Wenn ein Historienfilm nicht bloß eine trockene Lehrstunde über ein vergangenes Ereignis sein soll, braucht es starke Bilder, mit denen die harten Fakten unterstrichen, wenn nicht sogar visuell interpretiert werden. Peter Webber bewies bereits beim historischen Liebesdrama „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“, einem Film über die mögliche Entstehung des gleichnamigen Jan-Vermeer-Bildes, sein Gespür für kraftvolle Aufnahmen. In seinem neun, kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Japan spielenden Militär- und Politikdrama „Emperor“ arbeitet Webber mit dem oscarnominierten Kameramann Stuart Dryburgh („Das Piano“) trotz der Thematik zurückhaltender. Diese Reduktion ist ein Grund, dass ihm der Spagat zwischen dem Vermitteln von Fakten und einer mitreißenden Geschichte nur in Teilen gelingt.
Nach der Kapitulation Japans am Ende des Zweiten Weltkrieges fliegt General Douglas MacArthur (Tommy Lee Jones) mit einer militärischen Abordnung, zu der auch General Bonner Fellers (Matthew Fox) gehört, in das besiegte Land. MacArthur, der als Oberkommandierender der Alliierten mit der Demilitarisierung und Neuorganisation Japans beschäftigt ist, erteilt Fellers einen schwierigen Auftrag. Er soll in nur zehn Tagen herausfinden, ob der japanische Kaiser Hirohito eine entscheidende Rolle beim Kriegseintritt seines Landes gespielt hat. Das bringt Feller in eine Zwickmühle. Wenn er die Schuld des Kaisers bestätigt, bedient er zwar den weitverbreiteten amerikanischen Wunsch nach einer Verurteilung, aber im vollständig dem Kaiser ergebenen Japan droht dann ein Aufstand. Die wichtige Mission, einen friedlichen Wiederaufbau des weitgehend zerstörten Landes zu organisieren, wäre gescheitert. Während Fellers versucht, mit wichtigen japanischen Führungspersönlichkeiten zu sprechen, die sich teilweise im zunächst unantastbaren Kaiserpalast aufhalten, lässt er seinen Dolmetscher nach der Japanerin Aya (Eriko Hatsune) suchen. Vor dem Krieg waren Fellers und Aya ineinander verliebt, bis sie durch die dramatischen Ereignisse getrennt wurden.
Mit der fiktiven Liebesgeschichte verknüpft Peter Webber die historische Figur des Bonner Fellers noch stärker mit Japan. Fellers ist zwar durch und durch ein Amerikaner, der eine angemessene Untersuchung der Kriegsschuld Hirohitos anstrebt, aber ihm fehlen rassistische Vorurteile. Der japanischen Kultur begegnet er respektvoll, was durch die romantische Ebene noch einmal unterstrichen wird. So wird gezeigt, dass er sich durch seine Beziehung zu einer Japanerin noch vor dem Krieg im Haus von Ayas Onkel mit der Haltung des japanischen Soldaten zu Land und Kaiser befasst hat. Webber inszeniert die Rückblenden, in denen sich Fellers und Aya annähern, mit viel Gefühl: Zart und liebevoll begegnen sie sich wie Fremde, die langsam einander vertrauen. Einmal will Fellers die Japanerin in ein Tanzlokal ausführen, lässt dies aber sein, als er erkennt, dass es dort „zu wild“ zugehe. Mit solchen kleinen Szenen, die zwischen die Gespräche Fellers mit hochrangigen Japanern montiert sind, erinnert Webber immer wieder an den Respekt, der für die schwierige Mission nötig ist.
Diese Rückblenden stechen allerdings heraus, denn für den Hauptstrang, die Ermittlungen des amerikanischen Generals, findet Kameramann Stuart Dryburgh nur selten Bilder, die dem Geschehen jenseits bühnenartiger Verhörsituationen Leben einhauchen. Am besten gelingt ihm das beim Gespräch Fellers mit Lordsiegelbewahrer Kido Kōichi (Masatô Ibu), das im kaiserlichen Palast stattfindet. Hier, wo Fellers nur durch die Anmerkung Zutritt erhält, dass das Leben des Kaisers sonst gefährdet wäre, filmt Dryburgh tief vom Boden aus die beiden am Tisch sitzenden Männer. Im Verbund mit einer fließenden Kamerabewegung und gedämpftem Licht betont er die schicksalhafte Bedeutung des Gesprächs, das ein Baustein für die zukünftige Entwicklung Japans zwischen Chaos und Frieden ist. Daneben muss Dryburgh zusammen mit Webber aber meist passen, wenn es um die Verzahnung der dramatischen Bilder des zerstörten Japans, des nebenbei mithilfe einiger Kneipenszenen eingefangenen Soziallebens, der Ermittlung und der auf dem Spiel stehenden Zukunft geht. Immer wenn es zu langatmig zu werden droht, streut Webber eine Szene mit dem mal wieder glänzenden Tommy Lee Jones („No Country For Old Men“) ein. Der zeigt MacArthur als geschickten Taktiker mit bärbeißig-deutlicher Ausdrucksweise, der klar stellt: Diplomatie funktioniert nur mit Respekt und Taktik.
Fazit: In „Emperor“ gelingt die Ausarbeitung der historischen Fakten mit starken Bildern nur teilweise. Dank eines gut aufgelegten Tommy Lee Jones und einer für Menschlichkeit werbenden Liebesgeschichte ist trotzdem noch ein durchaus interessanter, insgesamt aber nur durchschnittlicher Film entstanden.