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Janos V.
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3,0
Veröffentlicht am 28. Oktober 2012
"Die Vermessung der Welt" ist das genaue Gegenteil normaler Romanverfilmungen à la "Harry Potter". Während diese auf Zuschauer ausgerichtet sind, die das Buch nicht gelesen haben, sodass man als Kenner der Vorlage oft enttäuscht wird, konzentriert sich Regisseur Detlef Buck mit seinem Film ganz darauf, die Geschichte aus dem Roman in prächtige Bilder zu kleiden. Und weil ihm dieses Vorhaben hervorragend gelingt - vor allem dank der fantastischen Aufnahmen von Kameramann Slawomir Idziak und dem engagierten Spiel der Hauptdarsteller -, dürfte "Die Vermessung der Welt" für alle Fans des Buches ein Genuss sein: es ist erstaunlich, wie oft das Gezeigte den Vorstellungen des Zuschauers entspricht, sofern dieser die Handlung schon kennt und sich deshalb nicht an ihrem ausschweifenden, unrhythmischen Verlauf stört. Wer mit der Vorlage jedoch nicht vertraut ist, der dürfte hier seine Probleme bekommen und seine Erwartungen am Ende nicht erfüllt sehen. Es bleibt festzuhalten: "Die Vermessung der Welt" funktioniert als Ergänzung zum Roman hervorragend, als eigenständiger Film allerdings nur bedingt.
Wie so oft, ist es sehr schwierig eine Literaturferfilmung objektiv zu bewerten - schließlich hat man nach dem Roman eine subjektive Wahrnehmung und eigene Vorstellung der Bilder und Handlungen. Als Vorlage für den Film dient der gleichnamige Roman von Daniel Kehlmann, der selbst als Erzähler und in einem Kurzauftritt am Film direkt beteiligt ist.
Der Film handelt von der Lebensgeschichte des Mathematikers Carl Friedrich Gauss und dem Universalforscher Alexander von Humboldt. Hier werden nicht nur die unterschiedlichen Lebenshintergründe dieser beiden einflussreichen Persönlichkeiten des 18./19 Jh beleuchtet, sondern auch deren unterschiedliche Auffassung von Forschung und Erkenntnis. Das Mathematik Genie Gauss bleibt seiner Heimat Braunschweig treu und forscht in der Theorie auf dem ''Blatt allein an seinem Schreibtisch'' ; während es Humboldt in die ''fernen Welten und Höhen der Erde zieht''.
Der Film wird in 3D-Technik gezeigt, welche in den Rezensionen oft gelobt wird und als wahrer Gewinn für den Film gesehen wird. Dieser Meinung kann Ich mich nicht anschließen - die Technik wirkt hier meines Erachtens als unnötig und selten den Handlungsstrang zusätzlich unterstützend. In den Regenwäldern Südamerikas kommt zwar die Tiefe zu tragen und man bekommt einige schöne Bilder zu sehen, was hier wohl schon als eine der Stärken des Films festgehalten werden muss. Gleichzeitig wirkt der Film durch diese Technik jedoch aufgesetzter und nie wirklich authentisch.
Der Mangel an Identifikation mit den Figuren kommt aber nicht nur durch die wenig ausgeifeilte 3D Technik zum tragen. Gauss und Humboldt wirken in Ihrer Verhaltensweise schablonenhaft angelegt und bleiben ihr Leben lang in dieser engmaschig ausgeführten Verhaltensstudie hängen. Der Zuschauer wird dabei nie mitgerissen von den faszinierenden Entdeckungen der beiden Forscher. Zu groß wirkt die Distanz zum Geschehen. Das Buch ist eine um einige Erfindungen angereicherte Biographie - der Film schafft es jedoch aus verschiedenen Gründen selten als solche zu wirken. Die Kostüme der Figuren und ihr teilweise überzeichnetes Auftreten stehen hier im direkten Gegensatz zur angestrebten Seriosität des Geschehens. Besonders Randfiguren wie der Herzog von Braunschweig oder Gauss' Mutter wirken durch das überzogene Auftreten fast als Karrikatur ihrer selbst, nahezu märchenhaft, was meiner Meinung nach als größte schwäche des Films auszumachen ist. Somit wird der Zuschauer nie mitgenommen auf die Reisen der Protagonisten- von einem Spannungsbogen ganz zu schweigen. Die Figuren sind oberflächlich angelegt - was den einzelnen wirklich antreibt wird nicht wirklich herrausgearbeitet - lediglich oberflächlich betrachtet. Der Film wirkt dabei zusätzlich nie homogen - Geschichten werden wahrlos anneinander gerreiht und Szenen mit denen die Lebensumstände der Menschen in diesem Zeitalter belegt werden soll wirken meist als Adaption mit dem Holzhammer. So wird beispielsweise das Zähneziehen unnötig brutal dargestellt was sich jedoch nicht nahtlos in den Handlungsstrang einfügt.
Insgesamt wirkt ,,Die Vermessung der Welt'' niemals authentisch und wird dem behandelten Thema und auch der Romanvorlage nie ansatzweise gerecht. Eine fade Biographie zweier der Einflussreichsten Forscher der Geschichte. Schade.
„Die Vermessung der Welt“ fand ich da stark, wo mir die Essenz des Kinos begegnete – Optik und Schnitt. Den 3D-Effekt habe ich als echten Mehrwert empfunden, weil er mich tiefer in den Urwald Südamerikas entführte und nebenbei eine schöne Metapher für das Sprengen von Grenzen ist. Wenn sich dann plötzlich das ganze Bild ein Mal auf den Kopf stellt und die Handlung so von Gauß am einen zu Humboldt am anderen Ende der Welt springt, ist mit einer Überleitung alles zu dem Gegensatz gesagt, der die Romanadaption bestimmt. Hier das reisefaule Mathegenie Gauß, dort der fleißige Entdecker Humboldt. Ich würde „Die Vermessung der Welt“ beklatschen, hätte er diesen Dualismus nicht so übertrieben. Keine der zwei Hauptfiguren bricht aus ihrer Schablone aus, beide sind hart an der Grenze zur Karikatur (von zwei Nebenfiguren ganz zu schweigen). Wer da eher mit den Augen als mit dem Kopf auf Entdeckungstour geht, ist im Vorteil.