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    Valerie
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Valerie
    Von Jan Görner

    Filmschauspieler in der Ausbildung berichten häufig davon, dass als eine der ersten Lektionen das Ignorieren der Kamera auf dem Lehrplan steht. Derartig konditioniert muss es eine ziemliche Herausforderung darstellen, die Kamera stattdessen explizit ins eigene Spiel mit einzubeziehen. Eine gestandene Schauspielerin wie Franka Potente („Lola rennt") stellt dies zum Glück vor keine allzu großen Schwierigkeiten. Dafür kämpft Regisseur Josef Rusnak („Art Of War 2: Der Verrat") bei seinem Ein-Personen-Stück „Valerie" aber mit ganz anderen Problemen.

    Die junge, selbstbewusste Architektin Valerie (Franka Potente) lebt aus dem Koffer. Ihrer Arbeit geht sie in Los Angeles nach, während sie ihren Lebensmittelpunkt inzwischen in Berlin gefunden hat, wo sie hoch über den Dächern der Stadt mit ihrem Lebensgefährten Raphael lebt. Als dieser nach einem Insektenstich ins allergische Koma fällt, weicht Valerie nicht mehr von seiner Seite. Schließlich reift in ihr der Entschluss, auf Dauer nach Deutschland zurückzukehren und ihre Zelte in Amerika abzubrechen. In der Zeit, die sie benötigt um ihr Leben in den Staaten abzuwickeln, nimmt Valerie ein dreiteiliges Videotagebuch auf, das an Raphaels Krankenbett abgespielt werden soll und in dem sie ihm ihren Lebensweg von ihrem ersten Liebhaber bis zu ihm, der Liebe ihres Lebens, offenbart...

    „Valerie" bildet den abschließenden Teil einer von Produzent Hubertus Meyer-Burckhardt initiierten Trilogie von minimalistischen Monolog-Filmen. Nach „Mein letzter Film" (2002) und „Ein ganz gewöhnlicher Jude" (2005), beide von Oliver Hirschbiegel („Der Untergang") inszeniert, übernimmt nun Josef Rusnak das Ruder. Ein zwingender Bezug zu den Hirschbiegel-Filmen besteht nicht. Vielmehr bilden diese drei Werke eine Reihe von individuellen Streiflichtern, die das Verhältnis von Leben, Liebe und Identität ins Bild nehmen. Für das Drehbuch von „Valerie" zeichnet Roger Willemsen verantwortlich, auf dessen 2005 erschienenen Roman-Debüt „Kleine Lichter" der Film beruht.

    In der Romanvorlage ist es kein Video-Tagebuch, sondern ein Tonband, das Valerie an der Bettseite ihres Liebsten bespricht. Ebenso wechselt sie statt zwischen Amerika und Deutschland zwischen Tokio und Wien. Hier scheint sich Regisseur Rusnak die Freiheit erlaubt zu haben, die eigene Geschichte zu zitieren, denn er selbst pendelt wie seine Titelfigur zwischen der deutschen Hauptstadt und Los Angeles. Dass eine durchgreifende Verortung der Alltagswelten Valeries und Raphaels für die Geschichte keine tragende Rolle spielt, wird sukzessiv deutlich. Denn während er traumlos sein Leben verschläft, lebt Valerie in einer Kunstwelt weiter. Sei es das verschwenderische Loft in Berlin-Kreuzberg oder die gespreizte Theatersprache - all dies ist Teil einer traumwandlerischen Selbstbezogenheit, in die Valerie mehr und mehr abtreibt. Auf Umwegen novelliert ihre Liebesbeichte zur Trauerbewältigung und schließlich zur Selbsterkenntnis.

    Während dieser Krisensituation wird das Publikum bei Zeiten auf seine Rolle als Beobachter zurückgeworfen, gleichzeitig nutzt Rusnak aber auch die subjektive Kraft des Mediums, um den Zuschauer für Valerie und ihre eigene Sichtweise einzunehmen. Der Wechsel verdeutlicht sich in den Tagebuchaufzeichnungen Valeries, in denen die Hauptdarstellerin selbst die Mini-DV-Kamera führt und den gerade in der zweiten Hälfte dominierenden herkömmlichen Aufnahmen von Kameramann Benedict Neuenfels. Im Hergang changiert der Betrachter vom unmittelbaren Adressaten immer wieder zum Augenzeugen. Die Bilder für Valeries Liebesbekenntnisse findet Rusnak im kalten Licht einer Kühlschrankbeleuchtung ebenso wie im urbanen Treiben Berlins.

    „Valerie" - der Titel liest sich programmatisch, werden die 85 Minuten doch fast ausschließlich von Franka Potentes einnehmendem Solo beherrscht. Dem Wechselspiel ihrer Figur von Hoffen und Bangen folgt Potente ohne zu zaudern. Die gebürtige Münsteranerin spielt aufopfernd, was ihr das Drehbuch dieses - Zitat Potente - „ambitionierten Kunstfilms" oft nicht leicht macht. Dass Roger Willemsen zu den klügsten Köpfen der deutschen Medienlandschaft gehört, ist unbestritten, allerdings beweist die sperrige Übertragung seiner Prosa einmal mehr, dass Papier eben geduldiger ist als Zelluloid. In ihren schlechtesten Momenten kleistert Willemsens schwülstige Sprachgewalt die Leinwand mit gefühlsduseligen Kalendersprüchen zu: Da „flattert die Liebe durch die Nacht" und wird „Fassungslosigkeit umarmt". Auch Rusnak verrennt sich mehr als einmal in merkwürdigen Konstruktionen, zeitweilig droht „Valerie" dann gar ein Abgleiten in einfältigen Mystizismus. Zum Glück bleibt dies aber nur ein erzählerischer Ausfallschritt. Alles in allem ist „Valerie" ein inniges Stück Kunstkino, das mit einer überzeugenden Hauptdarstellerin aufwartet, aber eben auch mit einem allzu geschraubten Drehbuch und einer etwas inkonsequenten Regie zu kämpfen hat.

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