Spätestens wenn den Beteiligten zum ersten Mal die Munition ausgeht fragt man sich, wie es denn nun weitergehen soll. Filme, die nur an einem einzigen Ort spielen laufen oft Gefahr, mit festgefahrener Handlung dem Zuschauer ab der Hälfte nur noch auf die Nerven zu gehen, doch hier ist es umgekehrt: Nach einem soliden ersten Drittel mit den üblichen Plänkeleien dreht Wheatley erst richtig auf. Stark sind nicht nur seine absolut schrägen Charaktere, die den jeweiligen Stars mit ihren fürchterlichen Frisuren auf den Leib geschrieben zu sein scheinen, sondern auch die kleinen und großen Überraschungen, mit denen es die Figuren und Zuschauer zu tun bekommen.
So wird aus dem anfangs noch überschaubaren Gangsterfilm immer mehr ein gnadenloser Italowestern im Industriegebiet, in dem es nicht zwei, sondern mindestens zehn Duellanten gibt, von denen keiner als erster ins Gras beißen will. Da wird die Stimmung ziemlich schnell explosiver als sie es anfangs eh schon war. Immer wieder tauchen neue Probleme auf, ändern sich die Allianzen zwischen den Beteiligten, obwohl sich sowieso jeder selbst der Nächste ist. Am Ende scheint das für niemanden gut auszugehen, doch bevor Wheatley sich in eine allzu einfach Auflösung retten kann, reißt er das Steuer noch ein paarmal herum. Dem ausgeklügelten Konzept (der Regisseur plante den Dreh unter anderem per Minecraft-Simulation) und der übersichtlichen Kameraarbeit ist es zu verdanken, dass man nie den Überblick verliert.
Auch die ironisch-bissigen Kommentare der Beteiligten verkommen nicht zum Selbstzweck irgendeiner Retro-Masche, sondern passen perfekt zu dem absurden Geschehen. Wer Wheatleys Filme kennt und schätzt, darf sich also sicher sein, dass sich der Brite einerseits weiterentwickelt, seinem Geschmack aber auf jeden Fall treu bleibt. "Free Fire" mag kein verschachtelter Arthouse-Thriller wie "High-Rise" sein, als Hommage an sein Genre sticht er aber aus der Masse heraus. Das liegt nicht zuletzt am hervorragenden Cast, der sich mit Genuss alles andere als ernst nimmt.