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    Nebenwege
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Nebenwege
    Von Andreas Günther

    „Do magst mi do ooochh!“ Mit diesen Worten legt sich Bauer Ferdl zu der 75 Jahre alten Hilde Beller in einer Szene des komödiantischen Roadmovie „Nebenwege“ ins Stroh legt und bedrängt sie. Thilo Prückner (“Iron Sky“) hat hier einen großartigen Auftritt als urbayerischer Lüstling, der sich beim abendlichen Zitherspiel, Gesang und Bier erotisch aufheizt, bevor er sich an der verirrten Wallfahrerin vergreifen will, die mit erwachsenem Sohn und Enkelin in seiner Scheune nächtigt. Diese groteske Szene ist eine der wenigen Perlen im Kinoregiedebüt von Autor und Regisseur Michael Ammann. Im Übrigen gibt es mal vorhersehbare, mal unplausible, aber selten unterhaltsame Episoden.

    Der geschiedene Münchner Architekt Richard Beller (Roeland Wiesnekker) hat Stress: An diesem Wochenende soll endlich der Umzug seiner dementen Mutter Hilde (Christine Ostermayer) ins Heim stattfinden, doch in seinem Büro steht ein wichtiges Projekt auf der Kippe. Außerdem hat er seine muffelige, spätpubertierende Tochter Marie (Lola Dockhorn) am Hals, deren Geburtstag er auch noch vergessen hat. Und dann reißt die Mutter aus mit Ziel Altötting, wo sie die Statue der schwarzen Madonna um Hilfe anrufen will. Sie zu suchen, führt nicht nur in die Scheune des lüsternen Bauern Ferdl (Thilo Prückner), sondern auch zu Unfällen, Verlust von Papieren und schließlich gar dem Diebstahl eines Polizeifahrzeugs.

    Das Verhältnis von Kindern zu ihren Eltern steht im Zentrum der Geschichte von „Nebenwege“ und wird zusätzlich durch die Alzheimererkrankung der greisen Hilde Beller - grandios gespielt von Christine Ostermayer - aufgeheizt. Die flüchtet sich angesichts ihrer Krankheit in den Glauben, trotz aller Zweifel. Am Boden zerstört, will sich die schreiende Hilde Beller einmal im Sand eingraben und sterben, ein anderes Mal stößt sie sich an einem Kruzifix den Kopf blutig. Keineswegs übertrieben wirken diese Exzesse, sondern aus tief empfundener Ausweglosigkeit geboren. Doch dieses Thema bleibt zunehmend am Wegesrand liegen, begraben unter Pittoreskem wie einer Brotzeit für Pilger auf einem Jahrmarkt, musikalisch übermalt vom ewig gleichen optimistischen Glockenspiel und der lustig plärrenden Tuba.

    Michael Ammann verfügt über reichhaltige Fernseherfahrung. Seit Jahren ist er als Regisseur, Produzent und Stoffentwickler tätig, hat dabei vor allem für Soaps wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ und „Verbotene Liebe“ gearbeitet. „Nebenwege“ ist sein Debüt auf der großen Leinwand, doch gerade beim Drehbuch und der Inszenierung fehlt die Sorgfalt. Unplausible Ereignisse stören den Fluss der Geschichte, noch mehr aber Roeland Wiesnekkers cholerisches Spiel. Statt sich Zeit für die interessanten Aspekte seiner Geschichte zu nehmen, hetzt Amman von Szene zu Szene, so als hätte er Angst, dass man ansonsten einfach wegzappen würde. Was man manchmal gern täte.

    Fazit: Reichhaltig im Ansatz, weiß Michael Amman in seinem Kinoregiedebüt „Nebenwege“ mit dem Thema Glauben letztlich wenig anzufangen.

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