Der erste Versuch, aus Taylor Lautner nach dem Ende der „Twilight“-Reihe einen Action-Star für die nächste Generation zu formen, ist schon 2011 mit dem Big-Budget-Flop „Atemlos – Gefährliche Wahrheit“ in die Hose gegangen. Seitdem war der Waschbrett-Werwolf zwar immer mal wieder für die Hauptrolle in der Actionfigur-Adaption „Stretch Armstrong“ im Gespräch, aber geklappt hat es letztendlich nur mit einer Nebenrolle in der Adam-Sandler-Komödie „Kindsköpfe 2“ und als Andy-Samberg-Ersatz in der britischen Sitcom „Cuckoo“. Aber Lautner ist ja dafür bekannt, nicht so leicht aufzugeben (immerhin hat er einst auch Chris Weitz mit seinem Trainingswillen überzeugt, als der Regisseur von „Twilight: New Moon“ ihn durch einen muskulöseren Darsteller ersetzen wollte). Und so folgt nun vier Jahre nach „Atemlos“ ein zweiter Anlauf als Actionheld, wenn auch in einem deutlich niedriger budgetierten Film: In Daniel Benmayors Parkour-Thriller „Tracers“ überzeugt Lautner mit zum Großteil selbst absolvierten Stunts – aber obwohl bei einem Film dieses Genres die Story natürlich nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt, scheitert der Comeback-Versuch letztlich trotzdem am miserablen Skript.
Als ob es nicht schon schwer genug wäre, als Fahrradkurier in New York seinen Lebensunterhalt zu verdienen, muss Cam (Taylor Lautner) neben seinen Mietschulden auch noch einen Kredit bei der chinesischen Mafia abbezahlen. Als er durch einen Zufall die attraktive Nikki (Marie Avgeropoulos, „The 100“) und ihre Parkour-Clique kennenlernt, sieht Cam jedoch die Chance gekommen, sich aus seiner brenzligen finanziellen Situation zu befreien. Für ihren Anführer Dylan (Rafi Gavron, „Hunted“) erledigen die jungen Extremsportler nämlich allerlei illegale Aufträge und werden dafür großzügig entlohnt. Aber so simpel ist die Sache mit dem Big Money im Big Apple dann doch nicht: Erst geht ein Überfall komplett schief und außerdem gefällt es Dylan überhaupt nicht, dass sich der Neuling Cam an seine Freundin Nikki ranmacht…
Die Hauptattraktion von „Tracers“ sind ohne Frage die Parkour-Szenen auf einem ausgedienten Militärschiff und in den Häuserschluchten New Yorks, für die die Produzenten nicht nur einige der besten Parkour-Läufer der Welt, sondern auch den Bond-Stuntkoordinator Gary Powell („Casino Royale“, „Skyfall“) gewinnen konnten. Dabei verzichtet der vor allem als Werbefilmer bekannte Regisseur Daniel Benmayor („Paintball“) abseits einiger rasanter GoPro-Mini-Kamera-Aufnahmen zum Glück auf allzu hektische Schnitte und setzt stattdessen vornehmlich auf Totalen – nur so kann das Publikum die atemberaubenden Sprünge und Klettereinlagen der Leistungssportler voll genießen, ohne den Eindruck zu haben, das wären alles nur die üblichen Schnitt-Tricksereien der Traumfabrik. Dass Taylor Lautner zudem erkennbar viele der Stunts selbst durchführt, unterstreicht die spannungssteigernde Authentizität der Actionszenen zusätzlich (wobei dem „Twilight“-Beau die durchtrainiert-drahtige Figur eines Parkour-Läufers viel besser steht als die eines mondsüchtigen Muskelprotzes).
Nun wären die Filmemacher gut beraten gewesen, den Traceurs die Bühne für ihre spektakulären Stunts zu bereiten und ihre hemmungslos aus anderen Filmen zusammengeklaubte Ménage-à-trois-Gangster-Geschichte möglichst unauffällig im Hintergrund zu halten. In der ersten Hälfte gelingt das auch noch recht gut – da reihen die Autoren zwar auch nur ein Klischee an das andere, aber der rudimentäre Plot spielt nur eine so untergeordnete Rolle, dass das gar nicht weiter stört. Doch je näher das Finale kommt, desto wilder werfen die Autoren plötzlich mit hanebüchenen Wendungen um sich – und dann geht die Glaubhaftigkeit der Figuren gemeinsam mit dem geringsten Anspruch an die Logik der Handlung völlig flöten: Anführer Dylan brüstet sich gern damit, dass in seiner Truppe im Gegensatz zu anderen Gangs alles superprofessionell läuft – trotzdem verrät er seinen Leuten erst Sekunden vor dem Coup, was ihre Aufgabe ist. Er schickt sie ohne jede Vorbereitung in eine schwerbewachte Bank, wo sie dann auch noch feststellen, dass sie ja den Code für den Tresor gar nicht haben. Solch geballter Unfug versaut einem schließlich auch den Spaß an den akrobatischen Höchstleistungen der Parkour-Profis.
Fazit: Die Parkour-Szenen sind top – aber irgendwann geht einem die hanebüchene Handlung so sehr auf die Nerven, dass die Action auch keine rechte Laune mehr machen will.