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    Operation Anthropoid
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Operation Anthropoid
    Von Gregor Torinus

    Der britische Filmemacher Sean Ellis ist nach drei hervorragenden Filmen – der surrealen romantischen Komödie „Cashback“, dem leisen Horrorthriller „The Broken“ und dem philippinischen Thriller-Drama „Metro Manila“ – längst kein Unbekannter mehr unter Cinephilen, aber den ganz großen Durchbruch hat er noch nicht geschafft. Nun zeigt er mit dem auf Tatsachen beruhenden Weltkriegsthriller „Operation Anthropoid“ erneut seine Vielseitigkeit und seine unverkennbare Handschrift, trotzdem kommt der Film um das 1942 in Prag verübte Attentat auf Reinhard Heydrich – seines Zeichens oberster Führer der SS und Chefarchitekt des Holocaust – in Deutschland nur im Heimkino heraus. Das ändert indes nichts daran, dass es sich bei „Operation Anthropoid“ um spannendes, intelligentes und rundum sehenswertes Kino handelt.

    Die beiden Exil-Tschechen Jozef Gabcík (Cillian Murphy) und Jan Kubis (Jamie Dornan), springen im Dezember 1941 zusammen mit fünf weiteren Untergrundkämpfern in ihrer von den Nazis besetzten Heimat mit dem Fallschirm ab. Ihre Mission: die Ermordung des „Schlächters von Prag“ Reinhard Heydrich. Gabcík und Kubis nehmen Kontakt zu den Widerständlern Onkel Hajsý (Toby Jones) und Ladislav Vanek (Marcin Dorocinski) auf. Die Gruppe beginnt mit der minutiösen Planung des Attentats auf den bestgeschützten Mann in Prag. Während dieser Vorbereitungen werden die Kämpfer bei einer netten einheimischen Familie einquartiert. Dabei verliebt sich Kubis in die hübsche Marie (Charlotte Le Bon), während Gabcík wenig später mit Maries Freundin Lenka (Anna Geislerova) anbändelt. Doch bei dieser Mission ist jede Beziehung äußerst gefährlich ...

    Sean Ellis begann seine Karriere als Modefotograf und als Regisseur von Musikvideos, dabei hat er ein ausgeprägtes Stilbewusstsein entwickelt, das auch in seinen Spielfilmen zum Ausdruck kommt. Nach dem funkelnden Hyperrealismus und der leicht von der Alltagswirklichkeit entrückten Grundstimmung von „Cashback“ und „The Broken“ fiel „Metro Manila“ passend zu seinem Thema deutlich geerdeter aus. Genau an diesem Punkt macht Ellis mit „Operation Anthropoid“ weiter und übernimmt dabei erneut zusätzlich die Position des Kameramanns. Seine Inszenierung ist geschmeidig und elegant: Ellis bleibt immer nah an den Akteuren dran und sorgt dafür, dass „Operation Anthropoid“ weitaus lebendiger und unmittelbarer wirkt als viele andere Historienfilme, denen oft etwas Steifes und Kulissenhaftes anhaftet.

    Die historische Bedeutung der in „Operation Anthropoid“ geschilderten Ereignisse wird nicht überbetont. Sean Ellis verzichtet auf jede salbungsvolle Wichtigtuerei und konzentriert sich ganz auf die menschliche Dimension der erzählten Geschichte. Dass diese Rechnung aufgeht, ist auch ein Verdienst der glänzend aufgelegten Darsteller: Cillian Murphy („28 Days Later“, „Inception“) und Jamie Dornan („Fifty Shades Of Grey“) überzeugen als ungleiches Attentätergespann und tragen den Film. Dazu gesellen sich weitere hochklassige Mimen in den Nebenrolle, allen voran der bravouröse Toby Jones („Dame, König, As, Spion“) als Führer des Prager Widerstands. Desweiteren profitiert der Film enorm davon, dass Ellis dem Geschehen keinen hollywoodtypischen Spannungsbogen überstülpt: So ist die gesamte erste Hälfte des Films recht langsam erzählt und die Spannung wird erst recht spät, aber dafür umso wirkungsvoller gesteigert. Schließlich rattert die Story-Maschine so unerbittlich wie die Maschinengewehre im großen Finale. Und das ist nicht weniger als einer der grandiosesten Shoot-Outs seit Sam Peckinpahs Spätwestern „The Wild Bunch“ von 1969!

    Fazit: Elegant inszenierter, überzeugend gespielter und mit zunehmender Laufzeit immer spannender werdender Historien-Thriller über das Attentat auf den Naziführer Reinhard Heydrich.

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