Regisseur Florian Gottschick siedelt sein mit Freudschen Theorien und Mystery-Elementen angereichertes Beziehungsdrama „Nachthelle“ in einem verlassenen Geisterdorf im Osten der Bundesrepublik an. Diese morbide Kulisse ist nicht nur visuell reizvoll, sondern besitzt vor allem auch eine starke Symbolkraft, die der Filmemacher gekonnt einsetzt. Der Ort soll komplett niedergerissen werden und die idyllische Gegend dem Kohletagebau weichen, was natürlich einerseits ein bitterer Kommentar zu den von der Politik versprochenen „blühenden Landschaften“ ist. Aber zum anderen fördern die nahenden Bagger ebenso die verdrängten Traumata und die schmerzende Eifersucht zwischen den Figuren dieses Freiluft-Kammerspiels zu Tage: Im Wald steigen langsam die dunklen Geister einer schuldgetränkten Vergangenheit auf und dabei verschwimmen Realität, Hypnose und Traum immer mehr...
Bevor ihr Heimatdorf den Maschinen zum Opfer fällt, kehrt die resolute Anna (Anna Grisebach) mit ihrem deutlich jüngeren Freund Stefan (Vladimir Burlakov) noch einmal zu dem seit Jahren verlassenen Haus ihrer Kindheit zurück. Dort treffen sie auf Annas Jugendfreund Bernd (Benno Fürmann) sowie dessen langjährigen Partner, den Psychologen Marc (Kai Ivo Baulitz). Sie beschließen das Wochenende zu viert auf dem Waldgrundstück zu verbringen, wobei es zwischen ihnen gehörig zu knistern beginnt. Bald vermischen sich Flirt und Provokation, es wird an Abgründe der Vergangenheit und an verdrängte Sehnsüchte gerührt. Florian Gottschick kreiert einen originellen Mix aus mystischer Verklärung und moderner Psychoanalyse, unwirklich-magischer Sommernachtsstimmung und greifbarer sexueller Spannung. Er stellt subtile Andeutungen neben überdeutliche Erklärungen, wobei ihm das überzeugende Darstellerquartett mit viel Flexibilität folgt.
Fazit: „Nachthelle“ ist so etwas wie eine cineastische Therapiesitzung, in der verdrängte Schuld und Beziehungsängste in mal frivol-sommerlichem, mal mysteriösem Ambiente zur Sprache kommen.