Achtung, SPOILER!
Vorweg: Ich wollte diesen Film mögen und ging ohne Vorbehalte ins Kino. Ich fand die beiden ersten Hobbit-Filme auch nicht schlecht und ich bin auch kein Buch-Purist. Schlussendlich hat mich der Film kaum emotional berührt..
Es gab Szenen, die in Ordnung waren, zwischen Bilbo und Thorin, vereinzelt. Das Elbenheer war schön designt. Ja, die sehen schon irgendwie alle gleich aus. Aber wenigstens auch gleich gut. Smaug sieht überwältigend aus, wie zuvor auch schon. Musik und Bild harmonieren gut.
Allerdings:
* Der Film hat keinen richtigen Anfang und kein Ende. Die Spannung gipfelt, ohne je wirklich aufgebaut worden zu sein, im Tod Smaugs und fällt anschließend ins Bodenlose. Und am Ende jagt ein „Höhepunkt“ den anderen, nur um dann ganz plötzlich abzureißen und viel zu schnell wieder in eine andere Stimmung umzuschwenken, ohne dass man einmal Zeit hätte, wirklich ins Geschehen einzutauchen. Da gibt es kein konsequentes Konzept, alles wirkt wild zusammengeflickt.
* Es gibt viel zu viele unnötige Handlungsstränge, die aber alle entweder oberflächlich bleiben, oder erst gar nicht zu einem Ende geführt werden. Alfrid, diese unlustige wandelnde Lachnummer ohne nennenswerte Charakterzüge, ist derart nervig, das hat sogar eine Art Verfremdungseffekt. Zu oft wird der Film unfreiwillig komisch, als Tauriel von ihrem kleinen Ausflug nach Gundabad zurückkehrt und sich vor Thranduil platziert, um ihm allen Ernstes zum Vorwurf zu machen, in seinem Leben gäbe es keine Liebe, er kenne die Liebe nicht beispielsweise... Man kann es übertreiben. Ich wollte jedenfalls keine Seifenoper mit dem Titel "Mittelerde Tag & Nacht" sehen.
* Der Film ist zu oft vorhersehbar. Man ertappt sich dabei, zu denken "Nein, Smaug, bitte fall jetzt nicht auf das Boot des Bürgermeisters. Diesen platten >Gerechte Strafe<-Witz kannst du mir nicht antun", oder "Nein, bitte zoomt jetzt nicht auf Azogs Auge, das hat man doch alles schon gesehen"
* Die Charaktere sind nicht wirklich ausgearbeitet. Der Hobbit und die meisten Zwerge werden v.a. in der zweiten Hälfte zu Statisten. Thorins Wahnsinn ist gut gespielt, die Wandlung kommt aber viel zu plötzlich und wirkt in Visionen gipfelnd, als würde er jetzt endgültig dem Wahnsinn anheim fallen, nur um dann trotzig seine/n Krone/Helm auf den Boden zu schleudern. Bard bleibt heroisch blass. Thranduil bleibt seiner kalten, egoistischen Linie treu, bis er einen von seiner Kindheit offenbar traumatisierten Legolas in einer völlig deplatzierten Szene mit dem Satz „Deine Mutter hat dich sehr geliebt.“ nach Jahrhunderten aus dem Nichts zum ersten mal auf seine Mutter anspricht. Was soll das?
* Überhaupt wirkt alles konstruiert. Man dreht es sich immer hin, wie man es grade brauchen kann. Achja, wir müssen auf den Rabenberg – da wachsen schnell gesattelte Widder aus dem Boden. Und es fliegen von irgendwoher Pfeile um die Ecke oder es werden mal eben Schwerter geschleudert, wenn ein Charakter schon lange Tod sein müsste. Oder Elben fliegen mit Fledermäusen auf Türme, um dann Schwerter in Trollköpfe zu stoßen, um besagte Trolle auf diese Weise in Türme zu steuern, die dann umfallen und zu Brücken umfunktioniert werden und so zu wunderbaren Tempel Run/Super Mario/Matrix-Stunts genutzt werden können. Bards Mario Kart-Einlage mal nicht zu erwähnen. Super Sache. Nur wenn dann in all dem Spaß Fili und Kili so sang- und klanglos sterben, dann wirkt das einfach nicht mehr glaubwürdig. Sie sterben nicht, weil sich das aus der Situation ergibt, sondern weil sie im Buch schlicht und ergreifend auch sterben und dann wird in diesem einen Moment eben kein rettendes Ding der Unmöglichkeit von ganz weit hergeholt.
* Dol Guldur gehört noch mit zu den besseren Szenen, allerdings ist Galadriels Aktion schon leicht an der Grenze, ein wenig würdevoller hätte es auch getan. Ein Freund meinte, sie sähe aus wie eine „wieder auferstandene Wasserleiche aus einem schlechten Horrorfilm“ Ja, ich weiß, sie trägt den Ring des Wassers, aber das ist wirklich fast ein wenig zu viel, ist 10 Jahre zuvor besser umgesetzt worden
* Weitere nervige Kleinigkeiten finden sich massenhaft: Bards Holztürmchen hält einem hinein krachenden Drachen stand. Smaug zeigt keinerlei Reaktion darauf, dass Bard den einzigen Pfeil in Händen hält, der ihm gefährlich werden kann. Die Zwerge tragen im Erebor Rüstungen, nur um sie dann auszuziehen, sobald sie sich der Schlacht anschließen? Ach stimmt, so ein Brustpanzer hätte man ja brauchen können, wenn man ein Schwert in die Brust bekommt – das geht dann natürlich nicht. Tauriel ist scheinbar völlig unwissend, sie muss ständig den ahnungslosen Vorlagen-Geber für Erklär-Elb Legolas spielen: „Gundabad?“ – „Ach üüüübrigens, Gundabad ist…“, „Diese Fledermäuse wurden für einen Zweck gezüchtet“ – „Für welchen?“ - „Für Krieg!“ - Ach neee… Und Azog treibt in Kampfmontur unter der Wasseroberfläche, so ein Schwert wiegt ja auch nichts. Zudem scheint er den Meistertitel im Sprungschwimmen zu verteidigen.
* Ganz schlimm sind diese einzelnen „Endboss-Kämpfe“ auf dem Rabenberg, sieht bei Thorin vs. Azog aus, als hätte man sich bei Zelda - Twilight Princess durch einen Dungeon geschlagen, um dann dramatisch gegen einen Endgegner zu kämpfen, der nach der ersten bestandenen Runde die Waffe wechselt.
* Und was sollte das jetzt eigentlich alles? Da wollen sich alle den ganzen Film über wegen Arkensteinen, Goldmünzen, anderen Edelsteinen und der strategischen Position Erebors gegenseitig bekämpfen und am Ende ist das alles vergessen? Wer wird jetzt König unter dem Berg? Was wird mit Bard und den Menschen aus Esgaroth? Mit dem Elbenheer? Mit dem Zwergenheer? (Und wo sind eigentlich die ganzen Leichen hin?) Ohne die Lösung so mancher Fragen wird der ganze Film doch sinnlos.
* Und was will dieser Film eigentlich sein? Also entweder man belässt es bei dem kindlicheren Tonfall des Buches oder man zieht eine epische, grausame Schlacht auf. Aber kein auf düster getrimmtes Irgendetwas, in dem zum Krieg gezüchtete Orks massenweise ihren Kopf verlieren, ohne dass dabei Dreck oder Blut zu sehen wäre, wir wollen ja FSK 12.
Aber am schlimmsten finde ich, dass auch für den dritten Teil Potential da gewesen wäre. Das lag nicht einfach daran, dass man ein dünnes Buch auf drei Filme aufgeteilt hat. Das war viel zu viel ewig gleiche Action und das wichtigste hat man trotzdem weggelassen.
Aber das ist Ansichtssache. Es steht auch jedem frei, anderer Meinung zu sein.