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Michael S.
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3,5
Veröffentlicht am 3. November 2016
Biblische Berichte über die Kindheit Jesu finden sich höchtens in apokryphen Schriften und in dem Hinweis, dass der künftige Erlöser seinen Eltern bei einem Besuch in Jerusalem einen gewaltigen Schrecken einjagte. Dennoch gehen die Drehbuchautoren behutsam genug an das Thema heran und vermeiden unnötige Spekulationen. Am Ende kommt dabei beinahe ein Familienfilm heraus, wären da nicht immer wieder symbolisch aufgeladenen Momente, in denen unübersehbar auf das zukünfitge Schicksal des Jungen verwiesen wird. Jesus muss schon früh lernen, dass die Welt eben kein netter Ort ist, sondern auch aus Ungerechtigkeit und Gewalt besteht.
Jenseits davon darf er über längere Zeit aber auch einfach nur Kind sein und mal fröhlich durch die Gegend toben oder den Dorfrabbi an die Wand diskutieren. Seine in der Bibel zwar erwähnten, in Filmen jedoch oft unterschlagenen Geschwister machen die Familiensituation gleich viel dynamischer und auch Maria und Josef erweisen sich als engagierte aber auch vorsichtige Eltern, die nicht immer wissen, was sie mit ihrem Wunderknaben anfangen sollen. Am besten ist der Film in den Momenten, in denen er bekannte Figuren von ihrem Sockel hebt und als echte Menschen in präkären Situationen zeigt, die eben auch einmal eine Menge Angst haben können. Für den Humor ist übrigens Jesus' Onkel Kleopas zuständig, der ein paar nette Oneliner raushaut, die den sonst mal ernsten und mal zahmen Film angenehm auflockern.
Eine Handvoll Griffe in die Klischeekiste hätten nicht sein müssen. Sean Bean spielt zwar knurrig wie immer, sein Römer Severus ist allerdings fast bis zum Schluss nur jener altgediente Veteran, den er schon zu oft gespielt hat. Ein Herodes Antipas mit Hippie-Avancen lässt sich aufgrund weniger Auftritte gerade noch ertragen, während ein goldgelockter Teufel im schwarzen Gewand dann doch etwas albern wirkt. Pferdefüße und Hörner tauchen im Bibeltext zwar nicht auf (dort ist Satan ein gefallener Engel und als solcher vermutlich alles andere als hässlich), sein verschwörerisches Geflüster macht ihn aber noch lange nicht zum glaubwürdigen Bösewicht. Die größte Schwäche des Films bleibt aber seine immense Lauflänge. Aus den beinahe zwei Stunden hätte man gut und gerne auch neunzig Minuten machen können, ohne dass die Handlung gehetzt wirken würde.
Wer das verschmerzen kann wird in "Der junge Messias" ein liebevoll und unaufgeregt entworfenes und ganz nebenbei auch schön gefilmtes Kapitel der Geschichte(n) um Jesus finden, das es so bisher noch nicht zu sehen gab.