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Anonymer User
4,5
Veröffentlicht am 6. Januar 2014
Ich habe erst im Nachhinein die Diskussionen zwischen den Schauspielern und dem Regisseur gelesen und ging daher unbelastet davon in die Vorstellung. Abdellatif Kechiche hat einen Film gemacht der uns die beiden Hauptdarstellerinnen sehr nahe bringt. Adèle Exarchopoulos und Léa Seydoux wurden von ihm gefordert wie wahrscheinlich selten Schauspieler für einen Film. Wir sehen eine Liebesgeschichte von Anfang bis Ende und das wird dargestellt mit einer Intensität, die über die Grenzen normaler Schauspielerei hinausgeht. Mir geht es dabei nicht um die dargestellten Sexszenen, die von beiden Schauspielerinnen sicherlich viel abverlangt haben, sondern wie alle Stationen einer Liebe gezeigt werden. Eine Liebe die mit einem Blick beginnt und schlussendlich im Streit und mit Verzweiflung endet. Großartig, wie diese Gefühlsregungen dargestellt und eingefangen werden. Es ist dabei egal ob es sich um homo- oder heterosexuelle Beziehung handelt, die gezeigten Erlebnisse, Probleme oder Verletzungen der Seele sind immer die gleichen. Die Leistungen der beiden Hauptdarstellerinnen und des Regisseurs sind jedenfalls zu Recht ausgezeichnet worden. Die danach gelesenen Statements von Adèle Exarchopoulos, Léa Seydoux und Adèle Exarchopoulos und sonstigen Beteilligten kann ich durchaus nachvollziehen, aber wie gesagt, es wurde viel gefordert und im Gegenzug viel gegeben. Kino wie es ein soll und das mir wieder mal zeigt, dass ein ausgezeichneter Film auch ohne zigmillionen Budget gemacht werden kann und vor allem Kino das berührt und einfängt.
Es ist diese Natürlichkeit, die mich in ihren Bann gezogen hat. Die erwächst zum einen der feinfühligen Art des Vortragens, die der Liebesgeschichte den Raum zur Entfaltung bietet, zum anderen den beiden Sirenen, die unverhüllt ihr Innerstes preisgeben. Eine der betörendsten Liebesgeschichten, die ich miterleben durfte.
Ich habe selten so eine grandiose schauspielerische Leistung gesehen wie die von Adèle Exarchopoulos in "Blau ist eine warme Farbe". Die Intensität der Szenen ist förmlich greifbar und das Zusammenspiel mit Léa Seydoux ist wahrlich bemerkenswert! Die Geschichte um eine junge Frau, die ihre Sexualität erforscht, ist denkbar einfach und doch so wunderbar erzählt, dass die 3 Stunden wie im Flug vorbei ziehen. Die Sexszenen sind provokant, aber gerade dadurch so emotional und "echt".
Insgesamt ein wirklich toller Film, den ich jedem ans Herz legen würde sich anzuschauen.
Der tunesisch-französische Regisseur Abdellatif Kechiche und die beiden Hauptdarstellerinnen haben mit „Blau ist eine warme Farbe“, der dem Originaltitel nach das Leben der Adèle erzählt, die Goldene Palme in Cannes abgeräumt.
Adèle (Adèle Exarchopoulos) findet als Schülerin heraus, dass sie sich mehr zum weiblichen Geschlecht hingezogen fühlt. Sie verliebt sich in die angehende Kunstmalerin Emma, die anfangs blau gefärbte Haare trägt, älter und reifer ist. Emma ist auch mehr straight und dominant, während Adèle unsicher ist und sich in verschiedenen Situationen gerne durch Lügen retten möchte. Die beiden ziehen zusammen und erleben einen Lebensabschnitt voller Glück, das durch aufkommende Schwierigkeiten gebremst wird.
Eine aufkommende Liebe mit aufkommenden Problemen als Drama. Aha. Das ist eher die unneueste Idee, auch wenn Beziehungsgeschichten Homosexueller weit weniger auf der Leinwand erscheinen. Es kommt also sehr darauf an, mit welcher Intensität dargestellt wird und wer vor und hinter der Kamera steht. Kechiche hat sich 177 Minuten genommen, um die Darstellung eines einige Jahre dauernden Lebensabschnitts der Adèle dem Kinobesucher näher zu bringen. Es sind Zeitsprünge enthalten, die gut erkennbar gesetzt sind und den dazwischenliegenden Szenen noch mehr Raum geben. Insbesondere Freunde der Nahaufnahmen von Gesichtern kommen voll auf ihre Kosten, denn nicht nur Kameramann und Beleuchter, sondern auch die Schauspielerinnen geben unter der Führung des fordernden Regisseurs alles.
Adèle ist die schwierigere Rolle. Die erst 20 Jahre junge Schauspielerin mit gleichem Vornamen gibt der jungen, sensiblen Schülerin und späteren Lehrerin reichlich Ausdruck. Ihre Gesichter, die Neugier, Verlegenheit, Verliebtheit, Trieb und Enttäuschung in der Jugend und später zeigen, sind ablesbar und wirken echt. So durfte die Kamera für wirklich gelungene Aufnahmen oft näher an die liebende, lügende Heulsuse heran. Das Verhalten der Emma ist für den Film einfacher zu konstruieren. Die tatsächlich ältere und erfahrenere Schauspielerkollegin Léa Seydoux („Mission: Impossible – Phantom Protocol“, „Robin Hood“ von Ridley Scott, „Midnight in Paris“) macht es nicht minder gut als Adèle Exarchopoulos. Sie hat den etwas kleineren Anteil am Geschehen und zieht die gegenüber Adèle weiter entwickelte Emma kontinuierlich durch die stimmungsgeladene Handlung.
Kechiche hat den Schwerpunkt darauf gelegt, möglichst alles Gegebene äußerst ausgiebig mit Details zu füllen, um jeweils die Stimmung von Adèle einzufangen. Dadurch wird keine Langeweile, sondern Interesse an der Beobachtung und wegen der hervorragenden schauspielerischen Leistungen Glaubwürdigkeit erzeugt. Es wird das Familienleben beleuchtet, die Schule und hauptsächlich die Beziehung zu Emma und ihrem Umfeld mit allen Entwicklungen. Dazu gehört auch der Sex. Kechiche, der auch das Drehbuch mitgeschrieben hat, hat sich dazu entschieden, auch diese Szenen reichhaltig und realistisch auszugestalten, um den Rhythmus des Films nicht zu stören. Er hätte sie sicherlich weglassen und es bei den sanften Berührungen außerhalb des Schlafzimmers belassen können. Dass der Regisseur mit seiner Entscheidung auf Gegenstimmen stoßen musste, war klar. Aussagen, die auf Lachhaftigkeit, Rubbeldiekatz oder Pornografie lauten, wonach der Zuschauer zum Voyeurismus gezwungen werde, weil bestimmte Körperteile nicht hollywoodlike mit einem Unschuld heischenden Laken in schneeweiß bedeckt sind, zeugen vom stark unterschiedlichen Empfinden der Menschen bis zur Verklemmtheit; die Goldene Palme wurde übrigens von der renommierten Jury nicht als Trostpreis an die Hauptdarstellerinnen ausgegeben. Die gezeigten Bilder der Triebhaftigkeit einer jungen Liebe sind einfach nicht weniger intensiv als die vielen anderen. Dass Adèle Exarchopoulos sich später über die häufigen Wiederholungen bei den Dreharbeiten beschwerte, ist die andere Sache.
Einer der Zeitsprünge verschluckt leider das Wenigerwerden der Beziehung. Zwar wird ein Stimmungstief angedeutet, weil Adèle sich in Emmas Künstlerkreis nicht sonderlich wohl fühlt und Emma mit ihrer Ex-Freundin zusammenarbeitet, aber das Fehlen einiger Nuancen zwängt sich förmlich auf und ist der vorhergehenden Ausführlichkeit geschuldet (und vielleicht akuter Zeitnot).
Adèle wird mit den Jahren trotz Outfit und Frisur auf bieder äußerlich nicht älter oder erwachsen. Emma sagt: „Du siehst immer noch so jung aus…“. Und innerlich? Später behält eine gnadenlose Konsequenz die Oberhand in dieser eindrucksvoll erzählten Geschichte.
Die betont langsame Erzählweise des Films ist erreicht nicht, wie wohl beabsichtigt, eine höhere Unmittelbarkeit zu den Figuren und eine Glaubwürdigkeit der Handlung. Im Gegenteil schürt sie Ärger darüber, was der Regisseur einem als scheinbar realistisches Jugend-Drama zumuten will. Als da wären: die vermeintliche Ungezwungenheit der mehr oder minder belanglosen Sexszenen, die völlig am Reißbrett entworfenen Figuren (von Adele abgesehen) und die etwas schematisch und unkreativ entworfenene Entwicklung der Protagonistin. Wenngleich der langsame Erzählfluss als Konzept gemeint ist, und kein bloßer Unfall, ist das Ergebniss dessen aber sehr wohl einer. Insbesondere störend sind die snobistische Freundin Emmma und ihre ''Kollegen'', welche sich allesamt (Emma eingeschlossen) als kreative Wunder verkaufen, sowie - viel schlimmer - ihre Belanglosigkeit für die Handlung. Mit fortlaufender Zeit fällt der Mangel eines kreativen Konzepts imme mehr auf. Kechiche will nicht künstlich formen, aber er lässt die Handlung ins Zufällige, schlimmer noch: ins Banale abgleiten. Dann will er psychologisieren, Adeles Entwicklung Zeit geben, es stellt sich jedoch heraus, das sooo viel Entwicklung nach den ersten 45 Minuten gar nicht stattfindet. (interessant auch die Diskussion über die, nach Angabe der Hauptdarstellerinnen, während des Drehs der schlicht und ergreifend voyeuristischen "male gaze"-Sexszenen schreckliche Atmosphäre, welche Abdellatif Kechiche heraufbeschworen haben soll).
Wundervolle Bilder, wundervolle Darsteller, die ihre Rollen glaubhaft und authentisch verkörpern und eine sehr ansprechende und bewegende Geschichte. Ein wundervolles Gefühlvolles Drama und eine schöne Liebesgeschichte, die zu meinen Lienglingsvertretern im Genre der "LGBTQ" Filme zählt. Und auch die sehr lange und sehr intensiv gefilmte Sexszene ist.... interessant.... Sollte man auf jeden Fall gesehen haben.
Ein extrem intensiver Film über die Liebe. Besonders interessant ist die Erzählweise, da in der Geschichte viele Jahre vergehen und dennoch immer nur Momente in aller epischer Breite eingefangen werden. Die Übergänge zwischen diesen einzelnen Augenblicken geschehen so fließend, dass die Zeit überhaupt keine Rolle mehr spielt. Figuren tauchen auf und verschwinden wieder, ohne dass es eine Erklärung dafür gibt. Aber so kann das im wahren Leben auch sein, wenn man Menschen zwischendurch aus den Augen verliert. Von daher ist diese Entscheidung doch sehr interessant und regt zum Nachdenken an. Generell überwiegt in diesem Film das Wie das Was. Denn die Geschichte ist eine klassische Liebesgeschichte, wie sie einem häufiger im Arthouse-Kino begegnet. Dafür ist das Wie wirklich atemberaubend. Nahezu alle Einstellungen über die gesamte dreistündige Lauflänge sind Close-Ups. Die Kamera ist ganz dicht an den Figuren, vor allem an der Hauptfigur Adele, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird. Dabei kommt es auch zu diskussionswürdigen, weil sehr expliziten ausschweifenden Sexszenen, die meiner Meinung nach deutlich kürzer hätten ausfallen können, aber letztendlich den ganzen Skandal um diesen wirklich tollen Film nicht wert sind. Nichtsdestotrotz verstärken diese Szenen neben unzähligen toll geschriebener Dialoge auch die gesamte Intensität und Emotionalität der Geschichte. Der Einsatz von Musik ist ebenfalls bemerkenswert, da die Musikquelle fast immer in der Filmwelt existiert, und die ausgewählten Stücke prägen bestimmte Stimmungen im Film, die im Nachhinein immer noch damit assoziiert werden können. Getragen wird der Film natürlich von seinen beiden herausragenden und extrem mutigen Hauptdarstellerinnen, die mit ihren Rollen geradezu verschmelzen. Sie verkörpern zwei nachvollziehbare, sympathische, aber auch sehr unterschiedliche Charaktere mit unterschiedlichen Vorstellungen vom Leben. Die Chemie zwischen ihnen stimmt aber, unglaubwürdig ist ihre Beziehung zu keiner Sekunde. Von dieser Beziehung, dem emotionalen Anker, lebt der Film auch, daraus entsteht die Spannung, weil man als Zuschauer unbedingt erfahren möchte, ob und wie diese Liebe jemals zuende gehen kann. Alles in allem ist Blau ist eine warme Farbe ein wirklich wunderschöner Film, der das Leben und die Liebe in den Mittelpunkt rückt und auf besondere, bewegende Art und Weise erzählt. Wieder einmal ein herausragender Film aus Frankreich.
A CIRCLE OF LOVE von Michael Grünwald / filmgenuss.com
Ingmar Bergmann hätte diesen Film wohl schlicht und ergreifend mit „Szenen einer Liebe“ betitelt. Einer Liebe wie ein Musterbeispiel für einen gesellschaftsbiologischen Zyklus, ein Circle of Love sozusagen, der Anfang und Ende abdeckt, wie die Grundelemente einer Erzählung mit Anfang, Höhepunkt und Schluss. Dass Liebe so natürlich nicht immer diesen Weg gehen muss, ist sonnenklar. Bei jener der beiden jungen Frauen Adéle und Emma aber folgt diese Gefühlsregung einem Fächer aus Jahreszeiten, einem Kalender aus Freude und Leid. Überhaupt hat Blau ist eine warme Farbe (im Original La Vie d’Adèle – Chapitres 1 et 2) etwas sehr stark Biologisches. Und das nicht nur aufgrund der expliziten, aber niemals obszönen Sexszenen, die allerdings zwischen Regisseur Abdellatif Kechiche und den beiden Hauptdarstellerinnen Adèle Exarchopolous und Léa Seydoux zur Kontroverse führten. Ersterer hätte diese pikanten Takes viel zu oft wiederholen lassen. Da lässt sich durchaus die Vermutung anstellen, dass Männer im biologischen Sinn unter dem Joch ihrer bestimmerischen Libido nehmen müssen, was sie kriegen können. Auch als Künstler. Doch dem Regisseur geht’s dann doch zum Glück um ein bisschen etwas anderes als nur um Sex. Das wäre die körperliche Nähe – etwas, dass Sex beinhaltet, aber nicht ausschließlich.
Im Mittelpunkt dieses fast dreistündigen Epos steht wie schon erwähnt und relativ verloren das Mädchen Adèle, das sich in vielerlei Hinsicht erst finden muss. Ein erster Anhaltspunkt ist die Möglichkeit, dass Frauen für sie wohl das interessantere Geschlecht sein könnten. In diesem Fall eben die blauhaarige Künstlerin Emma, entschlossen lesbisch, aber fasziniert von diesem ziellosen Um-sich-selbst-Kreisens von Adèle. Und fasziniert auch von diesem traurigen und gleichsam sehnsüchtigen Gesicht, wohl eines der traurigsten Gesichter des gegenwärtigen Kinos, das Regisseur Kechiche, wie man an den Closeups oft sieht, ebenso faszinierend findet. Beide finden sich also, in zarter und gleichsam großer Liebe. Aber so eine Liebe, das weiß jeder, brennt nicht auf Dauer so heiß. Das Leben bietet auch noch anderes, nämlich den Alltag aus Ehrgeiz, Selbstverwirklichung und Stress.
Blau ist eine warme Farbe hat 2013 die Goldene Palme gewonnen, allerdings ging diese nicht nur an den Regisseur, sondern auch an die beiden Stars des Films. Eine verdiente Sache? Schauspielerisch auf jeden Fall. Schauspielerisch liefern Seydoux und Exarchopoulos etwas, das vielleicht schon bis an oder sogar über die Grenzen geht. Diese Bereitschaft, sich dermaßen hinzugeben, auch emotional, ist nichts, was sich in der darstellenden Kunst aus dem Ärmel schütteln lässt. Kachiche muss hier recht zurückhaltend interveniert haben, muss hier für eine relativ intime, sehr persönliche Stimmung gesorgt haben, die Filmcrew womöglich aufs Wesentliche reduziert. Anders lässt sich diese Menge an Authentizität gar nicht darstellen. Die Bereitschaft, so viel von sich selbst zuzulassen, ist Kino der Extreme. Im Vergleich zu dieser distanzlosen Intensität erscheint die auf einer französischen Graphic Novel basierende Geschichte in der zweiten Hälfte des Films fast schon zu banal und vorhersehbar, während in der ersten Hälfte die Gefühlswelten der jungen Frauen eine elektrisierende Faszination erzeugen. ____________________________________ Mehr Reviews und Analysen gibt´s auf filmgenuss.com!
Auf anhieb einer meiner Lieblingsfilme geworden! Einfach aber auch einfach genial! Wie schön, dass ein so schwieriges Thema so leicht behandelt werden kann! Es geht nicht um Hetero- oder Homosexualität, es geht um Liebe.