„Ich habe den Bau eingerichtet und er scheint wohlgelungen“, lautet der erste Satz der klaustrophobischen Erzählung „Der Bau“ (1923/24) von Franz Kafka. In dem unvollendeten Text kreisen die Gedanken eines maulwurfartigen Tiers um seinen weit verzweigten und sorgfältig gegen Eindringlinge geschützten Bau im Erdreich. In der sehr freien Adaption von Jochen Alexander Freydank (Kurzfilm-Oscar für „Spielzeugland“) übernimmt Axel Prahl („Halbe Treppe“, „Tatort“) die Hauptrolle. Sein Bau ist ein Luxusapartment in einem roten Häuserklotz, der aus einer Betonwüste ragt. Prahl rezitiert den Eröffnungssatz und andere Stellen aus der Kafka-Erzählung und Freydank gibt sich Mühe, mit schrägen Kameraperspektiven nach Art des expressionistischen Stummfilmkinos der Weimarer Republik, einer Tonspur voller unruhiger elektronischer Klänge und viel nebelverhangener Dunkelheit eine „kafkaeske“ Atmosphäre zu erzeugen. Dabei trägt er allerdings etwas dick auf, womit er die mysteriöse Wirkung seines düsteren Psychogramms deutlich schmälert.
Der gut situierte Bankangestellte Franz (Axel Prahl) geht auf die 50 zu und zieht mit seiner Familie in eine geräumige Wohnung. Die Freude ist zunächst groß, doch bald entwickelt Franz einen Verfolgungswahn und ein groteskes Bedürfnis nach Sicherheit. Als er auch noch seinen Job verliert, schreitet die Verwahrlosung rasch voran… In der Kafka-Erzählung führt der tierische Protagonist einen inneren Monolog und verliert sich zusehends in seiner paranoiden Gedankenwelt. Bei Jochen Alexander Freydank wird aus dem (metaphorischen) Tier direkt ein Mensch – und der Regisseur lässt ihn die Original-Textstellen in eine Videokamera sprechen. Sowohl die Verwendung der wörtlichen literarischen Zitate als auch ihre selbstreflexive Inszenierung wirken indes gekünstelt. Dabei gewinnt Freydank der enigmatischen Vorlage durchaus aktuelle Bezüge ab: Der Rückzug ins Private (Stichwort: Cocooning) wird bei ihm genauso zum Thema wie die Bedeutung des Arbeitslebens für das Selbstbild, aber mit seinem Zuviel an Stilisierung und an bedeutungsschwangeren Zuspitzungen verharrt er letztlich nur an der Oberfläche.
Fazit: Die interessanten thematischen Ansätze und die potentiell äußerst unbehagliche Stimmung bleiben bei Jochen Alexander Freydanks allzu plakativer Kafka-Adaption zu großen Teilen auf der Strecke.