Irgendwann platzt es einfach aus Jago (Paddy Considine) heraus: Seine Freundin Jess (Drew Barrymore) dürfe nicht nur noch für ihre an Brustkrebs erkrankte beste Freundin Milly (Toni Collette) da sein, sondern müsse auch endlich wieder an sich und ihr eigenes Leben denken. Aber geht das überhaupt, wenn die allerbeste Freundin gerade durch die Chemotherapie-Hölle geht? Darf man das? Es sind durchaus bedenkenswerte und schwierige Fragen, die in Catherine Hardwickes („Twilight – Biss zum Morgengrauen“) „Im Himmel trägt man hohe Schuhe“ aufgeworfen werden. Doch bleibt es in dieser nicht alltäglichen Mischung aus Komödie und Drama oft bei der bloßen Fragestellung: Nicht einmal zwei Filmminuten vergehen und Jagos eingangs erwähnter Einwand gegenüber Jess weicht einem versöhnlich-romantischen Kuss des Paars durch eine mit Regentropfen gesprenkelte Fensterscheibe des gemeinsamen Londoner Hausboots. Die Szene zeigt verdichtet, was für den gesamten Film gilt: Immer wenn es mal an die Substanz gehen könnte, gibt es eine dicke Portion Wohlfühlkino und das realistische Krankheitsdrama weicht einem liebevoll romantisierten Hohelied der Frauenfreundschaft.
Meist wird durch eine Krebsdiagnose nicht nur der Erkrankte selbst aus der Bahn geworfen, sondern die Krankheit hat auch Auswirkungen auf das Leben der Familie und von engen Freunden. Die Angehörigen sind im Falle von „In Himmel trägt man hohe Schuhe“ Millys fürsorglicher Ehemann Kit (Dominic Cooper), ihre schlagfertige Mutter Miranda (glänzend aufgelegt: Jacqueline Bisset) und ihre zwei jungen Kinder Scarlett (Honor Kneafsey) und Ben (Ryan Lennon Baker), wobei die Familienmitglieder gegen Ende des Films fast schon zu Randfiguren degradiert werden. Das mutet etwas befremdlich an, aber im Mittelpunkt stehen eben ganz klar die Konsequenzen, die der Krebs für die fast lebenslange Freundschaft zwischen Jess und Milly hat. So ist es Jess, die nach der Diagnose wie selbstverständlich ihre Pläne (konkret: den eigenen Kinderwunsch) hintenan stellt, um Chemotherapie und Perückenshopping für Milly so erträglich wie möglich zu gestalten. In den frühen Momenten des Films, in denen Kotzschalen zu modischen Accessoires umfunktioniert werden und eine Minipli-Perücke für Lachkrämpfe sorgt, wird auf erfrischend viel Humor gesetzt. Das ist nicht nur unterhaltsam, sondern führt auch vor Augen, was genau die beiden Freundinnen eigentlich so unzertrennlich macht.
Dass die intensive Freundschaft zwischen Jess und Milly so echt wirkt und keine Zweifel an ihr aufkommen, liegt natürlich auch an den beiden fantastischen Hauptdarstellerinnen Drew Barrymore („50 erste Dates“, „Drei Engel für Charlie“) und Toni Collette („The Sixth Sense“, „Krampus“) - vor allem letztere kann in der Rolle der Krebspatientin sämtliche Facetten ihres schauspielerischen Könnens abrufen. Vor allem dank ihnen sind einige ruhige Szenen wirklich bewegend, etwa wenn Milly vor ihrer besten Freundin nach einer beidseitigen Mastektomie zum ersten Mal den Operationsverband abnimmt. Angesichts solcher ergreifenden ungeschönten Szenen wäre es gar nicht nötig gewesen, so stark auf Kino-Wohlfühl-Romantik zu setzen, die gerade im Kontrast zuweilen arg künstlich und gewollt erscheint: Man mag einen nächtlich-spontanen Road Trip der Freundinnen ins schottische Moorland im Rahmen der Erzählung noch für einigermaßen glaubhaft halten, aber wenn sie dann mit dem gutmütigen Taxifahrer Ahmed (Mem Ferda) über die Wiese tanzen und dabei lauthals „Losing My Religion“ singen, ist das viel zu schön, um es für wahr zu halten. Solche generisch wirkenden Komödienszenen trüben den Gesamteindruck und sie führen mit dazu, dass selbst das tränenreiche Finale nicht ganz die emotionale Wucht entfaltet, die in der Situation angelegt ist.
Fazit: Mal überzeugende Krebs-Tragikomödie, mal übertriebenes Feel-Good-Movie: „Im Himmel trägt man hohe Schuhe“ ist erzählerisch etwas unausgewogen, aber die Darbietungen von Drew Barrymore und Toni Collette sind über jeden Zweifel erhaben und machen den Film sehenswert.