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    Phantastische Tierwesen 3: Dumbledores Geheimnisse
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Phantastische Tierwesen 3: Dumbledores Geheimnisse

    Falls Teil 4 nicht kommt, wäre dies ein würdiger Abschluss

    Von Annemarie Havran

    Mit großer Aufbruchsstimmung ging 2016 die heißerwartete Prequel-Reihe zur „Harry Potter“-Saga an den Start. Beginnend mit „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ sollte alle zwei Jahre ein weiterer Teil der auf fünf Filme ausgelegten Geschichte folgen – doch schon 2018 ging der Reihe spürbar die Puste aus: Im Gegensatz zu Deutschland, wo der zweite Teil sogar besser als der erste lief, erwies sich „Phantastische Tierwesen 2: Grindelwalds Verbrechen“ mit Einnahmen von knapp 655 Millionen Dollar global als finanziell schwächster Teil des gesamten „Harry Potter“-Franchises. Zudem reagierten Fans wie Kritiker*innen eher durchwachsen auf das Fantasy-Abenteuer, dem es nicht so recht gelingen wollte, den alten „Harry Potter“-Zauber auf der Leinwand und in den Herzen der Potterheads neu zu entfachen.

    Seitdem schien die Reihe wie von einem schwarzmagischen Fluch belegt: Während die Corona-Pandemie für allerlei Verzögerungen sorgte, wurde Johnny Depp gefeuert und J.K. Rowling löste mit als transphob wahrgenommenen Tweets einen weiteren Skandal aus. Auch dass nach zwei Filmen, für die J.K. Rowling die Drehbücher alleine verfasste, für Teil 3 nun „Harry Potter“-Alumnus Steve Kloves als Co-Autor an Bord geholt wurde, spricht dafür, dass im Hintergrund ein Rettungsversuch für die Reihe gestartet wurde. Im April 2022 ist „Phantastische Tierwesen 3: Dumbledores Geheimnisse“ mit viel Verspätung nun endlich da – und erweist sich gerade in Anbetracht der Tumulte als echt okay. Zwar merkt man dem überfrachteten Drehbuch das Bemühen um Schadensbegrenzung an, zugleich bietet Regisseur David Yates aber vor allem den bereits liebgewonnenen Figuren des „Tierwesen“-Universums noch einmal viel Raum, um auf der Leinwand zu scheinen.

    "Phantastische Tierwesen 3" ist in erster Linie der Film von Albus Dumbledore (Jude Law).

    Nach seinem dramatischen Auftritt auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise, bei dem er die magische Gemeinschaft aufrief, eine Herrschaft reinblütiger Zauberer über die Muggel einzuleiten, sammelt der sinistre Gellert Grindelwald (der nun aussieht wie Mads Mikkelsen) immer mehr Anhänger um sich. Hogwarts-Lehrer Albus Dumbledore (Jude Law) muss unterdessen tatenlos zusehen, denn ein Blutschwur macht es ihm unmöglich, gegen seinen einstigen Freund vorzugehen. Doch Dumbledore schmiedet einen Plan und dafür braucht er wieder einmal die Hilfe seines ehemaligen Schülers Newt Scamander (Eddie Redmayne).

    Scamander soll für diese Mission ein Team zusammenstellen – und holt neben seinem Bruder Theseus (Callum Turner) und seiner Assistentin Bunty (Victoria Yeates) auch noch Zauberei-Lehrerin Eulalie „Lally“ Hicks (Jessica Williams), Leta Lestranges Halbbruder Yusuf Kama (William Nadylam) sowie natürlich seinen guten Muggel-Freund Jacob Kowalski (Dan Fogler) mit an an Bord. Von Dumbledore mit verschiedenen Aufgaben betraut, reist die ungleiche Truppe zunächst nach Berlin, wo eine politisch aufgeheizte Stimmung herrscht: Denn die internationale Zauberer-Gemeinschaft steht kurz davor, ihren neuen Vorsitzenden zu wählen…

    Ein Geheimnis, das eh schon jeder wusste

    Gleich in der allerersten Szene des Films wird eine Katze aus dem Sack gelassen, der ohnehin schon voller Löcher war: Ein innerlich sichtlich gequälter Albus Dumbledore erklärt, dass er als junger Mann auch deshalb auf die ideologisch verblendeten Weltverbesserungspläne von Grindelwald eingestiegen sei, weil er ihn liebte. Der Film tut gut daran, diesen Elefanten ohne großes Brimborium gleich zu Beginn aus dem Weg zu räumen, nachdem das Drehbuch Dumbledore in Teil 2 noch umständlich herumlavieren ließ, er und Grindelwald hätten sich „nähergestanden als Brüder“. Dabei hatte J.K. Rowling die Liebesbeziehung in Interviews längst bestätigt, nur in den Filmen selbst ging man der Thematik immer wieder aus dem Weg – wofür es dann auch reichlich Kritik hagelte.

    Doch in der emotional aufgeladenen Eingangsszene wird nicht nur ein längst überfälliges Statement endlich auch mal ausgesprochen, hier wird auch der Schwerpunkt für den ganzen Film gesetzt: „Dumbledores Geheimnisse“ ist ganz und gar der Film von Albus Dumbledore, den wir diesmal mit einer Verletzlichkeit und inneren Zerrissenheit kennenlernen, die dem sonst so selbstsicher und verschmitzt auftretenden Gentleman und späteren, gütig-graubärtigen Hogwarts-Schulleiter eine neue, sehr menschliche Facette verleiht. Einen Blick in Dumbledores gepeinigte, von Selbstvorwürfen und Bedauern zerfressene Seele zu werfen, hat etwas von einem Wiedersehen mit seinem Klassenlehrer nach 20 Jahren – plötzlich sieht man den Menschen hinter dem Pauker.

    Im dritten Film wird Gellert Grindelwald bereits vom dritten Darsteller verkörpert - nach Colin Farrell und Johnny Depp nun also Mads Mikkelsen.

    Diese Sichtweise auf Dumbledore passt dazu, dass die „Phantastische Tierwesen“-Reihe ohnehin ein wenig wie „Harry Potter für Erwachsene“ anmutet. Die „Potter“-Fans, die damals als Kinder in die Zaubererwelt des Jungen mit der Blitznarbe eintauchten, kehren nun als Erwachsene in die Wizarding World zurück – und sehen nicht nur Albus Dumbledore mit neuen Augen, sondern erleben auch eine wesentlich düsterere Version der magischen Welt, in der mit dem in den 1930er Jahren in Berlin (!) nach der Macht greifenden, von Reinblütigkeit schwadronierenden Gellert Grindelwald eine (überdeutliche) Allegorie auf den Nationalsozialismus ausgebreitet wird.

    Ist Albus Dumbledore diesmal die (gepeinigte) Seele des Films, bleibt Newt Scamander aber weiterhin dessen schlagendes Herz. Und dem scheuen Magizoologen und seinen Tierwesen ist es zu verdanken, dass die schwermütige Stimmung in den etwas überlangen fast zweieinhalb Stunden des Films immer wieder aufgebrochen wird. Auf einfallsreiche Art werden Scamanders treue Begleiter, der schlösserknackende Bowtruckle Pickett und der auf Glitzerkram versessene Niffler Teddy, immer wieder in die Handlung eingebunden, sodass sie mehr sind als bloß niedliches Beiwerk, das längst die Herzen der Fans erobert hat. Und wenn Newts berühmter Koffer plötzlich im wahrsten Sinne des Wortes Beine bekommt oder ein magischer Vogel seine vielfältigen Transformationsmöglichkeiten einsetzt, um Newt aus einer brenzligen Situation zu retten, sind genau das die Momente, die das Publikum am wirksamsten in die magische Welt hineinziehen und so zum Lachen und Staunen bringen.

    Zu viel des Guten

    Gestaunt werden kann auch immer dann, wenn Zauberstäbe gezückt werden. Die visuellen Effekte sitzen auch in diesem Teil der Reihe wieder bombenfest – und sorgen zusammen mit den detailverliebten Sets für beeindruckende Szenen. Wenn Neuzugang Lally während eines Gala-Dinners inmitten eines Ballsaals einen Sturm entfesselt und zusammen mit Jacob, der sich ein ums andere Mal als sympathischer Szenendieb erweist, über ein als Portschlüssel zweckentfremdetes Buch entkommt, dann ist das ein rasanter, optisch beeindruckender Spaß – der aber eben nicht ganz davon ablenken kann, dass der Film mit tonal uneinheitlichen Handlungssträngen und Einfällen überladen wurde, statt sich die Zeit zu nehmen, einzelne Konflikte näher auszuleuchten oder Nebenfiguren wie Newt Scamanders Rat Pack mehr Tiefe zu verleihen.

    Völlig verheizt wird nämlich zum Beispiel die Credence-Storyline, nachdem zwei Filme lang ein großes Geheimnis um die von Ezra Miller gespielte Figur aufgebaut wurde. Während auf der einen Seite Newt Scamander und Konsorten fast schon im Stile eines Heist-Movies internationale Abenteuer erleben, auf der anderen Seite Albus Dumbledore und Gellert Grindelwald ihrer unausweichlichen Konfrontation immer näherkommen und dazwischen die magische Welt im politischen Aufruhr ist, ist die Geschichte von Credence nur noch eine Randnotiz. Ein eindrucksvoll inszeniertes, aber emotional blutleeres Duell zwischen ihm und Albus wirkt hastig dazwischengeschoben – und auch ein späterer Rückblick Dumbledores auf seine Familiengeschichte, der für „Potter“-Fans interessante Enthüllungen bereithält, bekommt kaum Raum sich zu entfalten.

    Die titelgebenden Tierwesen betätigen sich auch diesmal wieder als zuverlässige Szenendiebe...

    Es ist nicht nur dieser Handlungsstrang, der am Ende überhastet und mit einigen Logiklöchern durchsetzt aufgelöst wird, weshalb selbst Dumbledore irgendwann die Erklärungen ausgehen und er dann auch schon mal das „Schicksal“ als Grund für bestimmte Ereignisse bemühen muss. Es wirkt, als hätte man am Ende des Films – im Gegensatz zum Aurelius-Dumbledore-Cliffhanger am Ende von Teil 2 – lieber nicht zu viele Erzählstränge offenlassen wollen. Wohl auch deshalb, weil noch nicht sicher ist, ob „Phantastische Tierwesen 4“ tatsächlich noch kommt. Raum für die beiden aktuell noch angedachten Fortsetzungen wäre zwar reichlich vorhanden, aber das mit einer packenden Konfrontation aufwartende Ende des Films könnte trotzdem auch gut als „kleines Finale“ für sich stehenbleiben.

    Fazit: Auch der dritte Teil der Prequel-Reihe zu „Harry Potter“ lockert die düstere Grindelwald-Geschichte wieder mit zauberhaften Tierwesen-Abenteuern auf, bürdet sich inhaltlich aber zu viel auf und mündet in einem emotional zwar packenden, aber in vielerlei Hinsicht überhasteten Finale. Inzwischen sind einem Newt Scamander, sein Koffer voller Tiere und vor allem der junge Albus Dumbledore aber so ans Herz gewachsen, dass man holprige Drehbuch-Entscheidungen schneller zu verzeihen bereit ist – und vor allem ganz fest die Daumen drückt, dass die „Tierwesen“-Reihe noch würdig zu Ende gebracht wird.

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