Die Schauspieler:
Insgesamt begnügt sich „Ich – Daniel Blake“ mit einem sehr überschaubaren Cast, der aber viele der hochbezahlten „Traumfabrik“ Darsteller aus Übersee an die Wand spielt. Der Brite Dave Johns übernimmt in seiner ersten Filmrolle den Part des titelgebenden Protagonisten Daniel Blake und brilliert in seiner Aufgabe, den „Jedermann“ überzeugend darzustellen. Johns agiert in einer gekonnt lakonisch, dramatischen Art, die ihn von der ersten Sekunde an zum absoluten Sympathieträger werden lässt, mit der er das Publikum mit jeder Szene mehr und mehr in seinen Bann schlägt und darauf warten lässt, was Daniel Blake wohl als nächstes tun wird. Die ebenfalls noch unbekanntere Hayley Squires spielt die zweifache, alleinerziehende Mutter Katie. Mit abgekämpfter Optik und auf so mühelos wirkende doch brillante Art und Weise, zeigt Squires das Bild einer beinahe hilflos verzweifelten Mutter. Dies ergänzt sich wundervoll mit dem glänzenden Schauspiel von Dave Johns und beschert uns ein geniales Schauspielpärchen, das ohne Glamour und Hollywood Pomp auskommt. Absolut erwähnenswert - die Jungschauspielerin Briana Shann, welche die Rolle von Katie`s Tochter Daisy spielt. Shann positioniert sich in ihrer Rolle als Kind aus sehr schwierigen Verhältnissen, mit trauriger Mimik, jedoch einem hoffnungsvollem Unterton folgend, toll ins Ensemble.
Der Film:
Regisseur Ken Loach zeichnet in „Ich – Daniel Blake“ ein farbloses und ungeschöntes Bild, das in konsequenter Weise die Defizite des von Tony Blair erschaffenen Sozialsystems mit Bestrafungsmethodik – Entzug der Sozialleistungen - aufzeigt. Schritt für Schritt wird auf sehr bedrückende Art visualisiert, zu welcher Farce das mittlerweile, für den Otto Normalverbraucher beinah unüberwindbare, aufgeblähte Sozial - und Zweiklassengesundheitssystem geworden ist. Der Titelheld wird in dokumentarischem Erzählstil auf Schritt und Tritt begleitet während er sich, nach einem Herzanfall und aufs arbeitstechnische Abstellgleis geschoben, durch die Kloake der nervenzermahlenden staatlichen „Hilfsmühlen“ quält. Hierbei greift Regisseur Loach gezielt zu keiner Hintergrundmusik, um die Szenen nicht zu verwässern oder unnötig emotional darzustellen. Die Dramatik stellt sich mit jeder Einstellung selbst dar und lässt den Zuschauer im Lauf der Handlung beinah selbst mürbe werden. So finden wir uns mit Blake in einer für ihn nicht mehr greifbaren Welt, die den hart arbeitenden Mann aus der Mittelschicht, fallen lässt wie überreifes Obst. Hierbei stellt sich immer wieder die starke Chemie zwischen den Hauptdarstellern in den Vordergrund, von welcher der Film ganz eindeutig seine Energie bezieht. Als Relikt aus analogen Zeiten, kämpft der Held des Films gegen eine digitalisierte Welt, in der sich die fortschreitend alternde Arbeiterklasse wenig bis gar nicht mehr zurechtfindet und im Strom von Smartphones, Online Bewerbungen und Internetbasiertem Formularwahnsinn zu versinken droht. Die ungesüßte Darstellung von unverschuldeter Mittellosigkeit, dem alles beherrschenden zusätzlichen Druck, Kinder nicht mehr ordnungsgemäß versorgen zu können und das Abrutschen in asoziale Verhaltensmuster machen „Ich – Daniel Blake“ zu einem brillanten Sozialdrama, in dem sich ab und wann sogar noch Platz für feinsten britischen Humor findet. Speziell Szenen mit den zu anscheinend leblosen Maschinen mutierten Angestellten der verschiedenen Ämter, zaubert dem Zuseher aufgrund des Wortwitzes und des resignierenden Sarkasmus von Blake, das eine oder andere Mal ein Schmunzeln ins Gesicht. Gerade diese Szenen sind es aber, die einen gewissen Punktabzug der Bewertung darstellt, da sich Regisseur Loach in immer wiederkehrender Weise zum Richter über Menschen aufschwingt, die möglicherweise selbst Gefangene in einem zu Tode reformierten System sind aus dem es, obgleich der Betroffene Mitgefühl zeigen möchte es sein eigener beruflicher Stand es aber nicht zulässt, kein Entkommen gibt. Mit ungeschönter Methodik werden hier „normale“ Bürger und Beamte gegenübergestellt, die schon beinahe den Eindruck erwecken es handle sich um seelenlose Zombies und die am Leben gebliebenen Gejagten. Genau diese „am Leben gebliebenen“ Menschen in Daniel`s und Katie`s unmittelbarer Umgebung, werden immer wieder für herzergreifende Szenen genutzt, die dem Glauben auf die Sprünge helfen sollen, dass die Hoffnung doch noch nicht ganz verloren zu sein scheint.
Fazit:
„Ich – Daniel Blake“ ist ein fein kreiertes Sozialdrama der besonderen Art, welches in ungeschönter Form die bitteren Abgründe und die Falschheit eines Wohlfahrtsstaates zeigt, welcher Menschen, die stets ihren Beitrag geleistet haben um besagten Staat überhaupt erst funktionsfähig zu halten in die schiere Verzweiflung treibt, jedoch oft durch kleine zwischenmenschliche Gesten noch ein kleines Licht in der grausamen Dunkelheit der Mittellosigkeit brennen lässt…..