Ein blutig, witziger und wilder Ritt ohne viel Anspruch und Feingefühl!
Hierzulande kennen wohl nur Wenige Troma Entertainment. Unter der Leitung von Lloyd Kaufman produzierte das amerikanische Studio blutige und eklige B-Movies. Der wohl berühmteste Film der radioaktiven Firma ist zweifelsohne „The Toxic Avenger“ von 1984, der unter anderem auch Peter Jackson inspirierte einige Splatter-Filme zu drehen. Mit dem Helden „Toxie“ gelang Troma Entertainment ein neues und recht erfolgreiches Franchise. Neben drei Fortsetzungen, Marvel-Comics und einem Musical, entstand 2023 sogar ein Remake mit Peter Dinklage, das jedoch bis heute auf seine Veröffentlichung wartet, da der Film offenbar zu „Krass“ ist. Aber kein Wunder, wenn man sich das Original anschaut: „The Toxic Avenger“ ist eine völlig überdrehte und brutale Splatter-Satire, bei der es nahezu keine Grenzen gibt. Filme wie dieser sind heute praktisch nicht mehr denkbar, da sie auch in vielen Bereichen sehr schlecht gealtert sind bzw. problematische Ansichten zeigen (und ich spreche hier nicht von den blutigen Szenen). Aber schauen wir uns das trashige Kunstwerk doch mal genauer an, immerhin wird Toxie mit diesem Film bereits 40 Jahre alt!
Der schüchterne und dennoch gutherzige Melvin arbeitet als Hausmeister in einem Gym. Doch viele der durchtrainierten Muskelpakete können ihn nicht ausstehen. Eine besonders diabolische Bande von Teenagern, die nachts zum Spaß Kinder überfahren und deren Überreste fotografieren, spielen dem armen Melvin einen üblen Streich, bei dem er in eine Tonne voll von Atommüll fällt. Daraufhin verwandelt er sich in den übernatürlich, starken Toxie, der von nun an das Böse bekämpft und Rache an seinen Peinigern sucht…
Was nach einem extrem platten Superhelden-Film klingt entpuppt sich als absoluter Fiebertraum! Der Film nimmt visuell kein Blatt vor den Mund und geht zu jeder Sekunde in die Vollen. Alle Figuren sind praktisch ins Unendliche hin überzogen und agieren eher wie Charaktere aus einem Looney Tunes-Cartoon. Das permanent, furchtbare Overacting der Darsteller ist so unterhaltend, wie anstrengend. Es wird viel geschrien und jegliche Mimik geht in die Extreme.
Aber auch die Welt, in der der Film spielt, ist an Satire kaum zu überbieten: Verbrechen geschehen am helllichten Tage, die Polizisten machen sich bei einem Mord schadenfroh über die Opfer lustig (zugegeben, es sind in dem Falle auch abartige Verbrecher gewesen) und eine ganze Stadt bejubelt oder verachtet (je nach Szene) ein brutales Monster. „The Toxic Avenger“ ist fast schon eine Art Kunstfilm, so überzogen wie das alles hier präsentiert wird. Zudem kritisiert der Film sogar den absurden Körperkult der 80er Jahre und ist damit auch heute noch überraschend aktuell (zumindest was diesen Aspekt der Story angeht).
Der Film ist dabei für einen trashigen B-Movie sehr kompetent gemacht an vielen Stellen. Besonders die Effekte, die Action und einige Stunts sind äußerst unterhaltsam gefilmt. Auch wenn die meisten schauspielerischen Leistungen wunderbar schlecht sind und sich teilweise auf Porno-Qualität befinden, so hatten viele der Darsteller hier sichtlich viel Spaß an dem wilden Projekt. Auch der Soundtrack zum Film ist einfach wild: Über vielen Szenen laufen einige 80er-Rock-Songs mit sehr „tiefgründigen“ Lyrics, die eher schlecht als recht versuchen, den Bildern einen metaphorischen Anstrich zu verpassen.
Dennoch fehlt es dem Film immer mal wieder an einem roten Faden, denn manche Szenen passieren einfach, ohne großen Aufbau. Toxie taucht einfach überall auf, egal wann, egal wo. Bei einem derartigen Film, sollte man auch nicht wirklich nach Logik fragen, dennoch hätte das Ganze zumindest etwas mehr Feingefühl beim Drehbuch und der Regie benötigt.
Zudem muss man ganz klar in der Stimmung für einen solchen Streifen sein. Das Ganze ist so platt, so stumpf und so absurd, dass einem der Kopf schmerzen kann von diesem filmischen Fiebertraum, so lustig das alles auch sein mag.
Des Weiteren ist der Film aus heutiger Sicht an einigen Stellen schon sehr problematisch. Die Art wie sich über Blinde lustig gemacht wird oder die widersprüchliche Sexualisierung von Frauen im Film (während die Story dies ganz klar kritisieren möchte), das alles ist schon irgendwie unangenehm aus heutiger Sicht. Übrigens finde ich, dass „The Boys“ (die blutige und tolle Superhelden-Serie auf „amazon“) einen ähnlichen Vibe wie „The Toxic Avenger“ hat, mit dem Unterschied dass die Kritik und die deftigen Splatter-Momente in der Show deutlich besser funktionieren.
Fazit: „The Toxic Avenger“ ist ein Film zwischen Meisterwerk und Trash. Die charmante und unterhaltsame Machart, gemischt mit dem blutigen B-Movie/Explotation-Vibe, können Genre-Fans sicherlich ein Grinsen aufs Gesicht zaubern. Auch ich hatte viele spaßige Momente mit Toxie. Doch irgendwann wurde mir das Ganze auch etwas anstrengend und zu… dumm. Da bin ich dann doch auf das Remake gespannt, falls es denn irgendwann erscheinen wird. Wer sich jedoch einen echten 80´s-Fiebertraum-Film mit Blut, nackter Haut und ohne Grenzen geben will, der wird hier sicherlich fündig.