Shah Rukh Khan ist ein Weltstar, er steht wie kein zweiter für das Bollywood-Blockbuster-Kino der Gegenwart. In seinem neuen Film „Happy New Year“ übernimmt der Schauspieler konsequenterweise nicht nur die Rolle des Anführers, sondern über seine Figur erhebt er sich gar zum Vertreter der gesamten indischen Nation. Seine dritte Zusammenarbeit mit Regisseurin Farah Khan („Om Shanti Om“), ist nämlich nicht nur eine wilde Mischung aus Tanzkomödie, Liebesfilm und Heist-Thriller, sondern auch eine Hommage an das Bollywood-Kino im Allgemeinen und an dessen omnipräsenten Superstar Shah Rukh Khan im Speziellen. Dass bei diesem drei Stunden langen und bis unters Dach mit unterschiedlich guten Ideen vollgestopften Film nicht immer der richtige Ton getroffen wird, ist kein Wunder. Die erzählerischen Fehlgriffe fallen bei der schieren Masse an zugespitzten Momenten und dem hohen Maß an visueller Reizüberflutung allerdings auch kaum ins Gewicht. Für alle Bollywood- und Shah-Rukh-Khan-Fans ist „Happy New Year“ sowieso ein Pflichttermin - und ein großes Vergnügen.
Weil der kriminelle Geschäftsmann Grover (Jackie Shroff) vor Jahren den unschuldigen Vater des Straßenkämpfers Charlie (Shah Rukh Khan) ans Messer geliefert hat, sinnt dieser auf Rache. Sein Plan sieht vor, Diamanten im Wert von 20 Millionen Dollar zu stehlen, die reiche Kunden in Grovers High-Security-Tresor verwahren – die Schuld an dem Raub will Charlie dem Erzfeind selbst in die Schuhe schieben. Für diesen Coup rekrutiert Charlie die Verlierertypen Tammy (Boman Irani), Jag (Sonu Sood), Nandu (Abhishek Bachchan) und Rohan (Vivaan Shah), die er als Muskelprotz, Hacker und Doppelgänger von Grovers Sohn Vikki (Abhishek Bachchan) für den ausgeklügelten Edelsteinraubzug benötigt. Wie es der Zufall will, führt der Weg in den Tresorraum nur über die Teilnahme an der Tanzweltmeisterschaft in Dubai. Um seine Truppe dafür tänzerisch auf Vordermann zu bringen, engagiert Charlie die schöne Nachtclubtänzerin Mohini (Deepika Padukone). Als „Team India“ nimmt die Loser-Clique schließlich an dem Wettbewerb teil – und bereitet parallel den Diamantendiebstahl vor.
Dass der geplante Diamantenraub ausgerechnet mit der Teilnahme an einer Tanzmeisterschaft in Zusammenhang steht, ist nur eine der hanebüchenen Unwahrscheinlichkeiten, die in „Happy New Year“ förmlich zelebriert werden. Weil Regisseurin Farah Khan die verschiedenen Spielarten des Bollywood-Kinos vom hemmungslosen Melodrama über vergnügten Actiontrash bis zum schwungvollen Musical durchexerziert und dabei gleichsam nebenbei auch das bisherige filmische Werk von Shah Rukh Khan rekapituliert, ergibt die kuriose Mixtur aus Tanzfilm und Heist-Movie aber durchaus einen erzählerischen Sinn. Mit Zitaten von US-Filmen wie „Mission: Impossible“ und „Matrix“, dem genüsslichen Offenlegen der Doppelrolle von Abhishek Bachchan („Dhoom“) und der direkten Ansprache des Publikums durch die Figuren erweist sich „Happy New Year“ als selbstbezüglicher Bollywood-Film über Bollywood-Filme. In diesem Punkt bietet der knallbunte und glitzernde Blockbuster ein unterhaltsames Feuerwerk ohne Atempausen.
In dem sonst so verspielten bunten Treiben sind die ernsteren Töne zuweilen etwas irritierend. Die Liebesgeschichte zwischen Shah Rukh Khan und Deepika Padukone („Chennai Express“) ist dermaßen platt erzählt, dass sie sich in ihrer oberflächlichen Romantik selbst überflüssig macht – der Charme des Superstars allein kann das fehlende Herzblut nicht wettmachen. Ständig wiederholte Binsenweisheiten wie „Das Schicksal ist sehr launisch – es wechselt ständig die Seiten“ fallen ebenso negativ auf wie der übertrieben patriotische Schlussakt des Films. Wenn das „Team India“ letztlich die ganze indische Nation symbolisiert, versinkt „Happy New Year“ fast in unerwarteter Bedeutungsschwere. Das ist in einem Film, in dem Logik und Naturgesetze immer wieder beherzt über Bord geworfen werden, aber auch nur eine Momentaufnahme – hier ist nur eins sicher und von Dauer: Shah Rukh Khan ist der Größte.
Fazit: Überdrehte Romantik-Tanz-Action-Komödie aus Bollywood, die ganz auf Shah Rukh Khan (und seine Fans) zugeschnitten ist.