Der Titel sagt schon alles
Von Christoph PetersenObwohl ein Großteil des Publikums vor allem sehen will, wie gewaltige Monster ganze Metropolen plattmachen, als seien sie Modellbaustädte im Miniaturformat, haben die bisherigen Regisseure der MonsterVerse-Blockbuster doch erstaunliche visuelle wie erzählerische Ambitionen an den Tag gelegt. Zum Auftakt lieferte Gareth Edwards 2014 mit „Godzilla“ etwa ein Katastrophen-Actiondrama, in dessen eindrucksvollster Szene der ikonische Titelheld nur kurz zu sehen ist. Gemeint ist natürlich der schon im ersten Teaser als Hingucker dienende HALO Sprung, bei dem Soldaten mit roten Rauchfackeln an den Beinen in das zerstörte San Francisco abspringen.
„Kong: Skull Island“ entpuppte sich dann drei Jahre später direkt als Vietnamkriegs-Parabel – und diesmal blieb vor allem eine Szene im Gedächtnis hängen, in der der titelgebende Riesenaffe sogar überhaupt keine Rolle spielt: Der Trupp um Abenteurer James Conrad (Tom Hiddleston) wird von Velociraptor-artigen Kreaturen angegriffen, während der ohnehin ungleiche Kampf durch einen giftgrünen Gasnebel noch erschwert wird. Der für „Face/Off 2“ angekündigte Regisseur Adam Wingard pfeift in „Godzilla Vs. Kong“ allerdings vollständig auf solche „Extras“ – und liefert stattdessen einfach nur das, was der Titel verspricht: Wenig ambitionierte, aber krachende Blockbuster-Unterhaltung mit angemessen-ausufernden Monster-Keilereien – also genau das Richtige, um die große Leinwand nach der Corona-bedingten Kino-Abstinenz auch wirklich auszufüllen.
Heimvorteil Godzilla: Das erste Duell der Titanen findet auf offener See statt...
Nachdem Godzilla drei Jahre lang keine Zerstörungen mehr angerichtet hat, greift der Titan plötzlich eine Forschungsanlage des von Walter Simmons (Demián Bichir) geführten Konzerns Apex Cybernetics an. Unterdessen soll der Wissenschaftler Nathan Lind (Alexander Skarsgård) eine Expedition zum Mittelpunkt der Erde anführen, wo er auch den Ursprung der Titanen vermutet. Allerdings ist es gar nicht so leicht, den Weg durch das komplexe Höhlensystem im Erdinneren zu finden – und deshalb soll King Kong dabei helfen.
Dazu müsste der betäubte King Kong aber erst einmal an Bord eines Kreuzers über den Ozean verschifft werden. Nur liegt seine Betreuerin Ilene Andrews (Rebecca Hall) dummerweise mit ihrer Vermutung richtig, dass Godzilla keinen zweiten Alpha-Titanen neben sich dulden und den Konvoi deshalb auf offener See attackieren wird. Im Wasser ist der Riesenaffe der Riesenechse natürlich hoffnungslos unterlegen – aber die zerstörerische Seeschlacht wird ja auch längst nicht das letzte Aufeinandertreffen der beiden Titanen bleiben…
Adam Wingard grenzt sich direkt mit der ersten Szene von seinen deutlich ernsteren Vorgängern ab: Ein noch verschlafener King Kong lässt sich „irgendwo auf Skull Island“ die Sonne auf den Pelz scheinen. Der großgewachsene Primat krault sich den Bauch, kratzt sich am Hintern und nimmt eine morgendliche Dusche unter einem Wasserfall. Das taubstumme Mädchen Tia (Kaylee Hottle), die King Kong eine Puppe schenkt und per Zeichensprache mit dem überdimensionierten „Haustier“ kommuniziert, ist da fast schon wieder zu viel des Guten. Aber insgesamt ist es erfreulich, dass „Godzilla Vs. Kong“ von Beginn an in Richtung des Publikums brüllt: Habt Spaß, verdammt!
Beim ersten Zusammentreffen der Alphas, zwischen denen offenbar schon seit Urzeiten eine Rivalität besteht, wie antike Höhlenmalereien andeuten, muss man sich zunächst einmal an die neue Dimension der Kämpfe in „Godzilla Vs. Kong“ gewöhnen: In den Vorgängern haben wir die Zerstörung meist aus der Perspektive der Menschen wahrgenommen – aber die spielt in den Actionszenen diesmal quasi gar keine Rolle mehr. Die Titanen wirken längst nicht mehr so gewaltig und gewichtig – stattdessen wirkt alles andere plötzlich unglaublich klein, inklusive der Kampfjets, die King Kong seinem schuppigen Widersacher wie Dartpfeile entgegenschleudert.
... während den menschlichen Nebenfiguren auch diesmal wieder nicht viel mehr übrigbleibt, als staunend zuzusehen!
Die Zerstörungsorgien wirken deshalb längst nicht mehr so unmittelbar und intensiv – aber dafür machen sie einfach Laune. Selbst wenn ganze Metropolen niedergestampft werden, wobei vermutlich Hunderttausende draufgegangen sind, klopfen sich die menschlichen Protagonisten anschließend nur kurz den Staub von den Klamotten und dann ist auch wieder gut. Anders als speziell in „Godzilla“ soll man sich in „Godzilla Vs. Kong“ offensichtlich gar nicht erst groß Gedanken darüber machen, was es für die Menschen „da unten“ wohl bedeutet, wenn sich 100 Stockwerke höher die zwei wohl ikonischsten Monster der Kinogeschichte gegenseitig die Fresse polieren.
Seinen epischen Höhepunkt erlebt die Rivalität dann in Hongkong – und das liegt nicht nur an der schieren Länge des Finales, zu dem der Komponist Junkie XL bereits vor dem Start enthüllte, dass es 18 Minuten Nonstop-Monster-Gekloppe umfasst. Stattdessen ist der Schauplatz auch noch mit visuell besonders vorteilhaften Neon-Leuchten gepimpt – und es gibt einen zumindest für Kenner wenig überraschenden Twist, der dem Duell nur noch mehr schiere Zerstörungskraft verleiht.
Während die Menschen also in den Actionszenen kaum noch eine Rolle spielen, hätten Adam Wingard sowie seine Drehbuchautoren Eric Pearson und Max Borenstein gut daran getan, sie auch sonst möglichst außen vor zu lassen. Aber das ist leider nicht der Fall. Es gibt wie schon in „Godzilla 2: King Of The Monsters“ auch diesmal wieder viel zu viele menschliche Figuren, die durch die Bank kaum etwas beizutragen haben.
Die ganze Hohle-Erde-Theorie ist zwar ausgemachter Quatsch – aber immerhin eröffnet sie einen coolen neuen Schauplatz, aus dem die Macher dann visuell auch noch eine Menge herausquetschen. Ganz im Gegensatz zum ausufernden Handlungsstrang um Reihen-Rückkehrerin Madison Russell („Stranger Things“-Star Millie Bobby Brown), die gemeinsam mit ihrem Kumpel Josh Valentine (Julian Dennison aus „Deadpool 2“) und dem Verschwörungs-Podcaster Bernie Hayes (Brian Tyree Henry aus „Joker“) im Umfeld von Apex Cybernetics ermittelt – damit aber nur von jenen Elementen des Films ablenkt, die tatsächlich mächtig Spaß machen.
Fazit: „Godzilla Vs. Kong“ liefert exakt jene ausufernd-spaßige Titanen-Klopperei, die der Titel verspricht – wenn nur nicht so viele Menschen zwischen den hochhaushohen Stars herumwuseln würden.