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    The Gunman
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    The Gunman
    Von Carsten Baumgardt

    Pierre Morel gelang 2008 einer der verblüffendsten Besetzungscoups seit langer Zeit: In dem knüppelharten Action-Thriller „96 Hours“ funktionierte er den etablierten Charakterdarsteller Liam Neeson im zarten Alter von damals 56 Jahren zum ultra-grimmigen Actionhelden um - der Brite pflügte wie ein Berserker durch Gegnerhorden und schlug alles kurz und klein, was sich ihm in den Weg stellte – der Beginn einer späten, aber erfolgreichen Karriere als Kino-Klopper. Für seinen Euro-Action-Thriller „The Gunman“ versucht Morel seinen Geniestreich nun zu reproduzieren: Sean Penn, 54 beim Dreh, hat ordentlich Muskelpakete aufgebaut und tritt hier erstmals als Edel-Actionheld in Erscheinung. Dass dabei nicht der gleiche Aha-Effekt auftritt wie einst bei Neeson, liegt auch am Drehbuch: Nach einem starken Beginn gerät die hochinteressante Ausgangssituation immer mehr aus dem Fokus und zunächst anklingende politische und moralische Fragen werden zugunsten von austauschbaren Genre-Klischees an die Seite gedrängt.

    2006: Der ehemalige Special-Forces-Soldat Jim Terrier (Sean Penn) ist in der Demokratischen Republik Kongo Teil einer kleinen Söldner-Elitetruppe, die den korrupten kongolesischen Bergbau-Minister eliminieren soll. Nach dem erfolgreichen Todesschuss, der ausländischen Investoren die Ausbeutung der Bodenschätze im Land erleichtern soll, muss Terrier fliehen - und seine Ärzte-Freundin Annie (Jasmine Trinca) ohne eine Erklärung zurücklassen. Acht Jahre später nagt das schlechte Gewissen schwer an dem Ex-Söldner, der sich aus dem Todesgeschäft zurückgezogen hat und für eine Hilfsorganisation im Kongo Brunnen buddelt. Als ein Todeskommando die Baustelle überfällt und einen Anschlag auf Terrier verübt, gelingt ihm nur knapp die Flucht zurück nach London, wo er seinen Lebensmittelpunkt hat. Nach einigen Recherchen stellt Terrier fest, dass bereits zwei seiner ehemaligen Mitstreiter getötet wurden, die bei dem Minister-Attentat dabei waren. Er wendet sich an seinen alten Söldner-Kollegen Cox (Mark Rylance), um ihn zu warnen. Und auch Felix (Javier Bardem), der damals im Kongo bei einer Hilfsorganisation im Einsatz war, stattet er in Spanien einen Besuch ab – mittlerweile ist der Unternehmer mit Terriers alter Liebe Annie verheiratet.

    Angestachelt durch das Erfolgsmodell „96 Hours“ (zwei kommerziell ertragreiche Sequels folgten) schießt nun der nächste potenzielle Franchise-Pilz aus dem europäischen Boden. Für die spanisch-britisch-französische Co-Produktion „The Gunman“ nach dem Roman „The Prone Gunman“ (1981) von Jean-Patrick Manchette steht Regisseur Pierre Morel („From Paris With Love“) eine erstklassige Besetzung zur Verfügung – auch wenn dieser Euro-Actioner ausnahmsweise nicht aus der berühmt-berüchtigten Hit-Schmiede von Luc Besson stammt, wo Morel selbst einst auch seine Sporen verdient hat. Bei „The Gunman“ hat vielmehr das Produzenten-Urgestein Joel Silver („Matrix“, „Stirb langsam“) die Federführung übernommen, zusammen mit Andrew Rona („Non-Stop“, „Unknown Identity“) und Sean Penn persönlich. Der politisch bekanntermaßen engagierte Star dürfte sich besonders für den Hintergrund der Genre-Geschichte interessiert haben und wenn in „The Gunman“ ein Schlaglicht auf die chaotische Situation im von Bürgerkrieg und Genozid schwer gebeutelten Kongo geworfen wird, erweist sich das nicht nur als atmosphärisch packend, intensiv und beklemmend, sondern es hat zumindest im Ansatz durchaus auch kritisch-aufklärerische Untertöne. Es brodelt in diesem unübersichtlichen Hexenkessel - und mittendrin befindet sich die Söldnertruppe bei ihrer schmutzigen Arbeit gegen Leute, die noch mehr Dreck am Stecken haben.

    Der hier verhandelte moralische Konflikt, der wenig subtil mit der (Dreiecks-)Liebesgeschichte zwischen Sean Penn, Jasmine Trinca („Das Zimmer meines Sohnes“) und Javier Bardem („Skyfall“, „No Country For Old Men“) verknüpft wird, ist ein wenig zu dick aufgetragen, um deutlich über Afrika-Klischees hinauszugehen, aber als dramatischer Zündstoff funktioniert er über weite Strecken gut. Deshalb ist es bedauerlich, wenn die Kongo-Krise bei der späteren Hatz auf Sean Penn und Jasmine Trinca durch Afrika und halb Europa (London, Barcelona, Gibraltar) keine große Rolle mehr spielt und der Film zunehmend nach starren Genreregeln verläuft. Immerhin inszeniert Pierre Morel das zackig und macht aus „The Gunman“ einen hochoktanigen Action-Thriller mit rasanten Verfolgungsjagden, satten Schusswechseln und wuchtigen Nahkämpfen – angetrieben von Marco Beltramis  („Todeszug nach Yuma“, „Snowpiercer“) bedrohlich wummernder Musik und präsentiert in griffig-dreckigen Hochglanz-Bildern. Dass der harte Hund Jim Terrier allerdings auch noch von einem Hirnschaden samt Dauerkopfschmerzen geplagt wird, die immer dann eintreten, wenn es dramaturgisch hilfreich ist, hinterlässt einen eher zwiespältigen Eindruck.

    Dabei ist Sean Penn physisch absolut auf der Höhe und die freigestellten Venen, die an seinen muskelbepackten Oberarmen pumpen, während Terrier verzweifelt um sein Leben strampelt, gehören durchaus zu den Attraktionen des Films. Der zweifache Oscar-Preisträger (für „Mystic River“ und „Milk“) ist auch als komplett humorloser Kraftprotz glaubhaft und verkörpert genau die Macho-Attitüde, die das Genre in der Vergangenheit schon so oft befeuert hat. Viel mehr als das fügt Penn seinem Porträt jedoch nicht hinzu – und so ergibt sich insgesamt eine solide Vorstellung. Ähnliches gilt auch für die Nebendarsteller – mit einer Ausnahme: Javier Bardems Figur ist so eindimensional und ohne jede Finesse gezeichnet, dass der Spanier als schmieriger Felix geradezu zum Chargieren gezwungen ist. Im Gegensatz dazu hätte man von Idris Elba („Mandela“, „The Wire“) gerne mehr gesehen - sein cooler Auftritt als Interpol-Agent DuPont ist viel zu kurz. Der knurrige Ray Winstone („The Departed“) wiederum steuert als treuer Sidekick Stanley rustikalen Buddy-Charme bei, während die Italienerin Jasmine Trinca („Saint Laurent“) in ihrem internationalen Action-Debüt trotz der 21 Jahre Altersunterschied ein nettes Leinwandpaar mit Sean Penn bildet.

    Fazit: Regisseur Pierre Morel kann die Hochspannung der brisanten Ausgangslage nicht über die ganze Strecke halten und so ist „The Gunman“ insgesamt ein solider Action-Thriller mit einem körperlich beeindruckend auftretenden Sean Penn.

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