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    Dating Lanzelot
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Dating Lanzelot
    Von Tim Slagman

    Heutzutage kennt wohl jeder jemanden, der im Internet auf Partnersuche geht. „Was bis jetzt fehlte, ist eine zeitgemäße, frischfreche Komödie zum Thema", wird im Presseheft zu „Dating Lanzelot" vollmundig behauptet. Ob das so stimmt, sei dahingestellt, schließlich hat die jüngst verstorbene Nora Ephron schon vor Jahren „e-m@il für dich" gedreht. Oliver Rihs, der zuvor mit „Schwarze Schafe" seiner Wahlheimat Berlin ein anarchisches Stadtporträt gewidmet hatte, entwickelte gemeinsam mit dem Autor Jann Preuss die Geschichte von „Dating Lanzelot" zunächst in Form von acht Webisoden. Mit der Hilfe zusätzlicher privater Geldgeber konnten der Stoff aus der Internet-Serie schließlich zu einem langen Kinofilm ausgebaut werden. Eine Episoden-Komödie, die vor Ideen nur so sprudelt und deren Thema sich in ihrer Entstehungsgeschichte spiegelt, denn Rihs macht sich das Raue, Improvisierte der neuen Kommunikationsformen auch in seiner bisweilen etwas ungehobelten Inszenierung zu Eigen.

    Lanzelot (Peter Weiss) ist Mitte 20 und lebt seit Jahren ohne Sex. Sein forscher Mitbewohner Milan (Manuel Cortez) meldet ihn kurzerhand bei einem Dating-Portal an und übernimmt auch noch die Online-Kommunikation mit der Damenwelt. In die freie Wildbahn aber muss Lanzelot natürlich alleine und so wird das nette Café um die Ecke, wo die ebenso nette Kellnerin (Narges Rashidi) arbeitet, zum Ausgangspunkt einer Reihe haarsträubender Abenteuer: Da ist etwa die „Süße Maus" (Jule Böwe), die mit ihrem plärrenden Sohn ankommt und Lanzelot zu einem Quickie auf der Toilette überreden will. Da ist Schneewittchen (Jytte Merle-Böhrnsen), die sich handfeste Hilfe im Umgang mit ihrem Freund wünscht. Da ist Brigitta (Doris Schefer), die hinter ihrer abweisenden Fassade Vorlieben der besonderen Art verbirgt. Und da ist, vielleicht, hoffentlich, irgendwo auch die große Liebe...

    „Dating Lanzelot" ist ein Paradebeispiel für die Möglichkeiten, aber auch die Fallstricke, die mit einer Arbeitsweise verbunden sind, die auf Teufel komm raus unkonventionell sein soll. Zunächst fällt die holprige Montage auf, die vor allem zu Beginn für unfreiwillige Desorientierung sorgt. Und auch inhaltlich gibt es unübersehbare Stolpersteine. So wirkt die Dynamik zwischen Lanzelot und seinem hallodrihaften WG-Kumpel Milan, deren Zwiegespräche als Rahmenhandlung für die einzelnen Dating-Episoden fungieren, bemüht und hölzern. Ebenso wie das glückliche Ende, auf das der Film unzweideutig zusteuert. Diese erzählerischen wie inszenatorischen Verkrampfungen sind jedoch wie weggeblasen, sobald das Korsett der Filmhandlung verlassen wird und Oliver Rihs sich gemeinsam mit Lanzelot lust- und leidvoll in die Dating-Abenteuer stürzt. Da geht es frech, unverblümt und direkt zur Sache, Berlin wird zu einer drogenberauschten Kulisse für Supermarktreklamen, bizarre Fetische steigern sich ins Komisch-Absurde und selbst der alten Geschichte vom Liebhaber im Schrank können die Filmemacher noch einen witzigen Dreh abgewinnen.

    Für das spezifische Phänomen der Partnerschaftsanbahnung via Internet interessiert Rihs sich allerdings nicht: Mehr als die banale Erkenntnis „Man trifft dort halt skurrile Leute" gewinnt er dem Thema nicht ab. Genauso wenig schert er sich um Psychologie, um Glaubwürdigkeit oder um die echten Nöte, in die die pausenlose Suche nach wahrer Liebe oder schneller Befriedigung viele Menschen wirft. Negativ gesagt: Rihs reduziert seine Figuren zu Knallchargen im Dienste seiner rasant-witzigen Masche. Andererseits lässt sich mit gleichem Recht sagen: Rihs spielt mit der Form seines Mediums, in den knappen, erzählerisch komprimierten Episoden steckt eine überbordende Fülle wilder Ideen. Da sind die Menschen naturgemäß erst einmal Staffage. Die Balance von Form und Inhalt fehlt hier, aber darüber lässt sich angesichts der manchmal geradezu bilderstürmerischen Qualitäten der Inszenierung locker hinwegsehen. Gelegentlich scheint es, als wolle Rihs den Film wortwörtlich in seine Einzelteile zerlegen, wenn er einzelne Elemente nacheinander aus der Einstellung entfernt, als würde er sie mit einer Schere ausschneiden: Das eine Bild verschwindet allmählich, das nächste wird nach und nach sichtbar.

    Fazit: Mit viel Tempo und jeder Menge origineller Einfälle inszeniert Oliver Rihs seine Episodenkomödie „Dating Lanzelot". Allerdings bleiben die Figuren flach und die Rahmenhandlung wurde mit allzu heißer Nadel gestrickt: Hier schlägt die Form den Inhalt – aber das mit Bravour.

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