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Anonymer User
5,0
Veröffentlicht am 7. November 2020
Qualität muss nicht notwendigerweise an einen Wohlfühlfilm gebunden sein. Dieses Drama von Isabel Coixet hinterlässt einen tiefen Eindruck, denn es ist eine Kampfansage an das Buch als solches. Und entgegen unserer Sehgewohnheiten ist am Ende zwar nicht alles F.F.E., aber die reinigende Kraft des Feuers hat auch ihr Gutes. Die Titelfigur (Emily Mortimer) will auf dem Lande einen Buchladen eröffnen. Sie hat sich dafür The Old House ausgesucht, ein renovier bedürftiges Gebäude. Es gibt massive Opposition von Generalsgattin Gamart (Patricia Clarkson), die hier ein Kulturzentrum einrichten will. Unbeirrt macht Florence weiter: Christine (Honor Kneafsey) eine Schülerin aus der Nachbarschaft hilft ihr, Playboy Milo (James Lance) schlägt vor Nabokovs LOLITA zum Verkauf anzubieten, um die Dörfler in Aufruhr zu versetzen. Als auch der ältere Nachbar Mr. Brundish (Bill Nighy), eine Lesefreak, ihr zum Verkauf rät, stellt sie es aus und setzt eine katastrophale Entwicklung in Gang. Die Buschtommeln des Dorfes verbreiten jedes Detail im Sinne von Frau Gamart: Menschenauflauf vor dem Schaufenster bewirkt einen Verkehrsstau, Christines Freundschaftsdienst wird als Kinderarbeit deklariert. Ein Gesetzesparagraph wird bemüht, Behörden deklarieren das Haus als unbewohnbar, um Florence zum Aufgeben zu bewegen. Nebenher hat sich über die Bücher ein ganz zaghaftes, distanziertes Verhältnis zwischen Florence und Mr Brundish entwickelt. Ihr Zusammentreffen bei einer Tasse Tee, von der niemand einen Schluck nimmt, sowie am Strand sind die Highlights des Films: Emily und Bill bieten selten gesehene, stumme, fast körperlose Berührungen. Ein ganz verstohlen versuchter Handkuss ist bereits die reine Erfüllung. Mr. Brundish redet mit Mrs. Gamart. Die erfolglose Hilfe überlebt er nicht. Florence reist ab. Christine winkt zum Abschied. Sie hat das Heizöfchen im Old House angelassen. Rauch steigt auf… Wir sehen keine Sommerbilder, nur Aufnahmen eines nasskalten Winters. Bis auf Florence und Brundish sind alle Figuren hinterlistig, fast feindselig. Und bezüglich Christine hat Drehbuchautorin Coixet am Ende noch eine Überraschung parat.
Sehr schön fotografierter Film der eine eher kleine und doch traurige Geschichte erzählt. Und doch ist der Film über weite Strecken sehr angenehm zu sehen. Die Bilder sind einfach ein Genuss! Eine übersichtliche Handlung wirft einen realistischen kritischen Blick auf das provinzielle England der 50er Jahre. Das ist einfach sehr gut gemacht.
Hier bin ich wohl selber ein wenig Opfer meiner eigenen Erwartungen geworden: ich hatte den Trailer nicht wirklich gesehen, nur das Cover und die Story gelesen. Daraus hatte ich wohl eine Art „Bücherversion“ von Chocolat erwartet, in dem eine Frau mittels lesen zauber und Begeisterung in ein kleines Dorf trägt. So kommt der fertige Film aber nicht daher: es ist ein fast schon düssteres Drama über eine offenherzige Frau mit ehrlichem, guten Anliegen der von allen Seiten Steine in den Weg gelegt werden. Dabei sind insbesondere die Szenen in denen sie mit Bill Nighy zu tun hat emotional und bewegend, der Rest macht einen bei dem Groll der Emily Mortimer entgegen schlägt geradezu wütend. Die kleine, feine britische Komödie die ich mir gewünscht habe war es leider nicht, dafür ein trauriger, feinfühliger Stoff darüber wie auch gute Absichten scheitern können – ohne daß man sich nachher schlecht fühlt.