die seit Jahren nichts von sich hat hören lassen, will dort den Sohn des reichen Fleischindustriellen Augusto (Chico Diaz) heiraten. Kaum in Rio de Janeiro angekommen, gerät der Trip allerdings zum Desaster: Bevor sie der zukünftigen Braut überhaupt begegnen, landen die Mädels auf einer wilden Party, an deren Ende es einen Toten zu beklagen gibt: Ausgerechnet Katias aufdringlicher Verlobter, der auf der Feier sieben Frauen – inklusive Chloé – flachlegt und in Lily das achte Objekt seiner Begierde ausgemacht hat, stürzt von einem Balkon. Die hochschwangere Katia ahnt davon nichts: Sie steckt mitten in den Hochzeitsvorbereitungen und steht schon bald vor der Hotelzimmertür, um ihre drei verkaterten Freundinnen zu den Feierlichkeiten abzuholen. Ein paar Stunden später sind die vier schon gemeinsam auf der Flucht: Nach dem Tod seines Erben hat der skrupellose Augusto nämlich nur noch Interesse an seinem ungeborenen Enkelsohn, nicht aber an seiner schwangeren Schwiegertochter...

    Wohlproportionierte Latino-Schönheiten im Bikini, korrupte Polizisten und bis an die Zähne bewaffnete Gangster, die Millionen mit Drogenhandel und Erpressungen verdienen: Patrick Mille, der mit „Going To Brazil“ seine zweite Regiearbeit nach „Mauvaise Fille“ abliefert, lässt bei seiner unterhaltsamen Kreuzung aus Partykomödie und Roadmovie kein Südamerika-Klischee aus. Doch wirklich böse sein kann man dem Multitalent dafür nicht, denn keine der Figuren in seinem schrägen Ensemble nimmt sich selbst allzu ernst. Ganz im Gegenteil: Die meisten Charaktere sind wunderbar ironisch überzeichnet – allen voran der skrupellose Geschäftsmann Augusto (Chico Diaz), die toughe Gangsterbraut Hector (Suzana Pires) und der schmierige Konsulatsbeamte Steve Hervé (gespielt von Regisseur Mille selbst), der Shorts zum Sommerjackett trägt und auch mal im Drag-Outfit Chansons schmettert. Die regelmäßigen Begegnungen von Hervé mit den vier Damen, von denen die rothaarige Agathe (Alison Wheeler) prompt seinem zweifelhaften Charme erliegt, zählen zu den lustigsten Sequenzen in dieser spritzigen Komödie und dominieren deshalb auch nicht von ungefähr den Trailer zum Film: Selten hat man einen Mann mit so viel Hingabe an einem Raketen-Eis lutschen sehen!

    Auch hinter der Kamera setzt Mille das eine oder andere Ausrufezeichen: Die ersten fünfzehn Minuten des Films, in denen die drei Mädels sich auf die hemmungslose Sexparty in Rio verirren und es zur verhängnisvollen Begegnung mit Katias Verlobtem kommt, wirken dank hipper Schwarzlicht-Ästhetik, skurril kostümierter Gestalten und wummernder Bässe wie ein stylisher Musikvideo-Clip in Überlänge. Schwierig wird es nur immer dann, wenn der Regisseur und Drehbuchautor versucht, seiner mit reichlich schwarzem Humor gewürzten Geschichte plötzlich mehr Tiefgang zu verleihen: Die nachdenklicheren Sequenzen, in denen die vier gebeutelten Pariserinnen ihre missliche Lage und ihre jahrelange Freundschaft reflektieren, wirken innerhalb der Melange aus grellbuntem Eyecandy und absurder Situationskomik oft wie Fremdkörper. Auch der Showdown, der die jungen Frauen tief in den brasilianischen Regenwald führt, fällt in dem wendungsreichen Spektakel unter dem Strich etwas ab – so kurzweilig das Vergnügen bis dahin auch ist, am Ende scheinen den Filmemachern trotzdem ein wenig die Ideen auszugehen.

    Fazit: Patrick Milles „Going To Brazil“ ist eine unterhaltsame Kreuzung aus Roadmovie und Partykomödie, in der die reichlich vorhandenen Zuckerhutklischees zumindest immer angenehm augenzwinkernd abgearbeitet werden.

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