Action und Klamauk statt verschmitztem Hintersinn
Von Markus FiedlerDen kleinen Gallier Asterix kennt längst jeder, egal ob er etwas mit Comics am Hut hat oder nicht. Seit der Autor René Goscinny und der Zeichner Albert Uderzo die Reihe 1959 aus der Taufe hoben, hat sie einen beispiellosen Siegeszug angetreten, auf den wohl selbst Cäsar neidisch gewesen wäre. Schon 1967 ging es mit „Asterix der Gallier“ erstmals auch ins Kino – damals natürlich noch als klassischer Zeichentrickfilm. Seitdem entstanden neun weitere animierte Abenteuer und vier Realverfilmungen, die aber mit dem Charme der gezeichneten Filme nicht mithalten können. 2015 kam mit „Asterix im Land der Götter“ schließlich der erste komplett am Computer entstandene Film rund um die unbesiegbaren Gallier ins Kino. Dabei gelang es den Regisseuren Alexandre Astier und Louis Clichy, reichlich Klamauk für die jüngere Zielgruppe einzubauen, ohne deshalb den feinen Humor Goscinnys zu sehr zu verwässern. An diese Qualität knüpfen sie nun im Nachfolger „Asterix und das Geheimnis des Zaubertranks“ an, der so erneut für Jung und Alt funktioniert. Dass sie diesmal auf keinen der klassischen Comics, sondern eine eigene Geschichte zurückgegriffen haben, macht sich allerdings negativ bemerkbar. Es fehlt stellenweise einfach der typische Goscinny-Touch.
Beim Versuch, ein aus dem Nest gefallenes Küken wieder in sein hohes Zuhause zurückzusetzen, stürzt der eigentlich geübte Kletterer Miraculix in die Tiefe und bricht sich den Fuß – laut dem Ehrenkodex seiner Gemeinschaft ein echtes No-Go! Deshalb leidet der Druide nun an einer schweren Old-Life-Crisis und beharrt darauf, dass er einen neuen, jungen Druiden finden müsse, der von ihm das Geheimnis des Zaubertranks erlernt und als sein Nachfolger dann das Dorf beschützt. In Begleitung von Asterix (Stimme: Milan Peschel), Obelix (Charly Hübner) und der kleinen Vitrine, dem klügsten Kind des Dorfes, macht sich Miraculix auf die Suche. Doch das Zaubertrank-Geheimnis ist natürlich begehrt. Vor allem sein einst bester Freund Dämonix will sich das Wissen um die Herstellung des Trankes schon lange unter den Nagel reißen. Und dafür greift der abtrünnige Druide auf perfide Tricks zurück, die schon bald das ganze gallische Dorf in Gefahr bringen….
Für viele Asterix-Puristen endete die große Ära der Comic-Reihe mit dem frühen Tod von Rene Goscinny im Jahr 1977, der neben Asterix auch Figuren wie Lucky Luke, Isnogud oder Der kleine Nick erschaffen und mit seinem hintersinnigen Humor bereichert hat. In die Fußstapfen dieser Legende konnten weder der Zeichner Uderzo treten, der die Serie von 1977 bis 2013 allein weitergeführt hat, noch das neue Team. Der berühmte Hintersinn des Autors fehlt seit seinem Tod einfach an allen Ecken und Enden – und das macht sich auch in der neuen Verfilmung bemerkbar. „Asterix im Land der Götter“ basierte noch auf dem Klassiker „Die Trabantenstadt“ von 1973 und bot so neben der witzigen Story auch viele wunderbare Seitenhiebe auf die freie Marktwirtschaft und das Streben der Bürger nach Wohlstand. Statt einer ähnlichen Doppelbödigkeit setzen Astier und Clichy in ihrem zweiten Film nun stärker auf Comic-Action und viele klamaukige Szenen, die gemeinsam mit der als Identifikationsfigur neu in die Reihe eingeführten Vitrine vor allem eine jüngere Zielgruppe ansprechen sollen.
Dazu passt auch die eher simpel gehaltene Geschichte, in der „Wendungen“ mit viel Vorlauf nicht nur angekündigt, sondern auch genau erklärt werden. Aber das fällt inmitten der ganzen Action gar nicht so groß auf. Immer wieder kracht es gewaltig, was schließlich sogar in einem wahrhaft monströsen Finale gipfelt, das deutlich mehr an modernes Actionkino als an die alten verschmitzten Geschichten um Asterix, Obelix und Co. erinnert. Dass der Tomcrus lautende Name einer römischen Figur natürlich „Tom Cruise“ ausgesprochen wird, passt da perfekt ins Bild – und ist auch nur eine von dutzenden popkulturellen Anspielungen (selbst die Tänze aus dem Videospiel-Mega-Hit „Fortnite“ dürfen nicht fehlen), die in dieser Verfilmung jenen Platz einnehmen, der in den Klassikern noch für satirische Spitzen und auch mal soziale Kommentare reserviert war.
Dass erwachsene Fans dennoch auf ihre Kosten kommen, liegt hauptsächlich an den brillanten Running Gags, die Goscinny schon in den 60er Jahren in seinen Comics etablierte und die Astier und Clichy nun gekonnt aufgreifen und weiterführen. Die obligatorische Prügelei der Dorfbewohner fehlt ebenso wenig wie Scherze um den greisen Methusalix oder die ständigen Animositäten zwischen dem Schmied Automatix und dem Fischhändler Verleihnix. Vor allem Letzterer entpuppt sich sogar als heimlicher Star, denn seine durchgehend unterhaltsamen Versuche, sich mit selbstgebrauten Tränken als neuer Dorfdruide zu empfehlen, liefern die meisten Lacher. Und mit einer kurzen Episode, in der ein potenzieller, optisch sofort einzuordnender Druiden-Nachfolger seinen Trick der wundersamen Brotvermehrung zeigt, wird sich sogar ein wenig über die christliche Religion lustig gemacht – ganz wie es den „Asterix“-Erfindern gefallen hätte. So wird hier jeder ordentlich unterhalten, selbst wenn diesem Zaubertrank die Magie vergangener Tage fehlt.
Fazit: „Asterix und das Geheimnis des Zaubertranks“ ist ein kurzweiliges Animationsabenteuer – wenn auch nicht ganz so gelungen wie der direkte Vorgänger oder gar die alten Klassiker.